Dank Merz heißt der Kanzlerkandidat Söder

Union Das Desaster an der Spitze der CDU wird offensichtlich: Es ist eine führungslosen Partei mit drei viel zu schwachen Konkurrenten um den Parteivorsitz
Ausgabe 44/2020
Er ist jetzt der Partei-Outlaw: Friedrich Merz
Er ist jetzt der Partei-Outlaw: Friedrich Merz

Foto: Maja Hitij/Getty Images

Eines gleich vorab: Wo Friedrich Merz recht hat, hat er recht. Und das gleich mehrfach. Zum einen hätte man den soeben schon zum zweiten Mal verschobenen CDU-Parteitag natürlich am 4. Dezember abhalten können – als Präsenzparteitag unter maximalen Sicherheitsvorkehrungen etwa in einem Stadion oder auch digital, mit Vorstellungsrunde und anschließender Briefwahl der Delegierten. Deshalb, so Merz ebenfalls zu Recht, lässt sich die Absage in der Tat mit Corona nicht begründen – zumal die Virus-Lage im Frühjahr 2021 keine bessere sein dürfte.

Merz hat aber sogar noch ein drittes Mal recht, nämlich mit seiner Vermutung, dass „beachtliche Teile des Partei-Establishments verhindern wollen“, dass er Parteivorsitzender wird. Und das aus gutem Grund, wie Merz’ jüngste Attacke ihrerseits gezeigt hat. Mit einem solch populistischen Amoklauf fast im Trump-Stil – und gegen die gesamte CDU-Führung – kann man eine Partei nicht ernsthaft hinter sich vereinen wollen.

Merz’ Empörungskampagne war insofern völlig unstrategisch – und hat doch zugleich klare Verhältnisse geschaffen. Denn damit hat Merz seine eigenen Chancen zerstört und die der anderen Kandidaten gleich mit: Merz ist jetzt der Partei-Outlaw; Laschet, ohnehin durch seine Auftritte in der Coronakrise massiv geschwächt, gilt nun auch noch als derjenige, der mit dem Establishment die Strippen zieht; und Röttgen hatte ohnehin von Beginn an keine hinreichende Verankerung in der Partei.

Merz, das ist sein „Verdienst“, hat das ganze Desaster an der Spitze der CDU offengelegt – das Elend einer führungslosen Partei mit drei viel zu schwachen Konkurrenten um den Parteivorsitz. Nach der schier endlosen Merkel-Ära besteht nun ein absolutes Machtvakuum. Das ist der GAU für die CDU. Das aber macht den ohnehin wahrscheinlichsten Kandidaten nun fast unausweichlich: Markus Söder. Denn bei alledem geht es ja letztlich nur am Rande um den CDU-Vorsitz, sondern in Wahrheit immer vor allem um eines: die Kanzlerkandidatur.

Und nicht zuletzt deshalb wünscht – und braucht – die CDU vor allem einen Parteivorsitzenden, der in der Lage ist, auch zugunsten eines Anderen, Stärkeren, auf die Kanzlerkandidatur zu verzichten. Denn das allein zählt am Ende: Derjenige wird Kandidat, der die besten Chancen hat, zu gewinnen – und damit auch die meisten Mandate zu sichern.

Merz aber – das ist sein zweites zentrales Problem – wäre mit Sicherheit der Letzte, der als CDU-Parteichef auf die Kanzlerkandidatur verzichten würde. Röttgen hingegen hat dazu seine Bereitschaft bereits erklärt. Und Laschet ist das auch zuzutrauen – zumal dann, wenn seine Umfragewerte weiter im Keller bleiben. Laschets größte Chance, trotz miserabler Corona-Performance wenigstens Parteichef zu werden, dürfte daher darin bestehen, im neuen Jahr den Weg frei zu machen für den Mann, der die besten Kanzlerchancen hat – eben Söder.

Wer aber wollte ernsthaft daran zweifeln, dass dann, wenn der Ruf der CDU nach dem Retter erschallt, der bayerische Machtmensch auch nur eine Sekunde zögern würde, nach der Kandidatur zu greifen? Immer vorausgesetzt, dass dann auch noch seine Umfragewerte stimmen. Der CDU-Wahlparteitag könnte dann gleich zum doppelten Krönungsparteitag werden – für den CDU-Übergangschef Laschet, aber vor allem für den Kanzlerkandidaten Söder.

Albrecht von Lucke ist Jurist, Politologe und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik

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