Tag 2 – Das Buch, das du als nächstes lesen willst

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Wie gestern bereits erwähnt, habe ich mir zusammen mit The Enchantment of Lily Dahl ein anderes Buch gekauft: Selected Works of Virginia Woolf. Da Hustvedt Amerikanerin ist, hatte ich zum Ausgleich nach einer britischen Autorin gesucht und wollte mich nicht mit den Brontë-Schwestern oder Jane Austen zu weit in die Vergangenheit begeben.

Ich habe bisher noch nichts von Virginia Woolf gelesen. Zum ersten Mal konfrontiert mit ihrem Namen wurde ich, als Edward Albees Theaterstück Wer hat Angst vor Virginia Woolf? in der Verfilmung mit Elizabeth Taylor und Richard Burton im Fernsehen gezeigt wurde und ich noch viel zu klein war, um zu verstehen, was dort geschah. Lange hatte ich geglaubt, Liz Taylor spiele dort eine Virginia Woolf und wenngleich ich mittlerweile längst weiß, dass dem nicht so ist, habe ich erst vor kurzem aus der Wikipedia erfahren, wie der Titel angeblich zustande kam:

Die Idee hierzu kam Albee um 1953 oder 1954 nach eigener Aussage angesichts einer Reihe von Graffiti im Waschraum einer Bar: „Eines Nachts war ich dort auf ein Bier, und ich sah „Who’s Afraid of Virginia Woolf?“ auf einen Spiegel geschmiert, vermutlich mit Seife. Als ich das Stück zu schreiben begann, ging mir diese Zeile nicht aus dem Sinn. Und natürlich meint „Who’s afraid of Virginia Woolf“ das (Kinderlied) „Who’s afraid of the big bad Wolf“ … Wer fürchtet sich vor einem Leben ohne falsche Illusionen. Und ich hielt es für einen ziemlich universitätstypischen intellektuellen Witz.

Ich erinnere mich an den Film The Hours, der das Leben dreier Frauen zu unterschiedlichen Zeiten behandelt und Woolfs Roman Mrs. Dalloway als Angelpunkt hat. Virginia Woolf selbst wurde seinerzeit von Nicole Kidman gespielt, deren Gesicht so stark verändert wurde, dass man sie kaum wiedererkannte. (Mittlerweile verhält es sich ja ähnlich, nur sind die Ursachen andere.) Ist es nicht gemein, dass ich nun fälschlicherweise ständig denke, die echt Virginia Woolf habe keine schöne Nase gehabt?
Die beiden anderen Frauen wurden von Julianne Moore (der ich schon immer ein wenig verfallen war) und Meryl Streep gespielt, der Film hatte mich damals tief berührt – ob dies heute allerdings immer noch so wäre, weiß ich nicht.

Tatsächlich aber war er meine erste bewusste Auseinandersetzung mit Virginia Woolf selbst. Ich wusste zuvor weder etwas über ihre Arbeit, ihre Gedanken, ihre Krankheit, noch dass sie sich das Leben nahm. Weshalb ich bisher dennoch nur über sie, aber nie etwas von ihr gelesen habe, weiß ich nicht wirklich. Aber ich möchte dies endlich nachholen und mit dem Roman Jacob's Room beginnen:

Mit Jacobs Zimmer, der von Woolf-Interpreten als der erste „eigentliche“ experimentelle Roman der Autorin gesehen wird, beginnt sie, die Komplexität des Lebens in einer rhythmischen Abfolge von flüchtigen Sinneseindrücken, Gedankenfetzen und Gesten zu schildern. Ebenso wie ihren Zeitgenossen Joyce und Dorothy Richardson, die ähnliche Ansätze verfolgten, gelingt es ihr mit Hilfe des inneren Monologs, diese Impressionen so darzustellen, wie sie im Bewusstseinsstrom der Gestalten des Romans auftauchen. Eine Entwicklung findet indes nicht statt: Die Figuren bleiben auf der Suche nach Identität zwischen Realität und Traumwelt gefangen. So wird die Vereinsamung des Menschen in der modernen Massengesellschaft zu einer wesentlichen Thematik des woolfschen Romans.

Ich hoffe, ich gleite während der Lektüre nicht unmerklich hinein in die Winterdepression. Ab November brauche ich in Berlin immer ein besonders dickes Fell.

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Geschrieben von

Maike Hank

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