Christa Wolf, unsere gemessene Zeit von 1929 bis 2011

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Christa Wolf, unsere gemessene Zeit als

"Geteilte Himmel & Hölle auf Erden" von 1929 bis 2011


Christa Wolfs Lebens- Selbstanzeige als Stein des Anstosses?

Christa Wolfs Lebensend Selbstanzeige als Stein des Anstossens?

Wahrscheinlich hat Christa Wolfs Roman Stadt der
"Engel oder The Overcoat of Dr. Freud"
aus dem Jahre 2010 weniger mit Literatur im herkömmlichen Sinne zu tun, sondern mehr mit der Schockstarre nach dem Zweiten Weltkrieg, dem vorzugsweise nicht durch Sprüche- Klopfen, sondern Steine Klopfen im geteilten deutschen, europäischen Himmel und Hölle, beizukommen war, um der betonierten Entsprechung der Schockstarre, den Mauern des Kalten Krieges als Trümmerfrau, erst Mauerspringer/in- dann specht/in den einen oder anderen Stein als den ureigenen befreiend in den Jahren von 1949- 89 zu klauben:
Das alles, als wäre es ein klirrend klingender Nieren- , Gallenstein der der Nieren Leber als Seele.

Die Jahrgänge um 1927 bedienen sich lesenswert der Bücherwiese als Zugang zu ihrem eigenen
„Flakhelfer/innen- „ Psycho- Haushalt",
siehe mit deutsch- deutschen Alleinstellugsmerkmal Günter Gaus, dihe immerhin deutsch Günter Grass mit seinem von Marcel Reich Ranicki im Wochenmagazin Der Spiegel öffentlich erst deutsch gespalten, dann zerrissenem Werk
„Fonti“
im Jahre 1995.

Günter Grass ist übrigens als gelernter Steinmetz und Bildhauer ganz nahe an den German Stones bis heute dran.

Auf eine Frage, warum Christa Wolf die DDR nicht verlassen habe, antwortete Wolf, sie habe bis zuletzt das Gefühl gehabt, gebraucht zu werden – von ihren Leserinnen und Lesern.

Mich persönlich bewegt mehr die Frage, wozu haben wir unter dem geteilten Himmel Europas die DDR gebraucht, um unseren eigenen gespaltenen Gemütsverfassungen, den unzähligen Emigranten in aller Welt ein Angebot für entmilitarisierend entspannte Rückkehr im Hüben und Drüben, im Sowohl als Auch, zu machen?

Als Hamburger Jung,
Jahrgang 1944, entsprach das Lebens- Alltagstempo in der DDR der Fünfziger, Sechziger, noch Siebziger Jahre mehr meinem Gemütshaushalt als das in Wohlstanspanik sich Atem ringend ausbreitende Leben und Alltag im zerbombten Hamburg, dem zuerst die traumatisierten, Morphinabhängigen Kriegsversehrten, Hinterbliebenen, mehr und mehr entschwanden, bis sie gegen 1968 ganz aus dem öffentlichen Leben, im kolletiven Gedächtnis & Bewusstsein der Medien als Verbannte, zum spätzündenden Opfer wurden?

Bewundert und bestaunt habe ich da die Mobilität von Kriegsversehrten in der DDR, die, anders als in der Bundesrepublik, wie mir scheinen wollte, auf Krankenschein über ein Dreirad- Leicht KFZ verfügten und dieses auch, wie selbstverständlich, im Straßenverkehr benutzten.

War da nicht offensichtlich das Drüben die erspürte wie gefühlte Kehrseite vom Hüben und umgekehrt?

Die DDR ein Schau- und Spür- und Zeitfenster für die wirkliche Rest- Gefühlsweltlage der Deutschen nach den Verheerungen, Verwüstungen der Seelen im Welt Krieg von 1914- 1945 und der direkten Zeit dnach?

Ist nicht jedes Jahrzehnt seit 1949, für sich genommen, 1959, 1969, 1979. 1989.1999 unterschiedlich, im Hüben und Drüben, gefühlt ein übervolles Jahrhundert?

