Al-Jazeerah veröffentlichte Unterlagen aus den Verhandlungen der Palestinan Authority (PA) mit den Israelis. Diese zeigen, wenn sie echt sind – was kaum bezweifelt wird – dass die PA Zugeständnisse machen wollte, die die angeblich von ihr vertretenen Palästinenser niemals mitgetragen hätten.
Dazu gehören neben der Aufgabe von Staatsgebiet, auch in Jerusalem, vor allem das Recht auf Rückkehr. Über die Grenzziehungen wird viel geschrieben, auch beim Freitag ist ein lesenswerter Artikel dazu erschienen, aber das Recht auf Rückkehr, das ich hier im blog bereits vor einiger Zeit kurz ansprach, wird meist wenig geredet und noch weniger verstanden, wie mir scheint.
Vielleicht auch, weil Hintergründe und Tatsachen zu wenig bekannt sind.
Bereits 1948 flohen viele Palästinenser aus ihren Häusern, in der Annahme, in wenigen Tagen oder Wochen zurückkommen zu dürfen. Weitere Kriege lösten weitere Flüchtlingswellen aus. Ein Großteil dieser Menschen und ihrer Familien lebt noch heute in Provisorien – auch, z.B., in Deutschland, wo sehr viele nicht einmal eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, das heißt, oft keine Arbeitserlaubnis, selbst wenn, oft keine Arbeit – weil der Papierkrieg Arbeitgeber abschreckt. Das gilt auch für Ausbildungsstellen. Selbst die Schulpflicht für Flüchtlingskinder war lange strittig.
In Nachbarländern Palästinas gibt es vielfach verfestigte Flüchtlingslager – die libanesischen sind berüchtigt. Integriert werden die Palästinenser nur in den wenigsten Fällen – glücklich sind die, die einen Pass eines Einwanderungslandes wie Kanada, Australien etc. erhalten haben, deren Kinder haben eine gesicherte Zukunft. Die arabischen Ländern jedoch haben keinen Grund, die Palästinenser zu integrieren – sie sind keine Einwanderungsländer. Gerade im Libanon und in Jordanien würde eine solch große Gruppe als Wahlberechtigte den Charakter des Landes völlig verändern können – in Jordanien ist daher der Zorn über die Handlungsweise der PA besonders groß. Abbas wird in Zukunft wohl nicht mehr auf Unterstützung aus Jordanien rechnen können – auch wenn er derzeit die Echtheit bestreitet und man gestern in Ramallah den Boten köpfen wollte – es gab einen Angriff auf Al-Jazeerah, eines ihrer Fahrzeuge wurde in Brand gesetzt.
Ein Alleingang der PA bei der fast kompletten Aufgabe des Rechts auf Rückkehr isoliert sie von sämtlichen arabischen Staaten – die nämlich eben aus dem Grund, dass sie durch die Flüchtlinge in ihren Ländern mitbetroffen sind, auch mit entscheiden wollen.
Die Hamas hat gestern ausdrücklich der PA die Vollmacht für Verhandlungen entzogen.
Die verstreut lebenden Palästinenser sind noch weitaus wütender. Sie fühlen sich verkauft – zu recht. Sich – und vor allem ihre Kinder, für die sie eine Zukunft, ein Leben, fordern. Nur als Hohn kann man Äußerungen wie die von Condolezza Rice verstehen, vielleicht würden ja Chile oder Argentinien Land für die Palästinenser zur Verfügung stellen. Warum nicht gleich Uganda oder Madagaskar?
Verraten und verkauft. Und wütend.
Linkliste:
If it’s true, it is treason – ich habe mir erlaubt, diesen Titel in Deutsch für meinen Artikel zu wählen
PA selling short the rights of the refugees – AJ
The Price of Jerusalem - von Jody McIntyre, Independent, UK
Dieser Artikel erschien zuerst auf meinem Blog: "News from Palestine"
Kommentare 29
Bereits 1948 flohen viele Palästinenser aus ihren Häusern, in der Annahme, in wenigen Tagen oder Wochen zurückkommen zu dürfen. Weitere Kriege lösten weitere Flüchtlingswellen aus. Ein Großteil dieser Menschen und ihrer Familien lebt noch heute in Provisorien... (...) In Nachbarländern Palästinas gibt es vielfach verfestigte Flüchtlingslager – die libanesischen sind berüchtigt. Integriert werden die Palästinenser nur in den wenigsten Fällen...
