Eugen Drewermann lauschen, heißt Thilo Sarrazin marginalisieren

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Eugen Drewermann lauschen, heißt Thilo Sarrazins heillose Wirkung marginalisierend entkommen

Eugen Drewermann gab sich, am 31. August 2010, von der Ottenser Christianskirche in Hamburg Altona geladen, ein geistliches Marathon Predigt Ansprache Stelldichein über die Angst im Allgemeinen und im Besonderen des Glaubens menschlicher Lebensweisen.

Zuerst erfasste mich eine lauernd bis unwillkürlich heilig drohend hervorbrechende Angst vom Auswuchs einerPanik

„Ich schaffe es nicht, Eugen Drewermanns Rede voller Hochstehenden Gedankensguts ungeahnter Güte bruchlos meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken.

Womöglich nicke ich, überfordert, in kurzzeitigem Sekundenschlaf auf der Gedankenautobahn, den Highways der lateral fliegenden Assoziationen seines Gedankenstromverkehrs auf allzu menschelnd banale Weiseein oder suche, momentan abgelenkt, nach kristallin trockenen Popelnin meiner Nase, versinke unversehens, gottvergessen, wonnig in dem wärmenden Händchenhalten mit meiner geliebtenFrau neben mir.

Doch siehe da, oh Wunder!,

nachdem ich mich all diesen lässlichen Sünden willentlich wie unwillentlich, tapfer die Folgen ahnend, hingegeben, tat sich mir ein ungeahnter Drewermann Rede Raum prallanschwellender Aufmerksamkeitsenergie in der voll besuchten Christianskirche zu Hamburg Ottensen auf, wie die mir sonst nur von anschwellendem Bocksgesang bekannt.

Drohte ich in Sekundenschlaf zu verfallen, ereilte mich unwillkürlich ein gleichnishafter Eugen Drewermann Gedankenblitz, gleich einem gezieltem Nackenhieb in einem buddhistischen Exerzitium,, schon war ich voll mit meinem Sinnen und Trachten wacher als zuvor wieder da.

Was sollen mir da Thilo Sarrazins haxenlos verbale Faxen Thesen, ich lausche sinnestrunken, weltversunken voll und ganz, Eugen Drewermanns Choreographie spirituellen wie weltlichen Gedanken Tanz Chorgesang.

Der Hamburger Helmut Schmidt habe in einem Interview mit Fritz Stern auf die Frage:
Wie viel Ordnung brauchen wir eigentlich für unsere Gesellschaften?
geantwortet, meint Eugen Drewermann hier in Altona- Ottensen:

„Eigentlich brauchen wir nur die 10 Gebote oder die Kaufmanns- und Handelskammerordnung meiner Heimatstadt Hamburg.“

Da geht es von Bruder Dr. Martin Luther mit seiner aufrüttelnden Redenschrift

„Von der Freiheit eines Christenmenschen“,

die nicht nur darin bestehe, dass ihm begangene Sünden vergeben, sondern über den Tag hinaus in der Zukunft schon Sünden jesuanisch vorausahnend vergeben, die er, sie, es noch gar nicht begangen hat, sondern überaus tapfer vorhat, zu begehen, weil es in der Natur des Menschen liegt, zu fehlen.

Geht es weiter heiter über Sören Kirkegaard im Kopenhagen des 19. Jahrhunderts, der die Angstpredigten der dänischen Amtskirche, nah den heutigenHasspredigten, als fern den natürlichen Lebensweisen unverblümt existenziellanprangert bis hin zu dem Aufmacher einer NDR- Info- Redezeit zum Evangelischen Kirchentag zu Hamburg im Jahre 2001:

“Jesus will nicht, dass ihr vor ihm hinkniet, sondern, dass ihr euch auf eure Socken macht“.

Eugen Drewermann kann belesen, wie studiert, präsentieren, ab wann die Formalien anstatt der kommunizierten Lebensweisen der Menschen in den Gemeinden im christliche Glauben in den alle beherrschenden Vordergrund traten, nämlich in der Amtszeit des römischen Kaisers Konstantin, der das Christentum im Vierten Jahrhundert nach Christus zur Staatsreligion, samt Zentral- Macht Hierarchie, in Rom erhoben.

Der russische Dichter Leo Tolstoi greift das Angsthema des Sören Kirkegaard mit seiner Tierfabel vom Fuchs, Hirsch und Hasen auf.

„Der Fuchs weiß, angesichts der flüchtigen oder vom Menschen in Zäunen, Gattern, Mauern gesicherten Beute, gar nicht mehr, wie er seine Brut im Fuchsbau nähren soll.

Der Hirsch dagegen findet in Wald und Wiesen auf Lichtungen Nahrung überreich und klagt trotzdem ängstlich, was ist, wenn ich mir bei einem gewagten Sprung über einen Busch, einen da liegenden Baumstamm meine Haxen breche, schon liege ich mit faulenden Gliedmaßen hilflos dem Tode entgegen fiebernd danieder

Nun kommt der Hase, als das auf vier Läufen im Zickzackkurs sausende Symbol der alltäglicher Lebensangst, seinem Lebensgefühl, ungeschützt seinen vielen Jägern preisgegeben ausgeliefert zu sein.

