Warum sie? - Die Auswahl der Opfer

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Über die Täter und die Weggucker wird viel spekuliert und geschrieben. Ich habe in meinem Artikel, aber auch in diversen Kommentaren die Frage nach der Auswahl der Opfer aufgeworfen. Die stellte sich mir, auch wenn ich damit ziemlich allein zu sein schien, da ich mich wunderte, wie eine Gruppe relativ junger Thüringer im Westen einzelne Geschäftsleute ausgesucht haben sollte, wenn da nicht jemand beriet.

Offiziell lese ich zu diesem Thema noch immer nichts, aber in einem - insgesamt lesenswerten - Interview mit Bernd Wagner in der FR sagt der folgendes:

Haben die Zwickauer Terroristen ihre Opfer zufällig gesucht?


Eher nicht. Es ist eine mögliche Hypothese, dass diese Gruppe auch als „Schakal“ in Erscheinung getreten ist. Das heißt, dass die Terroristen vielleicht im Auftrag und auf Anforderung von regionalen und lokalen Strukturen Taten ausgeführt haben könnten.


Was bedeutet die Liste mit Tausenden Namen und Privat-Adressen, die in Zwickau gefunden wurde?


Wir müssen davon ausgehen, dass es bundesweite Vernetzungssysteme der Rechtsextremen gibt, die Nachrichten sammeln. Es gibt Neonazis, die eine Art nachrichtendienstliche Arbeit für die Szene leisten. Es werden dann Listen generiert, die für unterschiedliche Zwecke nutzbar sind. Möglicherweise hat die Gruppe solche Listen übernommen.


Die Terror-Zelle wäre dann also nicht Hersteller, sondern Empfänger der Liste?


Richtig. Das sollte man annehmen. Die Zelle könnte Empfänger von bundesweiten Recherche-Ergebnissen der militanten Szene sein. Solche Listen werden aus unterschiedlichen Quellen zusammengestellt. Manche sind sehr detailreich und beinhalten auch staatliche Informationen, die normalerweise geheim gehalten werden. Ich weiß, dass etwa Daten der Bundesagentur für Arbeit und anderer offizieller Stellen angezapft wurden. Rechtsextreme Anwälte haben zudem die Möglichkeit, im Auftrag von Neonazis Melderegisterdaten von politischen Gegnern einzusehen und weiterzugeben. Und rechtsextreme Wachschutz-Mitarbeiter haben zahlreiche Observationsmöglichkeiten. Es gibt auch einzelne Informanten der Rechtsextremen innerhalb der Polizei, die an Neonazis konspirativ Auskünfte aus polizeilichen Speichern weitergeben. Die Liste der Zwickauer Zelle ist offensichtlich mit Hilfe eines Netzwerkes erstellt worden, mutmaßlich auch mit Daten aus staatlichen Quellen.


Die Hervorhebung ist von mir, meine Vermutungen gingen in die gleiche Richtung. Aber auch die weiteren Erklärungen über Arbeitsweise und Zusammenhänge sollte man sich genau ansehen. Da steckt weit mehr drin als nur schlampige Ermittlungen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Alien59

Nächster Versuch. Statt PN: alien59(at)live.at

Alien59

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden