50 Jahre 'Zweites Vatikanisches Konzil'

2. Vatikanum Das 2. Vatikanische Konzil, das am 08. Dezember vor 50 Jahren endete, feiert einen runden Geburtstag. Grundlegende Neuerungen werden diesem Vatikanum zugeschrieben.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Vor 50 Jahren wurde ein einschneidender Schlusspunkt zur katholischen Kirchenlehre gesetzt. Das 2. Vatikanische Konzil, das von 1962 bis 1965 dauerte, war ein Wendepunkt in der offiziellen Haltung der römisch-katholischen Kirche. Man bestand zwar weiterhin darauf, dass die katholische Lehre die einzig wahre Religion verkünde, konzedierte jedoch, auch andere Religionen zu achten und bekannte sich, zumindest formal, zur Religionsfreiheit und gestand damit dem Staat eine übergeordnete Stellung zu. Von da an durfte nach katholischer Lehre niemand mehr gezwungen werden, einen Glauben anzunehmen. Das Individuum sollte in seiner Entscheidung frei sein. Der Glaubensakt sollte als ein freier Akt in einer freien Gesellschaft verstanden werden:

Das Vatikanische Konzil erklärt, daß die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat. Diese Freiheit besteht darin, daß alle Menschen frei sein müssen von jedem Zwang sowohl von seiten Einzelner wie gesellschaftlicher Gruppen, wie jeglicher menschlichen Gewalt, so daß in religiösen Dingen niemand gezwungen wird, gegen sein Gewissen zu handeln, noch daran gehindert wird, privat und öffentlich, als einzelner oder in Verbindung mit anderen - innerhalb der gebührenden Grenzen - nach seinem Gewissen zu handeln.

In der Bundesrepublik war das Grundgesetz, das die Religionsfreiheit garantiert, zu diesem Zeitpunkt schon seit sechzehn Jahren in Kraft, und die Zeit der Aufklärung mit ihrer Hinwendung zum eigenständigen Denken und zum Rationalismus deutete sich schon 250 Jahre vorher an. Die Kritik am Absolutismus und dem Dogmatismus der Religion war schon längst zur philosophischen Tradition gewachsen, als Papst Gregor XVI im Jahr 1832 vom Monopolanspruch der katholischen Kirche immer noch kein Jota abrückte und die Gläubigen vor Meinungsfreiheit meinte schützen zu müssen. In seiner Enzyklika Mirari vos ("Ihr wundert Euch") mit der Unterüberschrift "Über den Liberalismus und religiösen Indifferentismus" wandte er sich grundlegend gegen die Früchte der Aufklärung und erklärte die katholische Religionslehre zur einzig wahren. Dieser Monopolanspruch wirkte bis weit in zwanzigste Jahrhundert hinein und hat bei den fundamentalorientierten Katholiken immer noch eine zentrale Bedeutung. So schrieb Papst Gregor XVI:

Aus der Quelle dieser verderblichen Gleichgültigkeit fließt jene törichte und irrige Meinung — oder noch besser jener Wahnsinn, es solle für jeden die Freiheit des Gewissens verkündet und erkämpft werden. Diesem seu­chenartigen Irrtum bereitet den Weg jene übervolle und maßlose Freiheit der Meinungen, welche zum Schaden der kirchlichen und bürgerlichen Sache sich weitherum verbreitet. Dabei gibt es manche, die mit größter Unver­schämtheit behaupten, daß die Religion aus ihr gewisse Vorteile ziehe. (…) Denn die Erfahrung bezeugt es und seit uralter Zeit weiß man es: Staatswesen, die in Reichtum, Macht und Ruhm blühten, fielen durch dieses eine Übel erbärm­lich zusammen, nämlich durch zügellose Meinungsfreiheit, Redefreiheit, Neuerungssucht.

Zugute halten muss man diesem Papst, dass er vor klaren Aussagen nicht zurückschreckte. Die Freiheit des Gewissens sei Wahnsinn. Die Freiheit der Meinung sei ein seuchenartiger Irrtum. Staaten seien wegen Meinungs- und Redefreiheit erbärmlich zusammengefallen. Also: Von individueller Glaubensfreiheit keine Rede. Ganz so wie der Islam dies heute noch von seinen Gläubigen verlangt und in Zukunft verlangen wird: "Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Gott gibt, und bezeuge dass Mohammed der Gesandte Gottes ist." Und diesem habe man sich zu unterwerfen. Der Staat habe die Ordnung so zu schaffen, dass muslimische Gläubige ihre Religion ausleben können:

"In einer 'kaputten' Ordnung kann der Islam nicht gelebt werden, daher hat der Moslem die Pflicht sich entweder aus solch einer Gesellschaft zu entfernen oder sie zu ändern. Das Individuum ist alleine nicht in der Lage, eine islamische Gesellschaft zu konstituieren und nach islamischen Prinzipien zu leben. Ein islamisches Leben ist nur in einer islamischen Gesellschaft möglich und daher wird ein Staat gebraucht, der solch eine Gesellschaft errichtet."

Diese Passage verfasste ein muslimischer Student der Berliner Humboldt-Universität für den Fachbereich Politische Wissenschaften. Allerdings schon 1996, als der Islam in Europa noch nicht als Bedrohung wahrgenommen wurde.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Achtermann

Ich lass' mich belehren. Jedoch: Oft wehre ich mich dagegen.

Achtermann

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden