Gemeinsam mit seinen Eltern führt Sebastian Frey einen Betrieb mit Ackerbau, Legehennen- und Rinderhaltung, der seit 1992 nach den strengen Richtlinien des Bio-Verbandes Naturland zertifiziert ist. Die Region in Nordbayern, wo der Betrieb liegt, war schon immer trocken, doch in den vergangenen Jahren wurde es immer schlimmer. „Die zunehmende Trockenheit, Ernterückgänge und Futtermangel haben uns deutlich gemacht, dass wir klimaresilientere Anbaumethoden brauchen. Die Agroforstwirtschaft setzt hier zukunftsweisend an“, sagt der 35-Jährige.
Landwirtschaft muss sich neuen Bedingungen anpassen
Als Naturland Betrieb arbeiten die Freys natürlich schon immer mit vielfältigen Fruchtfolgen, das heißt sie bauen nach einem ausgeklügelten System Erntekulturen wie Getreide oder Kartoffeln im Wechsel mit Zwischenfrüchten wie etwa Kleegras an, um die Bodenfruchtbarkeit zu steigern. Zudem ist so der Boden immer bedeckt und weniger Feuchtigkeit geht verloren.
Doch mit dem Klimawandel werden die Sommer immer länger und trockener, Niederschläge kommen vor allem in einzelnen Starkregenereignissen. „Die trockenen Böden auf den Äckern können das Wasser dann nicht richtig aufnehmen und zu viel wertvolles Wasser geht verloren“, beschreibt Stefan Veeh, Ackerbauexperte der Beratung für Naturland das Problem. Hecken oder Bäume können hier natürlichen Schutz vor extremem Regen und Wind sowie vor brennender Sonne bieten. Das Mikroklima wird so ebenso verbessert wie die Nährstoffverfügbarkeit im Boden. „Bäume und Sträucher brauchen natürlich Fläche, man erntet also erst einmal weniger. Aber mittel- und langfristig sind durch die Kombination mit Gehölzen krisenfestere Erträge zu erwarten“, erläutert der Berater für Naturland.
Sebastian Frey hat bereits 2017 das erste eigene Agroforstsystem auf seinem Hof aufgebaut und im Hühnerauslauf Hecken und Obstbäume gepflanzt. 2021 hat Familie Frey auf ihrem Naturland Betrieb dann insgesamt 2030 Bäume gepflanzt – die Zahl der Agenda 2030 wählte er natürlich ganz bewusst. Denn die Pflanzung der verschiedenen Pappelsorten und Robinien trägt auf der insgesamt fünf Hektar großen Ackerfläche maßgeblich zum Klimaschutz bei: Die Bäume auf dem Feld mindern nicht nur die Bodenabtragung und verbessern den Wasserhaushalt sowie die Bodenfruchtbarkeit, sondern sie binden auch sehr viel CO2. Zugleich entstehen wertvolle Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten.
Forderung nach politischen Rahmenbedingungen
Das Grundprinzip der Agroforstwirtschaft ist dabei nicht neu. Doch mit der Intensivierung der Landwirtschaft, die auf Erntemaximierung durch den Anbau nur noch weniger Kulturen und den Einsatz immer größerer Maschinen setzt, war für solche vermeintlich „unproduktiven“ Flächen wie Hecken und Gehölze lange Zeit kein Platz. Mit Klimawandel und Artensterben kommen nun die Vorteile dieser alten Landnutzungsform wieder in den Blick, weil sie vielfältige Lösungen für aktuelle Herausforderungen bietet.
Fehlt noch der passende politische Rahmen. Gehölze pflanzen ist sehr teuer und die Investition rechnet sich erst langfristig, während die Betriebe kurzfristig hohe Investitionskosten und teilweise geringere Erträge verkraften müssen. Eine öffentliche Förderung, die hier hilft, gibt es bislang nicht. Im Gegenteil: Wer Bäume auf seinen Acker pflanzt, riskierte bislang sogar den Verlust der Fördergelder, die er vorher für die entsprechende Fläche aus Brüssel bekommen hatte. Und wenn ein Betrieb trotzdem investieren will, scheitert es nicht selten an einem ganz anderen Problem: „Verpächter wollen oft nicht, dass auf ihren Ackerflächen Gehölzstreifen oder Hecken gepflanzt werden. Deshalb scheiden Pachtflächen für Agroforstsysteme meist aus“, erläutert Naturland Berater Stefan Veeh. Kein kleines Problem, sind doch knapp 60 Prozent aller landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen in Deutschland gepachtet.
Ein Lichtblick: Mit der EU-Agrarreform, die 2023 in Kraft tritt, können erstmals auch Agroforstflächen gefördert werden. „Wenn die Politik nun ihren Verpflichtungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft nachkommt und dabei Agroforst gezielt fördert, werden wir bald wieder mehr Bäume und Artenvielfalt in unserer Kulturlandwirtschaft finden“, hofft Sebastian Frey.
Über Naturland
Naturland ist einer der größten Bio-Verbände in Deutschland und weltweit. Mehr als 140.000 Bäuerinnen und Bauern in 60 Ländern der Erde zeigen, dass ein ökologisches, soziales und faires Wirtschaften im Miteinander ein Erfolgsprojekt ist. Allein in Deutschland gehören über 4.500 Erzeuger:innen dieser Gemeinschaft an. Weltweit ist die Mehrzahl der Naturland Bäuerinnen und Bauern in Kleinbauernkooperativen und Erzeugergemeinschaften organisiert. Damit steht Naturland wie kein anderer Bio-Verband für den harmonischen Zweiklang von Regionalität und Internationalität in einer globalisierten Welt.
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