NSU 5 Jahre nach der offiziellen Aufdeckung

Verfassungskrise: Zuviele Fragen sind offen, zuwenig personelle Konsequenzen hat die Tatsache, dass Todesschwadronen, geheimdienstlich betreut, wüteten.

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Zum 5. Jahrestag der Aufdeckung des faschistischen NSU-Terrors wird deutlich, dass Merkels Versprechen einer Aufklärung leer war. Die ungeklärten Fragen bleiben, warum eine faschistische Terrorgruppe in Deutschland als Outlaws stehlen, morden, Bombenanschläge über mehr als ein Jahrzehnt unentdeckt blieb.

Doch nicht nur das: dem Publikum wird vorgeführt, dass ein komplettes Versagen in der Politik der Inneren Sicherheit, sei es terroristisch-vorsätzlich, sei es rassistisch diskriminierend, kaum Konsequenzen hat. Ich wüßte nicht von einem Dienstaufsichtsverfahren, in welchem Verantwortliche Rechenschaft über ihr Handeln ablegen müssten, für welches sie als Staatsdiener bezahlt werden. Rechenschaft darüber, dass sie mit ihrem Handeln die Verfassung durch Zulassung von Todesschwadronen ganz erheblich verletzt haben.

Erstaunlich, dass der Bundesinnenminister aktuell mehr Kameraüberwachung fordert. Schauen wir auf das Filmmaterial der Kölner Nagelbombe der faschistischen Terroristen, so finden wir eine komplette Dokumentation des Anschlags, vor während und nach danach, gefilmt von mehreren Kameras aus verschiedenen Perspektiven. Die Kamera des TV-Senders VIVA hatte qualitativ sehr gute Bilder der beiden Täter, die ebenfalls beim Deponieren der Bombe gefilmt wurden. Der Anschlagsort war perfekt durch Kameras überwacht worden.

Dass die Profile auf den Anschlagsbildern nicht mit den Profilen als Bombenbauer in den Polizeiakten abgeglichen wurden, ist dem Publikum als eine Panne im föderalen System verkauft worden. Das würde aber bedeuten, dass jegliche Verbrechensbekämpfung an den Grenzen der Länder enden würde, dass eine Fahndung nach Profilen und Bildern innerhalb des Polizeisystems der Republik unmöglich wäre. Was für ein schräger Mythos, dem paradoxerweise die Anhänger der GroKo nicht glauben, erhält doch CDU/CSU nach wie vor Spitzenwerte beim Thema Innere Sicherheit.

Nun ist es so, dass die Profile der Täter weder beim üppigen Filmmaterial, noch in den Poizieakten besonders geheim gewesen wären. Jeder Geheimdienst, der sich für den Kölner Nagelbombenanschlag interessierte, dürfte da wohl seinen Fähigkeiten, Fotoprofile von Tätern in Polizeiakten mit Fotoprofilen von Tatortkameraüberwachung abzugleichen, Geltung verschafft haben. Niemand weiß, wann und was Steinbrück, Schäuble, Bosbach, Merkel gewußt haben in diesem Drama, aber dass niemand etwas gewusst haben will, das erscheint nun wirklich ein Märchen. Denn wenn nach einem Bombenanschlag nicht die Liste von polizeilich bekannten und gesuchten Bombenbauern abgeglichen wird, dann gibt es eben auch keine Innere Sicherheit. Dann braucht es auch keine Kameraüberwachung.

Sehr seltsam, dass auch 5 Jahre danach immer wieder neue NSU-Spuren-Säue durchs Dorf getrieben werden. Spuren von Böhnhardt beim Kindermord in Jena. Mir kommt es vor, als ob der Apparat selbst üble Scherze macht. Jedenfalls ist die Polizei sich mal wieder nicht sicher, ob sie nicht selbst die Spuren gelegt haben. Absichtlich gelegt? Oder bloß beim Säubern des Messtocks geschlampt? Der Polizei-Dilettantismus geht also weiter. Aber CDU/CSU stehen weiterhin für Innere Sicherheit.

Derzeit sieht alles so aus, als würde die Kumpanei von Regierung und Apparat aufgehen. Die Zeit vergeht, die Leute wollen vergessen, wollen vertrauen – und schon jetzt ist der Terror schon lang her. Da wird dann halt überwacht, der Terror „betreut“, die Opfer als Täter schikaniert, die vielen Pannen als missliches menschliches Versagen dargestellt, bei welchem es keiner personelle Konsequenzen bedarf. Die Verfassungskrise aussitzen, das ist Merkel.

Ich denke, wenn in einigen Jahrzehnten die Historiker auf die Ära Merkel schauen, dann werden sie zum Schluss kommen, dass die schwelende Verfassungskrise durch die vielen unbeantworteten Fragen und den fehlenden personellen Konsequenzen zu einem Totalitarismus führte, den der Apparat selbst schon von Anfang an in sich trug, und der, nachdem seine Operationen des selbstgeschaffenen Terror Erfolg hatten, stets staatsterroristischer wurde.

Wenn Erdogan Deutschland heute bezichtigt, Terrorismus zu unterstützen, dabei auf Gülen und die PKK verweist, wird er wohl auch an den NSU-Terror gedacht haben. Denn dass der türkische Geheimdienst nicht in der Lage gewesen sein sollte, nach dem Nagelbombenanschlag in Köln die Täter zu ermitteln, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Noch einfacher kann Polizei- oder Geheimdienstarbeit nicht sein.

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Geschrieben von

4711_please

Seit jeher verfolge ich kritisch die Politik und kommentiere meine Analysen seit Jahren in diversen Medien online.

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