Anleitung zum Coup d'État

Operation AJAX 1953 schlüpften die USA schlussendlich aus dem Kokon des Konstitutionalismus und wurden die interventionistische Weltmacht wie wir sie heute kennen.

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In drei Wochen im Sommer 1953 wurde eine bis dahin völlig neue Operation von der CIA durchgeführt, die anhand dieses Beispiels dutzende Male im späteren Verlauf der Geschichte Verwendung fand. Operation Ajax war der erste von den USA gesteuerte Putsch im Ausland und begründete eine bis heute andauernde Tradition der amerikanischen Außenpolitik. Erst im August 2013, rund 60 Jahre nach dem Geschehnissen im August 1953, veröffentlichte die CIA ihre Geheim-Akten, die eindrucksvoll zeigen mit welchem Kalkül die damalige Regierung gestürzt wurde.

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Die Geschichte begann 1908 als im Iran erste große Erdölfelder gefunden wurden. Mit Hilfe der Briten begannen die Iraner mit der Förderung der Vorkommen und gründeten dafür die "Anglo-Iranian-Oil Company". Großbritannien, als weltweit führende Kolonialmacht, gestand dem Iran jedoch nur ein Bruchteil der Exporterlöse zu, maximal 16%, wobei die Zahlen nicht genau bekannt sind, da die Iraner kein Zugriff auf die Bilanzbücher hatten. Heutzutage kaum vorstellbar, dass ein Land seiner eigenen Ressourcen so offen beraubt wird, doch zu den Zeiten des Kolonialismus nicht unüblich. Viele westliche Regierungen sahen in ihren Kolonien das gleiche, was die Amerikaner damals in ihren afrikanischen Sklaven gesehen haben.

1951, mit der Ernennung von Mohammed #Mossadegh zum Premierminister, fingen die Iraner an sich gegen die Briten aufzulehnen. Sie forderten höhere Gewinnbeteiligung an den Ölgeschäften, von rund 50% war die Rede. Für Großbritannien war das jedoch undenkbar, dass ein "kleines" Land ihnen versuchte etwas zu diktieren. Und sie waren alarmiert, denn neben dem Iran gab es weitere ökonomische Sklavenländer und die Briten befürchteten, dass dieses Beispiel schnell Schule machen könnte und nach dem Iran andere Länder sich gegen sie aufbäumen würden. Also fingen die Briten an kleine Investitionen in die Infrastruktur zu machen, um den Iran zu besänftigen. Diese war jedoch viel zu gering, als dass sie den Streit beschwichtigten konnten. Sie bauten einige Schwimmbäder und Schulen für wenige tausend Dollar, was die Iraner eher als Provokation statt Beschwichtigung aufnahmen.

Churchill, der damalige Premierminister von England, bat daraufhin den US-Präsident Truman um eine militärische Intervention. Dieser lehnte ab mit der spannenden Begründung, dass die USA sich nicht fremde Länder einmischen könnten und die CIA keine anderen Regierungen stürzen dürfe. Wahrscheinlich sympathisierte Truman insgeheim mit Mossadegh, der als erster Mann in der Geschichte für die Interessen seines Landes stand. Auch die UN und der Internationale Gerichtshof, die Großbritannien einschaltete, gaben den Iranern Recht. Daraufhin kam es zu ersten Sanktionen seitens der Briten gegen iranisches Öl, die das Land in eine kleine Krise stürzten. Die Iraner verbannten daraufhin die gesamte britische Belegschaft im Iran, so dass die Briten schließlich jeglichen letzten Einfluss auf Mossadegh verloren. Es ist dabei wirklich erwähnenswert, was für einem diplomatischen Kleinkrieg beide Parteien erlegen waren. Churchill beispielsweise war laut Berichten den Tränen nahe, als Truman sich einer Unterstützung entsprach. Auch Mossadegh erkrankte im Laufe der Gespräche an hohem Fieber, der Konflikt zermürbte beide Männer sowohl physisch als auch psychisch.

Doch das Blatt wendete sich als Dwight D. Eisenhower 1953 Truman ablöste. Und ähnlich wie man heutzutage nahezu jedes Mittel mit dem Internationalen Terrorismus rechtfertigen kann, funktionierte dies damals mit der Angst vor dem Kommunismus. Die Briten redeten Eisenhower ein, dass der Iran der Sowjetunion verfallen könnte, wenn die USA nicht intervenieren. Auch wenn Mossadegh kein Kommunist war, gab es zumindest eine große kommunistische Partei im Land mit der Tudeh-Partei, die auch den Abbruch aller Zusammenarbeit mit den Amerikaner forderte und auch konkrete Angebote von Stalin, mit dem Iran zusammenzuarbeiten. Insofern ist man sich heute uneinig, ob die Gefahr eines kommunistischen Irans tatsächlich bestand.