Mutmaßung:

„Nicht die Leser/innen in der DDR brauchten Christan Wolf.

Christa Wolf brauchte sowohl die DDR als auch die Bundesrepublik als Zerrspiegel ihrer Seelenarbeit, sich so engagiert zerrisen, wie sie innerlich, äußerlich nicht erscheinen wollte, brauchte, sich schreibend, redend, reisend Brücken in die Wirklichkeit der gegenwart zu bauen?,
wie wir der DDR, wie wir der Bundesrepublik bis heute, im Üben des "Hüben und Drüben" vereinigt, als akzeptierend "Toleranzmaschine" für unsere Seelenarbeit bedürfen, ob wir wollen oder nicht.

Die ostelbisch Ackerbau Landschaft gilt nicht nur in Christa Wolfs neuem Roman als karg bepflanzt.

Das war schon zu Theodor Fontanes Zeiten und seit Ewigkeiten davor so.

"Gemütskarg wie Gefühlskarg" eine Wahrnehmung.

"Gefühlskalt" eine Wertung.

Deshalb gefällt mir Christa Wolfs Begriff
"gefühlskarg"
in ihrem Roman aus dem jahre 2010 bei der Beschreibung ihrer ostelbischen Großmutter besser, weil dieser in der weiter eingehenden Wahrnehmung und Wertung Wahlverwandtschaften offen lässt.

Ist Christa Wolf eher Opfer ihrer ostelbisch großmütterlichen Prägungen
“Einem Junker „Fein“
der Staatsmacht darf man/frau keine Bitte verwehren, ohne sich selber zu entehren“
bei ihrem Ausflug in die Kaderschmiede der STASI (1959- 62), denn Opfer der gesellschaftlich vorliegenden ideologischen Verhältnisse in der DDR der Fünfziger, Sechziger Jahre gewesen?

Christa Wolf beschreibt, wie unsicher sie sich als Weiße inmitten der schwarzen Gemeinde während ihres USA- Aufenthaltes 1992- 93 fühlte:
„dann aber setzte ein Chor ein, "alle begannen im Takt des Liedes zu klatschen, ich zögerte, hatte das Im-Takt-Klatschen immer verweigert, dann klatschte auch ich, es war nicht peinlich."
„das Im- Takt- Klatschen“
galt in der DDR- Nomenklatur, proletarisch wie intellektuell, als verpönt, peinlich, disziplinlos übertrieben und unerwünscht.
Entsprechend peinfern taktlos rein, fielen dann auch die Reden der Piek, Grotewohl, Ulbricht, Honecker, Sindermann, Schürer, Stoph, Krenz, Modrow. de Maziere taktfrei nicht nur beim Mittag, Kant Stelldichein im Konsum Alltag, im modernen Plattenbau im siebzehnten Etagen Sock ostelbisch gemütskarg, sondern auch in Heldiki 1975 und kurzdarauf und später in der UNO, auf Kuba
"HO HALLO IM NU Kaffee"
bekrenzt aus .

In der DDR wurde geguckt, ab wann geklatscht werden durfte, um sich dann mit gedämpft taktfrei anschwellenden Klatschen in den ersten Protokollarischen Vorgabe- Klatsch Auftakt taktlos einzureihen.

Auch das taktlose Klatschen im öffentlichen Raum der DDR- Nomenklatur, wie dem DDR- Schriftstellerverband, wollte auf
„Kante“,
getrimmt heruntergedimmt erst gelernt, dann als alltäglich mittägliche
„Kann- Bestimmung“
gekonnt sein.

