Viel Hoffnung wurde und wird in die Auswirkungen der Bundesverfassungsgerichtsurteils zu Hartz-IV gesetzt. Das Gericht allerdings urteilte nicht ausdrücklich über die Höhe der Regelsätze, mahnte aber die Beachtung der Menschenwürde an. Nicht vorgelegt zur Entscheidung waren die gemäß Asylbewerberleistungsgesetz gezahlten Sätze. Die betragen, falls nicht gleich Sachleistung plus Taschengeld angeordnet wird, lediglich ein Drittel der Regelsätze. Das heißt, ca. 225 Euro für einen Erwachsenen, und ganze 132,92 Euro für ein unter sechs Jahre altes Kind.
Hinzu kommen Einschränkungen bei der Gesundheitsversorgung. Letztere können vor allem dann zu einem Dauerproblem werden, wenn während jahrelanger Asylverfahren Folteropfer nur die notwendigsten Behandlungen genehmigt werden, von psychologischer Betreuung ganz zu schweigen. Spätfolgen sind dann oft gar nicht mehr heilbar.
Das gilt auch für traumatisierte Kinder. Auf die nimmt allerdings auch niemand Rücksicht, wenn sie in für Kinder völlig ungeeignete Wohnheime eingewiesen werden, das Taschengeld nicht für die Schulsachen reicht – und erst recht nicht bei diversen Abschiebeversuchen. Gerade bei Familien, die in ihrer Heimat schon grausame Erfahrungen mit Uniformträgern gemacht haben, werden von Klingel- und Türaufbrechaktionen im Morgengrauen weiter traumatisiert.
Es gibt NGOs, die seit langem die Missstände auf diesem Gebiet anprangern. Die LINKE hat erst kürzlich eine Anfrage gestartet, auf die die Bundesregierung erklärte, die Höhe dieser Zahlungen prüfen zu wollen. Allerdings: Asylbewerber sind keine Wähler – sie haben keine Lobby. Die Gegner aber schon. Hoffen wir auf genügend Öffentlichkeit, dass diese Prüfung nicht nur ein Feigenblatt wird.
Kommentare 5
"Asylbewerber sind keine Wähler".... manchmal befürchte ich schon, dass den 100%-Hartz-IV-Satz-Bedürftigen eines Tages das Wahlrecht beschnitten wird.....
Angesichts mancher Aussagen könnte man das fast erwarten.
Vielleicht möchte auch mancher das Dreiklassenwahlrecht recyclen?
Die Geschichte zeigt ja, dass zumeist nur jene Bürger wählen durften, die Grundbesitz hatten (also vermögend) bzw. Steuer (als arbeitend) zahlten.
Wirklich erschreckend daran ist für mich, dass Hartz IV. ja schon das Existenzminimum darstellt. Wenn also Flüchtlinge, die z.T. alles verloren haben, noch schlechter behandelt werden, ist das für ein Land wie Deutschland nur beschämend. Als die EU eine Regelung einführen wollte, wonach Asylbewerbern grundsätzlich der niedrigste nationale Sozialhilfesatz zusteht, hat vor allem die Bundesregierung dies vehement blockiert und eine Mehrheit gegen diesen Vorschlag im Europäischen Parlament organisiert. Was können denn die Asylbewerber dafür, dass wir unsere Arbeitslosen schon so schlecht behandeln?
Ich hatte in diesem Beitrag die sogenannten Sachleistungen nur kurz erwähnt, obwohl gerade die Gutscheine dazu führen, dass jeder Einkauf zum Spießrutenlauf wird, von der Beschränkung auf bestimmte Geschäfte und Waren ganz zu schweigen.
Die Taz bringt einen sehr lesenswerten Artikel dazu, und über den zivilen Ungehorsam von Menschen, die durch das Kaufen auf Gutschein den Asylbewerbern Bargeld zukommen lassen:
www.taz.de/1/berlin/artikel/1/die-angst-des-fluechtlings-vor-der-kasse/
Perifde die dort zitierte Reaktion der Behörde:
"Über die Gutscheine habe sich bei ihr noch kein Flüchtling beschwert, sagt dagegen die Pressesprecherin des Landrats, Irina Schmidt. "Bislang haben wir nur positive Erfahrungen mit den Gutscheinen gemacht", so Schmidt. Außerdem sei die Gesetzgebung auch im Sinne der Flüchtlinge. Die erhalten nämlich ein Drittel weniger, als Arbeitslosengeld-II-Empfänger. "Deshalb sind Alkohol und Zigaretten für Flüchtlinge gar nicht empfehlenswert." Auf die Frage nach ihrer Haltung zu den Antira-Einkäufen sagt Schmidt, sie habe davon bislang nur aus der Zeitung erfahren. Dass das Gesetz damit einmal monatlich öffentlich unterlaufen wird, spiele für sie keine Rolle. "Wir arbeiten hier nach den Buchstaben des Gesetzes, wir haben ein reines Gewissen", sagt die Pressesprecherin."
Wir führen nur Gesetze aus... aha.