Wissenschaftsverbände gegen Guttenberg

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Viele Wissenschaftler sehen sich düpiert und in ihrer Berufsehre gekränkt, weil die Politiker der Union Dr. a.D. Guttenberg schützen, indem sie seine Fälschungen als lässliche Sünde abtun. Sie sind vom Politikerverhalten herausgefordert und beziehen Stellung. Ein Novum, dass die respektabelsten und wichtigsten Verbände der Wissenschaft von den die Regierung tragenden C-Parteien ethische Maßstäbe einfordern, die sie im konkreten Fall aus vordergründigen parteitaktischen Erwägungen heraus meinen, nicht einhalten zu müssen. Keine Erklärung gab bisher die Max-Planck-Gesellschaft ab. Ebenso abstinent ist die für die Schul- und die Hochschulbildung zuständige Kultusministerkonferenz. Das ist ein Skandal im Skandal, weil sie für die Qualitätssicherung der Forschung im Auftrag der Wählerinnen und Wähler die Rahmenbedingungen setzt. Beschädigen lässt sich auch die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Prof. Dr. Annette Schavan. Auch sie schweigt zum Tun ihres Kabinettskollegen.

Auszüge aus den Erklärungen:

Die Hochschulrektorenkonferenz

"Wir benötigen in unseren Hochschulen eine Atmosphäre von Offenheit, Kreativität und Leistungsbereitschaft; das gemeinsame Streben nach Erkenntnisfortschritt prägt die Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden. Basis hierfür ist das gegenseitige Vertrauen. Umgekehrt dürfen Betrugsfälle nicht verharmlost werden. Es handelt sich um schwerwiegende Vergehen, die entsprechende Konsequenzen haben müssen."

Der Deutsche Hochschulverband

"Sie [= die Wissenschaft] lebt von Originalität und Eigenständigkeit. Der redliche Umgang mit Daten, Fakten und geistigem Eigentum macht die Wissenschaft erst zu Wissenschaft. Plagiate erschüttern daher die Glaubwürdigkeit von Wissenschaft. … Die Marginalisierung schwersten wissenschaftlichen Fehlverhaltens durch höchste Repräsentanten unseres Staates ist empörend. … Es ist unerträglich, wie die Bedeutung der Wissenschaft und ihrer ehernen Gesetze politisch kleingeredet wird. Die im DHV vereinten 26.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler protestieren nachdrücklich gegen diese Respektlosigkeit. Wissenschaft ist kein Sandkasten, sondern ein elementar wichtiger Teil unserer Gesellschaft."

Der Vorsitzende des Wissenschaftsrats

"Mit zunehmender Besorgnis nehme ich derzeit zur Kenntnis, wie in Folge der Diskussionen um die Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg das gesellschaftliche Ansehen der Wissenschaft Schaden zu nehmen droht. Die öffentlich verlautbarte Geringschätzung der grundlegenden Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens lässt außer Acht, dass wissenschaftlicher Fortschritt und damit verbunden auch der Wohlstand unseres Landes maßgeblich auf der Einhaltung dieser Prinzipien beruhen. Eine erfolgreiche Wissenschaft kann es ohne einen sorgfältigen Umgang mit Quellen, ohne eine unmissverständliche Unterscheidung fremden und eigenen Wissens und ohne die Dokumentation und kritische Diskussion der eigenen, sachlich weitestgehend abgesicherten Forschungsergebnisse nicht geben. Die weit überwiegende Zahl der an deutschen Universitäten erarbeiteten Promotionen genügt diesen hohen Qualitätsanforderungen."

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft

„Wissenschaft beruht auf den Prinzipien von Wahrhaftigkeit, Redlichkeit und Vertrauen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland fühlen sich diesen Prinzipien verpflichtet und handeln nach ihnen – nur wenige verletzen sie. Denn wissenschaftliches Fehlverhalten, ob in Form eines Plagiats oder der Manipulation von Daten und Ergebnissen, ist ein schwerwiegendes Vergehen."

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Achtermann

Ich lass' mich belehren. Jedoch: Oft wehre ich mich dagegen.

Achtermann

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden