Broder - Augstein - Freitagsblog

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Henryk M. Broder hat auf der "Achse des Guten" sich dem Kolumnisten des Spiegel, Jakob Augstein, und den Bloggern des Freitag gewidmet. Augsteins Text zu Grass' Gedicht sowie ein Debattenbeitrag, der inzwischen zum meistkommentierten in der FC gewachsen ist, waren für Broder Anlass, unter der Überschrift "Jakob und seine Brüder" u.a. folgendes zu schreiben:

"Und 'wenn’s Judenblut vom Messer spritzt', dann gehts Jakob und seinen Brüdern gleich 'nochmal so gut', dann haben sie ihren Judenknacks endlich überwunden."

Quelle: "Achse des Guten" am 09.04.2012 ca. 9.00 Uhr entnommen.

Broder hat dieses Zitat nicht zum ersten Mal benutzt. Am 18.07.2008 verfasste er auf der "Achse des Guten" unter der Überschrift "Die Vogelscheuche, der Pitbull und der Kindermörder" folgenden Eingangstext:

"Dass ein altes deutsches Volkslied nicht mehr gesungen wird, bedeutet nicht automatisch, dass es völlig aus der Mode gekommen ist. Z.B. der SA-Oldie mit der schönen Zeile: 'Erst wenn das Judenblut vom Messer spritzt, dann ist uns wieder gut', bzw. 'Wenn’s Judenblut vom Messer spritzt, dann geht’s noch mal so gut'."

In der Tat, es handelt sich um ein SA-Lied, wie aus folgenden (Kon-)Texten hervorgeht:

"Ludwig Kychenthal war der älteste Sohn von Anna und Louis Kychenthal, dem Besitzer des Kaufhauses am Altstädtischen Markt in Schwerin. Im ersten Weltkrieg kämpfte Ludwig an der Front in Frankreich und kehrt mit Orden ausgezeichnet, aber auch traumatisiert zurück. 1933 heiratete er Annemarie Hecht. Während des Polterabends zog eine Gruppe SA-Männer an der Hochzeitsgesellschaft vorbei und grölte das Lied „Wenn Judenblut vom Messer spritzt“. Das Ehepaar hatte zwei Kinder. Ludwig Kychenthal arbeitete als Kaufmann im Unternehmen seines Vaters. Am 09. November 1938 wurde das Kaufhaus wie zahlreiche andere Geschäfte von jüdischen Besitzer/innen verwüstet. Ludwig Kychenthal, sein Vater Louis und sein Bruder Willy wurden verhaftet und am nächsten Tag nach Neustrelitz ins Gefängnis gebracht. Unter dem Druck der Haft verkauften sie das Kaufhaus weit unter Marktwert. (...)"

www.stolpersteine-mv.de/stolperstein/ludwig-kychenthal

"Im Jahre 1932 ließ sich Arthur Salamagne (Jg. 1888) auf dem Schnee, Hackertsbergweg 30, ein Häuschen mit vier Zimmern bauen. Der schwer kriegsbeschädigte Dortmunder Kaufmann, dem das linke Bein amputiert werden musste, wollte sich dort zur Ruhe setzen. Mit der gewünschten Ruhe war es schnell vorbei, nach dem Aprilboykott 1933 setzte die Verfolgung ein. Sowohl bei Tag wie bei Nacht drangen Unbekannte in den Garten des Invaliden ein, rissen Obstbäume aus und stahlen Gartenmöbel. Die Vorfälle steigerten sich, so zogen Jugendliche vor dem Haus auf und sangen nationalsozialistische Lieder, wie „Wenn’s Judenblut vom Messer spritzt“ und „Hängt die Juden“. Salamagne wusste, dass er gemeint war, er war der einzige Jude in der Gegend. Vorläufiger Höhepunkt war die Hausdurchsuchung durch die SA im Juni 1933.Frau Salamagne erlitt durch die Aufregung einen Nervenzusammenbruch und war lange Zeit krank.(...)"

www.homepagemaker.eu/userdaten/000005/59/download/salamagne.pdf

Warum benutzt Broder diese SA-Liedzeilen? Sind sie der Kritik, die Grass formuliert, der Kolumne, die Augstein geschrieben hat, dem Blog, auf das sich Broder bezieht, angemessen? Gegen diese Art von Argumenten ist nicht anzukommen, weil man quasi gezwungen wird, sich gegen den damit unterstellten Antisemitismus zu verteidigen, um sich politisch und moralisch nicht zu diskreditieren. Aber allein schon die Verteidigung, nämlich das Zurückweisen, wird als antisemitische Argumentation interpretiert. Man bleibt in der Defensive. Ihr ist nicht zu entkommen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Achtermann

Ich lass' mich belehren. Jedoch: Oft wehre ich mich dagegen.

Achtermann

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