Eine Ausstellungseröffnung mit "Gästen"

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"Ohne Groll und Schaum vorm Mund"

Im Schulzentrum des oberpfälzischen Städtchens Schwandorf wurde vor einigen Tagen eine Ausstellung eröffnet, die schon seit März des Jahres für Diskussion und Auseinandersetzung mit der NS-Zeit sorgt. Ihr Titel: „Schwandorf und das Städtedreieck* unterm Hakenkreuz – NS-Zwangsarbeit im ländlichen Raum“

Die Pilotausstellung war zuvor in Maxhütte-Haidhof zu sehen, einem Ort, der nicht ohne Grund gewählt wurde, gibt es doch hier, wie in einigen anderen Städten der Region eine heftige Debatte um den Umgang mit Friedrich Flick der hier noch immer als Arbeit- und Brotgeber gewürdigt, dessen Rolle im Dritten Reich aber verdrängt wird. Auch um die Umbenennung von Straßen, die noch seinen Namen tragen, gibt’s Streit.

Der Berliner Journalist Chris Humbs hat mit einer Projektgruppe vor Ort diese Ausstellung initiiert und mitorganisiert. Hier der taz-Beitrag

Erschreckender Zwischenfall

Dies alles ist der Hintergrund einer bizarren und erschreckenden Zwischenfalls während der Eröffnung im Schulzentrum. Eingeladen hatte man auch polnische Zwangsarbeiter. Die über 80jährigen Tadeuz Dworakowski und Marian Wróblewski .

Während der Eröffnung der Ausstellung hatten sich zehn NPD-Mitglieder eingefunden, um das versammelte Publikum und vor allem Marian Wroblewski zu verhöhnen, ihm zu raten, sich dorthin zu scheren, wo er hergekommen ist. Dies berichtet ein Reporter heute morgen auf Deutschlandradio Kultur dradio_mp3

Die jungen streng gescheitelten NPD-Aktivisten röhrten ins Mikro des Reporters, der Pole solle gehen, wo er hergekommen ist und erzählen, dass sich kein Schwein für diese Geschichte mehr interessiert.

Nicht ohne Grund sei in dieser Region eine starke Neonaziszene zu verzeichnen, erklärte die Kuratorin der Ausstellung Constanze Wolf: Die nicht erfolgte Aufarbeitung sei ein Grund für die starke Neonazi-Szene, meinte sie.

Es gibt noch ein Flick-Stadion und in einigen Orten auch eine Flickstraße, deren Umbenennung in einem Streit diskutiert wird.

Die Berichterstattung in der Mittelbayrischen Zeitung dagegen ist versöhnlich, um nicht zu sagen, abwiegelnd, bieder und zum Teil – wie ich finde – entlarvend.

„Ohne Groll oder Schaum vor dem Mund haben die beiden über 80-Jährigen in den letzten Tagen Auskunft über ihr Schicksal gegeben – als „Zeitzeugen“ im besten Sinne.“ Hat so ein Satz angesichts des berichteten Skandals nicht etwas Höhnisches, frage ich mich. Von dem erwähnten Zwischenfall war in dem Zeitungsbericht aber keine Rede.

* Das Städtedreieck sind drei Städte in der Oberpfalz, die mit Entstehung des Eisenwerks Maxhütte Mitte des 19. Jahrhunderts gewachsen sind:Burglengenfeld, Maxhütte-Haidhof und Teublitz.

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Geschrieben von

Magda

Immer mal wieder, aber so wenig wie möglich

Magda

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