Disneyland und Sloterdijk

Milliardäre Die Giving Pledge-Initiative von Bill Gates & Co ist in Deutschland auf ein geteiltes Echo gestoßen. Sollen die Reichen mehr spenden – oder höhere Steuern bezahlen?

Die Debatte über die The Giving Pledge-Initiative amerikanischer Milliardäre hat auch in Deutschland die Forderung nach einer größeren Spendenbereitschaft von Reichen angeheizt. SPD und Grüne nannten den Vorstoß ein "gutes Vorbild", sprachen sich jedoch auch für eine stärkere Besteuerung von Vermögenden aus. Die Linkspartei sieht in diesem ganzen Spektakel eine Art „Disneyland“ und fordert eine Millionärssteuer in Höhe von fünf Prozent auf Vermögen über eine Million Euro. Dies brächte 80 Milliarden Euro im Jahr für wichtige Zukunftsinvestitionen.

In den Zeitungen ist das Projekt von Bill Gates Co auf ein unterschiedliches Echo gestoßen: Ulf Poschardt fordert in der Welt niedrigere Steuersätze und damit größere finanzielle Spielräume für die Wohlhabenden. Er ist der Ansicht, dass Privatpersonen ihre Spenden viel klüger für soziale Projekte ausgeben, als dies der Staat mit seinen Steuereinnahmen tut. Für Deutschland wünscht er sich ein „Amerikanisches Modell“ mit einem leistungsfreundlichen Steuersystem für Topverdiener, dass zu einer dynamisierten Wohlstandsentwicklung führen würde. In seinem Beitrag bezieht sich Poschardt auf den umstrittenen Essay "Die Revolution der gebenden Hand" von Peter Sloterdijk, der im Juni vergangenen Jahres in der Frankfurter Allgemeinen erschien. In diesem Artikel plädiert Sloterdijk für eine neue Kultur des Spendens und für eine Abkehr vom steuerstaatlichen "Semi-Sozialismus der bundesrepublikanischen Wärmestube".

Christoph Albrecht-Heider von der Frankfurter Rundschau findet die Selbstinszenierung der Milliardäre als wohltätige Spender dagegen bedenklich. In seinem Artikel „Spenden statt Steuern“ weist er zudem darauf hin, dass Stiftungen wiederum von der Steuer abgesetzt werden können. Auch Heribert Prantl erläutert in seinem Artikel in der Süddeutschen , dass Spenden oft als ein Mittel zur Erlangung des Seelenheils instrumentalisiert werden. Die Spender kaufen sich von den Sünden der Geldmacherei frei und erlangen dadurch ein gutes Gewissen.

In der Passauer Neuen Presse weisen Chris Melzer und Christoph Slangen darauf hin, dass es im Club der wohltätigen Superreichen noch viele freie Plätze gibt. Laut Forbes leben in den USA 403 Milliardäre. Die größte Milliardärsdichte gibt es in New York mit 60, gefolgt von Moskau (50) und London (32). Im Staaten-Ranking liegt China mit 64 Milliardären hinter den USA auf Platz zwei, auf dem dritten Rang landet Russland (62). Und in Deutschland? 53 Milliardäre zählt die Forbes-Liste auf. An der Spitze: Aldi-Besitzer Karl Albrecht (23,5 Milliarden Dollar), Handelskönig Michael Otto (18,7 Milliarden) und der verstorbene Aldi-Bruder Theo Albrecht.

In der Bundesrepublik gibt es übrigens bereits eine Initiative von Millionären , die sich für eine höhere steuerliche Vermögensabgabe einsetzt. Die deutschen Millionäre wollen also, anders als die amerikanischen Milliardäre, freiwillig mehr Steuern zahlen. Im Freitag erklärt Bruno Haas , Erbe eines großen Vermögens und Mitbegründer der Initiative, weshalb er sich für eine höhere Besteuerung von Reichen einsetzt.

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