Katar rettet polnische Werften

Polen Weil ihre Betriebe als unrentabel galten, flogen die Schiffbauer in Szczecin und Gdynia auf die Straße. Nun gibt es einen neuen Investor, der sie zurückholt

Vor beinahe zwei Monaten wurden die Werften in Szczecin und Gdynia verkauft, doch war bis zuletzt nicht bekannt, wer der neue Besitzer sein würde. Seit der Transaktion im Mai verbarg sich der Investor hinter dem Label United International Trust – ein Unternehmen dieses Namens hatte an der damaligen Versteigerung teilgenommen. Inzwischen weiß man, wer damit gemeint ist: Neuer Besitzer ist die größte katarische Investitionsbank Qinvest. Die wichtigste Nachricht für Tausende von Mitarbeitern lautet, dass an beiden Standorten wieder Schiffe gebaut werden, nachdem beide seit Anfang Juni geschlossen blieben.

Der bisherige Besitzer, die polnische Regierung, war von der EU-Kommission zu diesem Schritt gezwungen worden. Brüssel hatte in seiner Funktion als Wettbewerbsaufsicht befunden, die seit Jahren fließenden staatlichen Subventionen seien rechtswidrig. Immerhin vier Milliarden Zlotys (etwa 900 Millionen Euro) hatte Warschau seit 2004 in die Produktion von Schiffen in Szczecin und Gdynia sowie die Werft in Gdansk gepumpt. Nach Auffassung der EU sollte das Geld zurückgezahlt werden, was die sofortige Pleite aller drei Unternehmen bewirkt hätte. Daraufhin schlug die EU-Kommission vor, die Werften in Szczecin und Gdynia zu verkaufen, aber nicht als Paket, sondern in mehreren Teilen. Für die Betriebe bedeutete dies, dass sie von den neuen Investoren ohne jegliche Schulden und Zahlungsverpflichtungen übernommen werden konnten. Und es gab eine weitere Empfehlung für den potenziellen Käufer: Der neue Eigentümer müsse sich nicht einer Fortsetzung des Schiffbaus verpflichtet fühlen. Da die Werft in Gdansk zu diesem Zeitpunkt schon verkauft war, galt für sie eine andere Projektion.

Rückkehr der Belegschaften

Doch die Kauffreude möglicher Erwerber hielt sich in Grenzen, trotz früheren Interesses mehrerer Firmen, darunter aus Norwegen und Polen, reichte nur ein Investor im Mai sein Angebot ein: Der wollte knapp 400 Millionen Zloty (knapp 100 Millionen Euro) zahlen und firmierte unter der bereits zitierten Bezeichnung United International Trust. Es gehe diesem Bieter um die „strategischen“ Bestandteile beider Werften, wie es offiziell von der Regierung in Warschau hieß. Angeblich wusste nicht einmal der Wirtschaftsminister und Vizepremier Waldemar Pawlak, wer sich hinter dem Interessenten verbarg. Dies sorgte für Verwirrung und Verunsicherung, bis sich am 30. Juni der Investor selbst vorstellte. Qinvest tat dies mit der für Sczcecin und Gdynia guten Nachricht, dass in den Werften weiter Schiffe gebaut würden: in Gdynia drei bis vier Gasschiffe pro Jahr – in Szczecin spezielle Schiffseinheiten und verschiedene Stahlelemente. Etwa die Hälfte der ehemaligen Mitarbeiter wird wieder eingestellt – zirka 3.000 in Gdynia und fast 2.000 in Szczecin. Von diesen Szenarien abgesehen, sollten beide Werften zu einem Unternehmen verschmelzen, das durch eine neu gegründete Gesellschaft Polnische Werften verwaltet wird. „Wir werden aus den Werften eine rentable Firma machen“, sagte Jan Ruurd de Jonge, der Vorstandvorsitzende. Er wird unterstützt von den ehemaligen polnischen Geschäftsführern, die sich darauf verlassen könnten, dass die ganze Transaktion von der Quatar Islamic Bank gesichert, so Schatzminister Aleksander Grad. Die EU-Kommission habe diesen Verkauf mit all seinen Umständen akzeptiert.

Unabhängig von Russland

Der Verkauf der Werften ist eines von vielen Geschäften zwischen Polen und Katar: Am 29. Juni wurde in Warschau ein Vertrag über Lieferungen von Flüssiggas unterschrieben. Laut der Vereinbarung versorgt Katar ab 2014 Polen für 20 Jahre mit einer Million Tonnen Gas jährlich. Aus Katar wird der Stoff auf speziellen Schiffen nach Swinemünde geliefert, wo extra ein Gashafen gebaut werden soll. Diese Schiffe sollen in den beiden polnischen Werften gebaut, wie Qinvest ankündigte. Der Gasvertrag mit Katar ist für Polen eine als notwendig empfundene Strategie, um sich von den Lieferungen aus Russland unabhängiger zu machen, denn bisher bezieht man 70 Prozent des importierten Gases von dort.

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