Apple/ Foxconn Selbstmorde und miserable Arbeitsbedingungen haben Apples Vertragsnehmer in China in Verruf gebracht. Nun will Foxconn mit 25 Prozent mehr Lohn sein Image retten
Apple erlebt offenbar gerade dasselbe, was dem Schuhhersteller Nike in den 1990er Jahren widerfuhr, als publik wurde, unter welchen unmenschlichen Bedingungen das Unternehmen Arbeitskräfte in Fernost für sich fertigen ließ. In der Nachrichtensendung Nightline des amerikanischen Fernsehsenders ABC erklärte Ines Kaempfer von der gemeinnützigen US-Organisation Fair Labour Association (FLA), die für ein Ende der Sweatshop-Bedingungen kämpft und die Foxconn-Werke inspiziert hat, in denen in China Apple-Produkte montiert werden: „Es gab in den Neunzigern einen Augenblick, in dem das Nike eine Menge Publicity erhielt, negative Publicity. Und dabei waren sie nicht die schlimmsten. Wahrscheinlich lag der Fall ähnlich wie bei Apple. Auch die sind nicht n
abei waren sie nicht die schlimmsten. Wahrscheinlich lag der Fall ähnlich wie bei Apple. Auch die sind nicht notwendigerweise die schlimmsten; es ist nur so, dass das öffentliche Interesse immer größer wird. Wir sagen wir, dass die Branche ihren „Nike-Moment“ erlebt.“Foxconn, das zu Apples wichtigsten Vertragspartnern gehört, erklärte am Montag, man habe die Löhne um 25 Prozent angehoben, nachdem es im vergangenen Jahr eine Reihe von Selbstmorden und Berichte über Überstunden für die mehreren hundert Mitarbeiter gegeben habe. Damit hat der weltweit größte Zulieferbetrieb für Elektrotechnik die zweite beträchtliche Lohnerhöhung in weniger als zwei Jahren durchgeführt, nachdem die Arbeitsbedingungen in seinen Fabriken auf Geheiß von Apple durch die FLA überprüft worden waren. Für den Computerhersteller, der als Hauptnutzer der Anlagen des Unternehmens gilt, waren die anhaltenden Berichte über Todesfälle und elende Arbeitsbedingungen bei Foxconn zum PR-Problem geworden. Hewlett-Packard, Microsoft und Dell, die Foxconn ebenfalls für Montagearbeiten nutzen, haben sich bislang noch nicht dazu geäußert.Militärisch geführte FabrikenKeines der Unternehmen gehört gegenwärtig der FLA an, die momentan hauptsächlich von Textilherstellern mit Zulieferern in Fernost finanziert wird. Apple-Geschäftsführer Tim Cook erklärte in der vergangenen Woche, man nehme die Frage der Arbeitsbedingungen sehr ernst. Jeder Angestellte hat ein Recht auf einen gerechten und sicheren Arbeitsplatz.Foxconn, dessen Firmenzentrale sich in Taiwan befindet, beschäftigt ungefähr 1, 2 Millionen Menschen in einer Handvoll Fabriken, die nahezu militärisch geführt werden. Die Angestellten arbeiten an sechs oder sieben Tage die Woche bis zu 14 Stunden lang. Sie montieren iPhones und iPads für Apple, Xbox 360 Video-Spiele für Microsoft und Computer für Dell und Hewlett-Packard. Foxconn gehört zu Chinas größten alleinstehenden Privatunternehmen.Die Foxconn-Arbeiter bekommen laut Unternehmensführung nach der Lohnerhöhung vom ersten Februar nun 1.800-2.500 Yuan (215 – 300 Euro) im Monat.„So sollte der Kapitalismus funktionieren“, erklärte David Autor vom Massachusetts Institute of Technology gegenüber der New York Times. „Wenn Länder sich entwickeln, steigen die Löhne und das Leben wird theoretisch für alle besser. Damit sich in China dieser Wandel aber verstetigt, müssen die Konsumenten bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. Wenn die Leute über die schlechten Arbeitsbedingungen in chinesischen Fabriken lesen, mögen sie sich darüber aufregen. Dann aber gehen sie zu Amazon und haben so wenig ein Problem damit wie eh und je, die geringsten Preise zu bezahlen.“2.000 Yuan Grundlohn2010 lenkte eine Reihe von Selbstmorden die Aufmerksamkeit auf den Stress, dem viele junge Arbeiter in dem gewaltigen Foxconn-Komplex in der südlichen Boomtown Shenzhen ausgesetzt sind. Das Unternehmen bestritt, dass seine Fließbänder extrem schnell liefen und zu viele Überstunden verlangte. Bald schon wurden aber zwei Lohnerhöhungen verkündet, mit denen der Grundlohn auf bis zu 2.0000 Yuan im Monat mehr als verdoppelt wurde. Vergangenen Monat kletterten Dutzende Arbeiter, die im chinesischen Wuhan Spielkonsolen zusammenbauen, auf das Dach des Wohnheims der örtlichen Foxconn-Fabrik. Einige von ihnen drohten damit, hinunterzuspringen. Hintergrund war die Kontroverse über eine Jobverlagerung, die später entschärft werden konnte.Apple hat der ABC-Sendung Nightline exklusiven Zugang zu den Foxconn-Fabriken gestattet. Der Bericht wird heute Abend ausgestrahlt. In der Sendung sagt Louis Woo, der 15 Jahre bei Apple gearbeitet hat und nun als Berater von Foxconn-Geschäftsführer Terry Gou tätig ist, ohne die Explosionen und Selbstmorde, die die Aufmerksamkeit der wesentlichen Medien erregten, wäre dieser Zutritt vermutlich nicht gewährt worden. „Dass Sie hier sind, gehört zu der Offenheit, dem Lernprozess und dem Wandel, der sich bei Foxconn vollzieht," sagt er im Gespräch mit Reporter Bill Weir. Woo stimmt zu, dass die Tode das Unternehmen dazu genötigt haben, die Art und Weise zu überdenken, wie es seine Arbeiter behandelt.Die New York Times berichtete, dass die Arbeiter die Lohnerhöhungen und Beschränkung der Überstunden begrüßten, einige seien sich allerdings nicht sicher, ob sich wirklich etwas verändern werde. „Als ich bei Foxconn arbeitete, gab es immer wieder Gerüchte über Lohnerhöhungen, aber daraus ist nie etwas geworden, bis ich die Firma verlassen habe“, sagt der 23-jährige Ex-Foxconn-Arbeiter Gan Lunqun. „Dieses Mal hört es sich glaubwürdiger an.“Foxconn hat auch Pläne bekannt gegeben, Millionen in Roboter und die Automation von Teilen der Produktion zu investieren.
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