Sie hat sich dafür entschuldigt, wenn auch nicht um Entschuldigung gebeten. Denn das wäre höflicher gewesen: "Der Rheinpfalz-Lokalredaktion ist mit ihrem gestrigen Nachruf trotz Recherche ein schwerer Fehler unterlaufen. Wir entschuldigen uns in aller Form bei unseren Lesern, vor allem aber bei der Familie des Künstlers." So stand es am Freitag, den 4. September in der Zeitung.
Tags zuvor erschien der Entschuldigungsgrund: Ein Nachruf auf den 1942 geborenen regional bekannten Zeichner und Maler, der seinem Leben ein Ende gesetzt hätte. Nur: H.B. war nicht tot. Er lag zu diesem Zeitpunkt seit vier Tagen schwer verletzt im Krankenhaus als die Leserinnen und Leser die Würdigung des Künstlers auf der regionalen Kulturseite zu lesen bekamen.
Am Dienstag, den 8. September erfuhr die Leserschaft, dass H.B. am vergangenen Freitag gestorben sei, also just an jenem Tag, als zu lesen war, er sei nicht tot. Seine Schwester plane eine Trauerfeier. Der Termin stehe noch nicht fest. Der Künstler, so wurde hinzugefügt, "lebte die meiste Zeit seines Lebens in R., wo er als liebenswerter, zugewandter und gebildeter Gesprächspartner und Nachbar sehr geschätzt wurde."
Kommentare 21
Da kann man mal sehen, wohin es führt, wenn die Realität sich nicht korrekt mit der medialen Öffentlichkeit synchronisiert. Warum soll es einem Künstler da besser ergehen als der Ukraine, Libyen, Irak, Syrien usw.?
Das ist passiert "trotz Recherche", wie die Redaktion schreibt. Das macht die Angelegenheit eher schlimmer.
Um so schlimmer für die Realität, wenn sie sich nicht mal an eine einfache Recherche anpassen kann.
Es ist einfach so, dass Medien eine eigene Realität und eigene Rezipienten brauchen, das Alte hat ausgedient, ist nicht virtuell genug, begrabt es an der Biegung der Flusses ...
Kunstfehler?
Ja, so könnte man den Vorgang interpretieren. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass die Redaktion nicht in künstlerische Gefilde vorgedrungen ist. Als ich die Entschuldigung las, war mein erster Gedanke, ich geb's zu: Wer kann schon seinen ihm gewidmeten Nachruf in der Zeitung lesen? Das könnte nur ein Aktionskünstler hinkriegen.
Und was kann humoristisch süffisanter sein, als vielleicht noch in die Lage versetzt zu werden, zu gegebener späterer Zeit als Solidaritätsadresse einen Nachruf über jemanden schreiben zu können, der über einen selbst schon mal einen Nachruf geschrieben hat. Denn unverhofft kommt oft. ;-)
Gute Interpretation. Wenns Aktions-Kunst war, um den HB aufzuheitern, waers sehr gut gemacht. Ich, als Schwerverletzter haette mich jedenfalls amuesiert.
Familienanzeigen sind immer lustiger als die Witzecke.
..."Aktionskünstler"...
*****
@Achtermann
Als ich die Entschuldigung las, war mein erster Gedanke, ich geb's zu: Wer kann schon seinen ihm gewidmeten Nachruf in der Zeitung lesen? Das könnte nur ein Aktionskünstler hinkriegen.
Also, ich weiß nicht, für einen temperamentvollen Aktionskünstler ist Totsein doch eine wenig dynamische Sache.
Ciao
Wolfram
HA!
Das Totsein ist undynamisch, das Tot werden mit dem Verlust von 21 Gramm Gewicht verbunden ;-)
Also, ich weiß nicht, für einen temperamentvollen Aktionskünstler ist Totsein doch eine wenig dynamische Sache.
Es kommt darauf an. Nämlich darauf, welche Vorstellungen man das Gehirn über das Totsein produzieren lässt. Manche Gemeinschaften postulieren, nicht mehr lebenden Männer würden jeweils von 72 Jungfrauen erwartet werden. Diese Konstellation könnte eine überbordende Dynamik entfalten.
