Untergepflügt: Murks mit Mais

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Vor ein paar Tagen hat sich auf verschlungenen Pfaden und mit bemerkenswerter Verzögerung herausgestellt, dass mit gentechnisch verändertem Material vermischter Mais auf deutschen Äckern wächst. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hatte bereits vor drei Monaten Kenntnis von der Verunreinigung, kam aber erst in die Gänge, als Greenpeace den "größten Saatgutskandal" recherchiert und öffentlich gemacht hatte.

"Ist das schlimm?" fragt nun bang der scheue Bürger.

Bezüglich der menschlichen Gesundheit lautet die Antwort wohl "Nein". Die Sorte Monsanto NK603 gilt als unbedenklich, auch wenn Greenpeace seit 2007 immer wieder eine Papier zitiert, das aus Studienergebnissen an Ratten auf mögliche Schäden an Nieren und Leber schließt. Das ist seither allerdings nie bestätigt worden. Der Mais selbst darf deshalb auch in Deutschland für die Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt werden, bis zu einer Konzentration von 0,9 Prozent darf sich das Produkt sogar "gentechnikfrei" schimpfen. Nur angebaut werden darf der Technomais hier nicht.

Maisbauern betreffend ist obige Frage deshalb leider mit "Ja" zu beantworten - wie der NDR berichtet. haben allein in Niedersachsen 23 Bauern das verunreinigte Saatgut ausgebracht und dürfen die Pflanzen nun wieder unterpflügen, zum Schutz der benachbarten Felder, die von fliegenden Pollen ihrerseits gentechnisch verunreinigt werden könnten. In der Landwirtschaft gilt nämlich die Verunreinigungsgrenze von 0,0 Prozent. Schlimm ist deshalb auch, dass die Behörden nicht umgehend handelten, nachdem der Befund vorlag, nämlich im März. Die Bauern hätten noch eine Chance gehabt, das Saatgut auszutauschen. Der Ernteausfall wäre ausgefallen.

Am schlimmsten an dieser Geschichte aber sind die rechtlichen Umstände, unter denen sie zustande gekommen ist. Wie auch in der Stammzellforschung gibt es in Deutschland keine klare, offene Haltung der Regierung zur grünen Gentechnik. Seit dem Ende des Moratoriums vor sechs Jahren versuchen Minister und Behörden den Eindruck zu erwecken, man wolle seine Bürger vor der unpopulären Technologie schützen. Andererseits will natürlich niemand querliegen, den Weltmarkt für das häufigste Futtermittel betreffend. In den USA sind 85 Prozent des Mais gentechnisch manipuliert. Wer keinen GV-Mais will, muss nicht nur den Anbau, sondern auch auch die Einfuhr verbieten.

Das Resultat ist aber eben eine Geschichte wie diese. Wir bauen ihn nicht selbst an, und kontrollieren das auch, aber wir benutzen den Mais und ermöglichen, dass es niemand mitkriegt. Die manipulierte Kartoffel Amflora boxen wir mit dem Argument durch, sie sei ja nur für die Herstellung von Industriestärke gedacht. Und Frau Schavan turnt gestern am runden Tisch für Pflanzengenetik herum und bejubelt die grüne Gentechnik als Rettung gegen den Welthunger, weshalb man enger mit Entwicklungsländern zusammenarbeiten will. Die sollen das Zeug dann schön anpflanzen. Wohin das alles führen soll ist klar: Gutes Gewissen den wählenden Verbrauchern gegenüber. Aber bloß nicht auf einen zweifelhaften Segen der Wissenschaft verzichten. Man könnte das verlogen nennen.

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Geschrieben von

Kathrin Zinkant

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Kathrin Zinkant

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