Tag des Zorns - Freitag in Ägypten

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Freitag ist in der muslimischen Welt der Tag des Gemeinschaftsgebets am Mittag, in den meisten Ländern arbeitsfrei. In Ägypten wurde heute zu einer landesweiten Großdemonstration aufgerufen, von eigentlich allen Oppositionsparteien, vor allem aber übers Internet von Unabhängigen. Inzwischen haben sich anscheinend alle angeschlossen, auch El-Baradei, der gestern nach Ägypten zurückreiste, auch die Muslimbruderschaft.

Die ägpytische Regierung schlägt zurück - mit Gewalt gegen Demonstranten, Sperren des Internets und Verhaftungen. El-Baradei scheint noch in Freiheit zu sein, ihn zu verhaften wäre international wohl zu riskant, bei den Muslimbrüdern, die sich zunächst völlig von Aufrufen zum Aufstand zurückgehalten hatten, gab es bereits in den letzten Tagen über 100 Verhaftungen, letzte Nacht etliche mehr aus den Führungsreihen.

Zum Teil sollen Freitagsgebete verboten worden sein, ich denke kaum, dass das durchsetzbar sein wird. Seitens christlicher Gruppen (genaueres weiß ich nicht) wurde daraufhin angeboten, bei diesen Gebeten Schutz vor der Polizei zu bieten.

Im Moment soll es auf den Straßen Kairos ruhig sein - Nachrichten fließen langsam, von Ägyptern und ihren Freunden aus dem Ausland werden technische Tips und Ausweichmöglichkeiten herumgereicht. Auch Jacob Applebaum hilft, wo er kann. Sowohl mit Tor, als auch mit der Nachricht über gesperrte und offene Seiten. Noor DSL ist nicht gesperrt, da dort Banken und Börse dran hängen. Leider bin ich technisch nicht versiert genug, um mehr dazu zu schreiben, ich kann das nur so weitergeben.

Gespenstisch fand ich dann heute früh die Nachricht, dass der US-Senator Liebermann gerade vor drei Tagen einen erneuten Vorstoß für einen Gesetzentwurf zur Möglichkeit der Sperrung des Internets eingereicht hat. Ebenso aber, dass seit dem 15. Januar ein Detachment der Groton Guard aus Conneticut auf Sinai-Halbinsel stationiert ist. Eine Einheit mit Kampferfahrung aus Afghanistan und Irak.

Weltweit, denke ich, sind es Millionen von Menschen, die heute morgen wie ich vor dem Computer oder dem Fernseher sitzen, fast mit angehaltenem Atem abwarten. Nicht ohne böse Befürchtungen - Mubaraks Armee steht ihm viel näher als die tunesische ihrem Ex-Diktator, und es ist nicht ausgeschlossen, dass der alte Despot es mit äußerster Gewalt versucht.

Warten.

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Geschrieben von

Alien59

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Alien59

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