Jede Sekunde laure er, der Hase, getrieben von panischer Angst den Horizont mit seinen unstet rasenden Rund- Blicken seiner Augen ab, ob sich da am fernen wie nahen Horizont etwas bewege, unheilschwanger verändere, gafahrbringend nahe.

Was ist das für ein peinvollesLeben dieses Leben voller Angst- Gefahrenlagen.“

Der russische Dichter Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij behandelt bibelfest in seinem Roman

“Schuld und Sühne“

das Thema vom

„Gleichnis des verlorenen Sohnes“,

das eigentlich eine Erzählung vom gütigen Vater ist, der dem tapfer sündigen Regelverstoß der Heimkehr seinesverlorenen, des vom Erbfolge Gesetzes her

„jüngeren also totenSohnes“,

tapfer sündig nach den Vorgaben der Ahnen, mit menschlicher Güte begegnet, seinem verlorenen geglaubten Sohn tapfer sündigend gegen seine eigenen vorherigen Predigten, ein Fest nach Art heutiger Event- Kultur bereitet, ohne damit die Rechte des Erstgeborenen Sohnes wirklich in Frage zu stellen.

Der verlorene Sohn sündigt tapfer im voraus greifenden Geiste Martin Luthers, indem er das ehern geglaubte Gesetz der Ahnen bricht, dass Zweitgeboren verlorene Söhne niemals auf den Hof des Vaters und seines Erbfolgen zurückkehren, wie verstorben als aufgelesene Mönche hier, gedungene Landsknechte da, für immer im unergründlichen Nirgendwo verschollen wie verloren bleiben.
Dass dieser Sohn nun seine depressive Verlorenheit, Verlorenheit sein lässt und sich einfach aufmacht, heimzukehren, gilt bis heute, klerikal wie säkular verrätselt wie dunkel, als zu behandelnder Sündenfall.
Der Vater wiederum sündigt ebenfalls im Voraus greifenden Geistes Martin Luthers gütig und tapfer, weil er den heimkehrenden Sohn als verlorenen Zweitgeborenen voller Wiedersehensfreude mit einem Fest, wider das insistierende Missfallen seines Erstgeborenen Sohnes, gegen alle Regeln der Ahnen, willkommen heißt.

Eugen Drewermann versteigt sich zu der sympathischen These, dass Niemand mit Goethe in der Hand, Krieg gegen William Shakespeare, gar Leo Tolstoi, Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij als so genannten russischen Untermenschen führen könne.

Dabei unterschlägt Eugen Drewermann im Eifer des Gefechts seiner brillanten Rede, dass Johann- Wolfgang von Goethe mit seinen Werken durchaus als Pflichtlektüre in den Tornistern vonSoldaten zur täglichen Erbauung nach getanem Kriegshandwerk ausersehen ward.

Dass der NationalsoziologeMax Weber mit seiner These der Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik auf dem Holzweg war, ist in genussreicher Kenntnis der Denkansätze von Eugen Drewermann ein unveräußerlich selbstredendes Selbstverständnis.

Da passt auch zu, dass die hervorbrechende „Tafelkultur“ in deutschen Städten, Kommunen als Speisung der Vielen, nicht einmal wöchentlich, sondern täglich in den Altarraum von christlichen Kirchen gehört.

Am Gleichnis norddeutscher Deichkultur macht Eugen Drewermann den Irrtum Georg Wilhelm Friedrich Hegels fest, der da vom Weltgericht philosophisierend predigte, Gesetzesbrüche zu ahnden, wo es um Lebensweisen gehe, die die Angst überwinden, dass höher und höher gebaute Deiche im Glauben wie Unglauben berstend brechen, weil nur ein Stellenbruch im Deiche reiche und alles ist hin.

Dabei gehe es auch im Glauben wie bei Ebbe, Flut, dem blanken Hans vorsorglich darum. Deiche zurück zu nehmen, zurück zu bauen, damit der Fluss, die Wasser des Lebens der Menschen, Tiere, Pflanzen Raum vorfindend, Raumgewinnen, in Ebbe und Flut gefahrlos schalten und walten können, wie es ihren Naturgewalten eigen innewohnt.

Jesus habe jene formalGlaubensunkundigen um sich gesammelt, wie Leprakranke aufgesucht, die heillos sündig durch das Raster der alttestamentarischen dichten Glaubens- Alltagsgesetze gefallen waren, als Unberührbare galten, wie heute bei uns viele Menschen obdachlos, elend, süchtig durch die Raster der angeblich waltenden Marktgesetze fallen, um das erste historisch Hungerhilfeprogramm unter dem Namen

„Abendmahl“,

die Speisung der Vielen, aus der Taufe zu heben,legt Eugen Drewermann mit seinem Schluss Statement unausgesprochen selbstredend nahe:

„Fallt nicht vor Jesus anbetend, andächtig auf eure Knie,

sondern macht euch auf die Socken, egal welche politische Farbe die tragen.

Amen!“

JP


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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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