Eisenhower jedenfalls schenkte den Briten glauben, sprach sich jedoch gegen eine militärische Intervention aus. Er beauftragte die CIA damit einen Putsch zu organisieren, um so Mossadegh zu stürzen und eine anti-kommunistische Regierung zu installieren. Kermit Roosevelt Jr., CIA Mitarbeiter, sollte diese Operation durchführen, wofür er im Juli nach Teheran reiste. Die Strategie, die er daraufhin ausführte, finden auch zur heutigen Zeit Verwendung bei Putschversuchen:

Zuerst bestach er den Großteil der Zeitungen im Land, die daraufhin Mossadegh diffamierten, ihn als Kommunisten oder Homosexuellen bezeichneten und sehr negativ über ihn berichteten. Er habe keine Kontrolle mehr über das Land sollten die Iraner glauben. Außerdem bezahlte er einen Mafiaboss, Shaban, der Hirnlose, der mit seinen Schlägern durch die Straßen von Teheran zog und wahllos Chaos stiftete, Leute verprügelte, Schaufenster einwarf und das alles im Namen von Mossadegh. Roosevelt bezahlte noch eine zweite Schlägergruppe, die sich mit der ersten Straßenschlachten bot, so dass schließlich die Menschen in Teheran tatsächlich glaubten, dass die Regierung keine Kontrolle mehr über das Land hatte. Zudem bezahlte er tausende Demonstranten, die gegen die Regierung auf die Straße gingen. Zwar misslang der erste Putschversuch, da Mossadegh diesen bereits erahnte und genug Anhänger um sich scharte, um die Putschisten zu vertreiben, doch als sich schließlich auch das Militär gegen die Regierung wandte und Panzer durch Teheran fuhren, musste Mossadegh am Ende fliehen.

Mit der neuen pro-westlichen Regierung bekamen die Briten schließlich ihre Ölgesellschaft zurück, die sie dann British Petroleum (BP) nannten. Außerdem wurde die Demokratie im Iran durch den Putsch abgeschafft und die Monarchie wieder eingeführt wurde. Der Sohn vom früheren Schah Palawi, den die Amerikaner damals absetzten, da er zu sehr mit Nazi Deutschland sympathisierte, bildete dabei die Marionettenregierung. Vielleicht war diese künstliche Implementierung seiner Herrschaft ohne tatsächliche Legitimation ein Grund für seine unterdrückerische und harte Regiment.

Es war in zweierlei Hinsicht eine bemerkenswerte Operation, die eine neue Ära der amerikanischen Außenpolitik einleitete. Am Beispiel des Iran wurde zahlreiche weitere Putschversuche in vielen anderen Ländern durchgeführt, Guatemala, Chile oder Panama wurde allesamt nach dem Strategieplan von Operation Ajax durchgeführt und wurden immer weiter entwickelt. Es war schlichtweg nicht mehr nötig Milliarden in eine Militäroperation zu pumpen, die 285.000 USD, die für Operation Ajax bereit gestellt wurden, waren rentabler; also besann man sich in der CIA auf die diskretere billigere Variante unliebsam Regierungen stürzen. Außerdem wurde durch dieses erste Eingreifen im Mittleren Osten die eigentliche beliebte der Nation der USA zum Objekt des Hasses, auch für die Mullah-Regierung, die 1979 an die Macht kam.

Für den Iran war es ein Scheitern der Demokratie und der Souveränität gegenüber westlichen Ländern, ein Scheitern, an dass sich noch viele iranische Politiker erinnern. Zudem bedeutete die Absetzung von Mossadegh einen großen Bruch mit dem benachbarten Irak, der schließlich in den 1.Golfkrieg 1980 mündete. Auch die rigorose Unterdrückung des Schahs jeglicher islamischer oder marxistischen Bewegungen sorgte für ein Aufbrechen der Islamischen Revolution, die das eigentlich weltliche Iran in die Arme religiöser Mullahs trieb.

1953, nach dem Sturz vom Mossadegh, reiste der eingesetzte Premierminister zu einer Radiostation in Teheran, um dort seine erste Ansprache vor dem Volk zu halten. Um diesen musikalisch zu untermalen, lag er eine Schallplatte auf, die er zuvor aus einer Bibliothek genommen hatte. Als er anfing zum Volk zu sprechen und die Unabhängigkeit des Landes deklarierte, ertönte die Hymne der Vereinigten Staaten von Amerika.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Abrahan Garcia

Angehender Orientalist

Abrahan Garcia

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