Datenschutz für Ausländer?

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Nun möchte also der Bundesinnenminister für alle Ausländer eine Chipkarte ausstellen. Die kann dann natürlich vielfältig verwendet werden, vor allem, um eine Mitführungspflicht einzurichten und jeden Ausländer jederzeit überall kontrollieren zu können.

Das stieß nun einigen an Datenschutz Interessierten auf. Finde ich gut, denn diese Art der perfektionierten Überwachung lässt es mir kalt den Rücken herunter laufen.

Ansonsten erfreut sich das Thema des Datenschutzes bei Ausländern wenig Beachtung. Dabei werden diese schon lange sehr viel enger überwacht, als es weithin bekannt ist. Ausländerzentralregister, SIS, die Einladerdatei hat man ja gerade noch abgewendet, aber in der ein oder anderen Form kommt sie bestimmt. Schon jetzt kann es jemandem passieren, dass er bei der Abgabe einer sogenannten Verpflichtungserklärung nicht nur ausgefragt wird, sondern auch vorgehalten bekommt, dass er doch schon den oder die in den letzten Jahren eingeladen hätte….

Was aber völlig unbekannt zu sein scheint, ist das Ausmaß an Eingriffen in die Privatsphäre, das sich gerade auch binationale Paare gefallen lassen müssen. Das beginnt mit den Befragungen im Visaverfahren, geht weiter bei Hausbesuchen durch Mitarbeiter der Ausländerbehörden. Die befragen auch gerne Nachbarn. Sehr angenehm.

Noch gruseliger ist es jedoch, wenn ein Partner aus einem Land mit „unsicherem Urkundswesen“ stammt, sprich: die dortigen Urkunden den Deutschen nicht gut genug sind. Dieses Unwerturteil wird einfach von deutscher Bürokratie verhängt, gerne dann, wenn man das Gefühl hat, von dort kämen zu viele Ehepartner. In der Praxis bedeutet das, dass die Auslandsvertretung keine Urkunden mehr legalisiert. Braucht man jedoch eine Geburts- oder Heiratsurkunde für den Familiennachzug oder die Eheschließung, wird ein Geldbetrag – meist zwischen 300 und 500 Euro – verlangt, mit dem dann die Botschaft einem sogenannten Vertrauensanwaltbeauftragt. Der soll dann die Urkunde auf Echtheit überprüfen.

Das ginge ja noch an, wenn er sich damit begnügen würde, zu den jeweiligen ausstellenden Ämtern zu gehen. Dem ist aber nicht so – diese Herrschaften gehen dann an den Geburtsort, fragen Familie, Eltern, Nachbarn, Lehrer über die Person aus. Unter Angabe des Grundes. Sprich: sollte jemand keinen Wert darauf legen, dass das gesamte persönliche Umfeld im Heimatland von der geplanten oder tatsächlichen Hochzeit erfährt, kann er das vergessen. Datenschutz? Was isn das? Fragt die Botschaft.

Davon, dass es etliche der deutschen Auslandsvertretungen nicht schaffen, solche Leute auszuwählen, die Urkunden nicht nur für echt erklären, wenn sie noch mal gut bezahlt wurden, mal ganz zu schweigen.

Und Fingerabdrücke? Die müssen die meisten Ausländer inzwischen schon beim Antrag auf Einreisevisum abgeben. Die WERDEN gespeichert, stehen den Behörden jederzeit zur Verfügung. Daher hielt sich mein Entsetzen gestern etwas in Grenzen.

Was nicht heißt, dass ich nicht gegen dieses neue Überwachungsinstrument wäre. Aber ich fürchte, da ist die Lobby nicht groß genug, um es zu verhindern – und der neue Personalausweis scheint ja genauso auszusehen. Ist der noch zu verhindern?

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Geschrieben von

Alien59

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Alien59

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