...das Tot werden mit dem Verlust von 21 Gramm Gewicht verbunden
Ah, ich glaube zu wissen, was du meinst: die Seele. Aber an welcher Körperstelle gehen diese 21 Gramm verlustig?
Das hat man noch nicht genau herausgefunden... Ich denke, das wird der linke Fuß sein.
Familienanzeigen sind immer lustiger als die Witzecke.
Kann man so sehen. Gerade jetzt schwappte eine unübersehbare Menge an Familienanzeigen in die Zeitungen. Der Grund: In Rheinland-Pfalz und Hessen gingen die Schulferien zuende. Nun zeigt man der Öffentlichkeit an, dass der Sohn oder die Tochter ins schulfähige Alter gekommen sind. Die Familien-Anzeigen-Witze sind aber eher unfreiwillig komisch, eher etwas peinlich.
Ich denke, das wird der linke Fuß sein.
Wie wird Oskar Pistorius mit dieser Angelegenheit umgehen?
Die 21 Gramm sind in den von Christy Brown gewandert, hier lebt der echte linke von Pistorius weiter. Das ist auch der Beweis, das die Seele ihn verlassen hat, sonst hätte er seine hübsche Gattin nicht erschossen. q.e.d.
@Achtermann
>>Also, ich weiß nicht, für einen temperamentvollen Aktionskünstler ist Totsein doch eine wenig dynamische Sache.<<
Es kommt darauf an. Nämlich darauf, welche Vorstellungen man das Gehirn über das Totsein produzieren lässt. Manche Gemeinschaften postulieren, nicht mehr lebenden Männer würden jeweils von 72 Jungfrauen erwartet werden. Diese Konstellation könnte eine überbordende Dynamik entfalten.
Ich hatte eigentlich mehr auf das schöne Wörtchen Aktionskünstler abgehoben. Ich mein, wenn ich eine Kunstaktion (oder eine Aktion sonstwelcher Art) veranstalten will, dann ist Totsein doch ein bisserl undynamisch. Ja, okay, ein Künstler kann sich bei fast jedwedem Unfug auf Verfremdungseffekt und Denkanstoß rausreden.
Ciao
Wolfram
Ich hatte eigentlich mehr auf das schöne Wörtchen Aktionskünstler abgehoben. Ich mein, wenn ich eine Kunstaktion...
Fahren wir mit dem Missverstehen fort, wohin auch immer:
Deine Verlinkung mit dem Titel Kunstaktion entbirgt das Lied:
Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion, ist Holzauktion
Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion, ist Holzauktion
Rechts um die E-Ecke, links um die E-Ecke
In der Mitte, da ist Holzauktion
Was immer die Kunstaktion mit der Holzauktion zu tun hat, ich muss sagen, ich komm nicht drauf.
Aktionskünstler - da sagt ihr was.
In diesem Zusammenhang muss unbedingt an den Pianisten Friedrich Gulda erinnert werden, der im Jahr 1999 vor zwei annoncierten Osterkonzerten via eigenhändig geschalteter Todesanzeigen sein Ableben inszenierte. Soll viel Wiener Schmäh dahintergesteckt haben.
Dann holte ihn aber, ein knappes Jahr später, tatsächlich der Sensenmann. Oder war er es selber, der auch sein Ableben auf feine Art steuerte?
Denn das Todesdatum fiel genau auf das Geburtsdatum des von ihm so verehrten Wolfgang Amadeus Mozart, den 27. Januar.
@Achtermann
Deine Verlinkung mit dem Titel Kunstaktion entbirgt das Lied:
Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion, ist Holzauktion
Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion, ist Holzauktion
(...)
Was immer die Kunstaktion mit der Holzauktion zu tun hat, ich muss sagen, ich komm nicht drauf.
Gottchen ja, es gibt halt kein lustiges Liedl über eine Kunstaktion, zumindest hab ich keins gefunden. Also mußte die Holzauktion herhalten, klingt ja auch ganz ähnlich wie Kunstaktion.
Ciao
Wolfram