Erst als Egon Krenz das öffentliche Kampf- Klatschen am 04. November 1989 im SED Takt
"Für unser Land"
auf dem Alexander Platz einführen wollte, um einen Jubel bis ins DDR Koma auszulösen, zerstob die Berliner Mauer "Fünf Tage im November"
darauf am 09. November 1989 als Zetteltraum Weise leise, erst auf einen Günter Schabowski Brillen Scheeren Blick, dann auf einen
„Gysi“ ,
„Modrow“
in ein ideologisch verheddertes Nichts, in Nebeln, Schall und Rauch, als wäre die DDR, außer Beton, Stacheldrahtverhau- Spesen, seit dem Berliner Mauer Bau am 13. August 1961 nie gewesen:
„Niemand will eine Mauer bauen, nur deshalb bauen wir sie ja!“
"Am SED Wesen wir der Berliner Mauerbau om 13. August 1961 als Grundstein des Neuen Deutschlands genesen!"

( so in etwa Walter Ulbricht nach einer Ostberliner Pressekonferenz am 11. August 1961 in kleinem geheimen Kreis mit dem Presse Mr. Maxwell aus Great Britain) .

Noch in den späten Siebziger Jahren des Bleiernen deutsch- deutschen Herbstes des Zwanzigsten Jahrhunderts hat mich meine Ostberliner Freundin als Hamburger auf Tanzflächen im Cafe Nord, Cafe Moskau ausgebremst, wenn ich ausgelassen im Powerpoint- Tanzkampfstil beim
"Rock and Soul"
losgelegt, und mich entgeistert angeschaut, mir unauffällig ins Ohr geraunt
“Du bist peinlich. So auffällig tanzen doch nur Irre, noch so ein Chaoten Taktschritt und ich rufe den Sanitäter“.

In den Achtziger Jahren wendete sich das Verhalten meiner Ostberliner Freundin meinem Raumgreifenden
„Auf der Stelle Rucki Zucki Rasenden Tanz“
gegenüber, aus mir, rätselhaft, unerfindlichen Udo Linderberg Gründen, ins krasse Gegenteil..

Wenn ich wieder einmal so
„irre“
auf den Tanzflächen im Cafe Nord, Plenterwald, Cafe Moskau, Klärchens Ballhaus Muskel, Hüften zuckend, hüpfend rockte, hörte meine Freundin auf der Tanzfläche stehenden Fußes unvermittelt, unverwandt mit ihrem Tanzen auf, stellte sich vor mir hin und klatschte staatsfraulich genau, ohne zu übertreiben, als wäre ich Staatsgast der DDR, dem, neben der Narrenfreiheit, die Welt alles erlaubt.
Das war irgendwie auch nicht der wahre Tanz Bär Jakob.

Einmal passierte es da im Cafe Nord doch tatsächlich, dass der Diskjockey zu mir herüber hin rief:
“Sanitäter!“,
da vorne tanzt sich ein „Oldie but Goldie“ La Paloma ins Koma?“

Irgendwie ist doch jeder in Deutschland, egal ob in den neuen, alten Bundesländern als historisch wandelnde Landschaft auf Beinen seelenstrukturiert wie Christa Wolf, auch wenn er/sie damit anders, oder gar nicht mit umgeht?

"Nicht nur im Heute denke ich an Christa Wolf!"

Warum?,
was für eine Frage diese Fragen:

Christa Wolfs Lebens- Selbstanzeige als Stein des Anstosses?

Christa Wolfs Lebensend Selbstanzeige als Stein des Anstossens?

Christa Wolf ist heute am 01. Dezember 2011 in den frühen Morgenstunden nach längerer Krankheit im Kreise ihrer Lieben verstorben

JP

siehe:

"Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud",
Christa Wolf, Suhrkamp, Berlin 2010, 416 S., 24,80 €

www.freitag.de/kultur/0911-zur-sprache-bringen-christa-wolf

Christa Wolf | 12.03.2009 09:50 | Friedrich Schorlemmer
Die Vordenkerin
Sie war stets eine Vordenkerin und hat nie aufgehört, Vereinfachungen abzubauen. Eine kleine Hommage zum 80. Geburtstag von Christa Wolf

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Joachim Petrick

Aktuelles: Meine sichere Route- Refugee-Airlift - Petition "Luftbrücke für Flüchtlinge in Not" an die MdBs des Bundestages erhofft Debatte

Joachim Petrick

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden