Evolutionäre Gewaltstrategie

bei Schimpansen Gewalt ist imTierreich selbstverständlich. Innerhalb der Arten wirkt strategische Gewalt.

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Ich versuche die Intention der Autoren zu treffen. Natürlich verkürze ich und ordne um. Eigene Gedanken und Ansichten sind kursiv.

Gewalt tritt innerartlich und zwischen den Arten auf.

Zwischen den Arten ist es im Wesentlichen das Jäger-Beute- bzw Parasiten-Prinzip. Jäger wie Parasiten kennen gegenüber ihrer Opfer keine Gnade, die hier herrschende, zum großen Teil brutale und mitleidlose Gewalt braucht keine weitere Begründung. Die Opfer versuchen sich mit ihren Mitteln zu wehren, ebenso wirsam wie möglich.

Sollte es noch andere Ursachen für aktive zwischenartliche Gewalt gegen, bin ich auf Information gespannt. So weit habe ich mich nicht in das Thema vertieft, und Pinker bringt es nicht ganz so systematisch.

Innerartliche Gewalt entsteht besonders bei Herdentieren durch die Konkurrenzsituation, die praktisch immer vorliegt. Bei reichlich Ressourcen steigt die Vermehrungs- und Überlebensrate, so daß bald wieder Mangel herrscht. Es handelt sich also um ein systemimmanentes Prinzip. Es gibt verschieden gute Futterplätze, Reviere werden verteidigt, es bilden sich Rangordnungen.

David Buss: evolutionäre Psychologie.

Konkurrenz durch Geschlechterdiffernzierung.

Das Geschlecht, das mehr Aufwand in die Nachkommen investiert, wählt seinen Partner nach Fähigkeit und Bereitschaft, diesen Aufwand mit zu ermöglichen. Das andere Geschlecht wird daher körperlich stärker. Meistens sind es die Männchen. Bei seltenen Ausnahen, wenn sich die Männchen um die Jungen kümmern, sind die Weibchen stärker.

Ich war schon versucht, diese Arten als exotisch zu bezeichnen. Doch ich nenne lieber den Mainstream exotisch, das hat mehr Pep.

Gerade bei stärkeren Männchen sind Weibchen eine bedeutende Ressource. Ein Männchen kann durch mehrere Weibchen die Vermehrungsrate steigern, die Weibchen durch mehrere Männchen nicht. Es gibt allerdings die Taktik der Weibchen in Herden, bei prinzipiell stabilen Paarungen durch gelegentliches Fremdgehen mit ranghöheren Männchen die Überlebensfähigkeit des Nachwuchses zu steigern. Irgendwo mal gelesen.

Weiter mit Pinker.

Da Individuen der gleichen Art im wesentlichen mit den gleichen Möglichkeiten ausgestattet sind, ist diese Aggression durch Selektion so gestaltet, eigene Schäden zu vermeiden. Es ist daher kein Trieb, der abreagiert und befriedigt werden muß, sondern Gewalt tritt strategisch bei Gelegenheiten auf, in denen bei geringem Risiko der zu erwartende Gewinn überwiegt. Gerade bei intelligenten Rassen wägt das einzelne Tier die Situation ab. Allerdings ist die grundsätzliche Gewaltbereitschaft nicht selber kalkuliert, sondern vererbt. Es herrscht also eine Mischung aus spontanen und genetisch bedingten Handlungen.

Am Beispiel der Schimpansen, unserer nächsten Verwandten, soll dies erläutert werden.

Schimpansen leben in Herden bis zu 150 Tieren. Zur Nahrungssuche teilen sie sich in Trupps zwischen ein und fünfzehn Tieren auf. Treffen sie an den Reviergrenzen aufeinander, hängt der weitere Verlauf von der Anzahl der Tiere ab.

Sind es in etwa gleich viele, wird gebrüllt, mit Ästen und Steinen geworfen. Dann gehen sie auseinander, die kleinere Gruppe kann sich langsam zurückziehen. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Ritual, sondern dieses Verhalten ist Resultat aus der hier beschriebenen grundsätzlicher Gewaltbereitschaft und Vorsicht.

Ist ein Trupp überlegen, ab dem Verhältnis 1:3, entscheidet das Geschlecht der Unterzähligen. Heranwachsende empfängnisbereite Weibchen werden von den Männchen gekrault, sie versuchen sie sich mit ihnen zu paaren. Eventuelle Junge weden gefressen.

Männchen werden mit mörderischer Wildheit aus ihrem Verband getrennt und getötet. Zwei halten es fest, die anderen schlagen zu, beißen Genitalien ab, verdrehen die Gliedmaßen, reißen Fleisch vom Körper. Einmal wurde beobachtet, wie alle Männchen einer anderen Gruppe angegriffen wurden: Vorstufe des Völkermords. Es gibt neben zufälligen Begegnungen auch Grenzkontrollen, in denen Trupps von Männchen einzelne Artgenossen aufspüren.

Auch innerhalb der Herde treten Morde auf. Eine Gruppe von Männchen tötet einen Konkurrenten. Ein kräftiges Weibchen, unterstützt von anderen Männchen oder Weibchen tötet die Nachkommen einer schwächeren Mutter.

Der Zusammenschluß von Männchen zu aggressiven Überfällen auf Artgenossen in und außerhalt der Herde ist eine erfolgreiche Strategie, um die Vermehrungsrate zu steigern. Die Angreifer nutzen immer unfaire Situationen, in denen sie so überlegen sind, daß sie nicht mit eigenen Verletzungen rechnen müssen. Beobachtungen über längere Zeit bestätigten dies als übliches Verhalten. In manchen Gemeinschaften kamen über ein Drittel der Männchen ums Leben.

Manchmal beziehen die Schimpansen das Revier der Besiegten sofort. Doch oft ist der Nutzen dieser Aggressionen indirekt: das Revier wird erst vergrößert, nachdem die Gegner ausreichend geschwächt wurden. Daher die Bezeichnung strategische Gewalt. Die Weibchen werden meist übernommen.

Pinker : Gewalt. Eine neue Geschicht der Menschheit

Buss: Evolutionäre Psychologie

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Geschrieben von

alalue

In einer Demokratie darf jeder so blöd sein wie er kann

alalue

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