Die Kunst des vornehmen Vernichtens

Im Gespräch James Wood vom „New Yorker“ ist der Marcel Reich-Ranicki der amerikanischen Literaturkritik. Alexander Schimmelbusch traf ihn in Berlin
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Der Freitag: In Deutschland gibt es kaum noch Verrisse. Selten nimmt sich jemand die Zeit, ein Buch nach allen Regeln der Kunst in die Pfanne zu hauen. Das ist eigenartig, da die Verrisse in Deutschland traditionell nur so krachten. Vielleicht haben sie von Marcel Reich-Ranicki gehört …

James Wood: Ja klar, ich erinnere mich noch, wie er das Buch von Günter Grass zerrissen hat (lacht). Was hat sich verändert?

Der deutsche Literaturbetrieb ist klein und inzestuös, und alle treffen sich ständig auf Drinks, insbesondere in Berlin, und jeder verkneift sich seine Verrisse, um unangenehme Situationen auf Cocktailpartys zu vermeiden.

In London ist es genauso.

Sie scheinen keine derartigen Skrupel zu haben.

Nein, habe ich nicht, obwohl es gewisse Anstandsregeln gibt, a