Diese Geschichte mit den verfestigten Flüchtlingslagern ist für mich schon lange eine sehr merkwürdige Sache. Wir haben/hatten ja in Deutschland eine durchaus ähnliche Situation. 1945 und danach flohen viele Deutsche aus Ostpreußen, Schlesien oder dem Sudetenland nach Rest-Deutschland oder sie wurden vertrieben. Sie wurden in Lagern untergebracht, in denen sie einige Jahre lang blieben. Man war hier aber sehr bestrebt, diese Menschen möglichst schnell zu integrieren (1), das heißt verstreut (2) in normalen Wohnungen unterzubringen, was nicht einfach war bei den Kriegszerstörungen.
Wieso ist das eigentlich in den arabischen Ländern rund um Israel herum nicht geschehen?
Die Stimmung gegenüber Polen, der Tschechoslowakei etc. war hierzulande jahrzehntelang sehr feindselig, die Vertriebenenverbände haben sie fleißig geschürt. Inzwischen gibt es nur noch sehr wenige Heimatvertriebene, die noch eigene Erinnerungen an ihre alte Heimat haben, bei den Nachkommen der Vertriebenen (ich bin so einer) ist der Wunsch, zurückzukehren, so gut wie nicht mehr vorhanden. Selbst wenn das Sudetenland wieder deutsch würde (was Gott verhüten möge) - was sollte ich in einem fremden Land?
Ich wage nicht, mir vorzustellen, was hier los wäre, wenn die Heimatvertriebenen immer noch in Lagern leben würden.
Ich habe mir die Nicht-Integration der Palästinenser immer so erklärt, daß die arabischen Länder den Konflikt mit Israel auf Deibel komm raus am Kochen halten wollten, die Wunde sollte nicht durch Zeitablauf verheilen.
Sehe ich das falsch? (Ich weiß zu wenig über Arabien, um mir ein wirkliches Urteil drüber zu erlauben.)
Ciao
Wolfram
(1) Es gab auch hier jahrelanges erhebliches Mißtrauen und Ablehnung der Heimischen den Vertriebenen gegenüber, obwohl die Neuen keine Moslems waren.
(2) Es wurden auch neue Städte gegründet, die Vertriebenen aufzunehmen, fünf in Bayern, je eine in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.
Ich habe auf das Argument gewartet. Es kommt interessanterweise in Deutschland jedesmal.
Ich denke, ein Hauptunterschied ist, dass zwar für Europäer und Amerikaner das erst mal alles "Araber" sind - aber nicht intern.
Die Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten waren Deutsche. Die Palästinenser sind aber keine Libanesen, keine Jordanier und keine Ägypter. Da gibt es, trotz gleicher Sprache, doch einige Unterschiede - und gerade die Jordanier unterscheiden sich nicht unwesentlich.
Gerade in den kleineren Ländern, die die Hauptlast tragen - also Jordanien und Libanon - kommen zwei weitere Punkte hinzu: der eine das politische Gewicht, das eine so große Einwanderergruppe hätte - in Jordanien ist man da äußerst empfindlich, auch in Erinnerung an die siebziger Jahre! - und die wirtschaftlichen Folgen. Keines der Länder hat ein der deutschen Nachkriegszeit vergleichbares "Wirtschaftswunder" je gehabt. Ohne das wäre die Situation auch in D anders gewesen, denke ich.
Dort - du schreibst ja selbst über die Ablehnung, und ich kann mich aus meiner Kindheit in den sechzigern durchaus an die abfälligen Worte über "Flüchtlinge" erinnern - kam hinzu, dass man ja in den meisten Fällen nicht einfach vom Namen auf die Herkunft schließen konnte. Bei den arabischen Namen ist das für Araber durchaus möglich - und bei dem Stellenwert von Familienbeziehungen wird explizit danach gefragt.
Der Punkt, den du nennst, kommt natürlich auch dazu: Jerusalem ist nach Mekka und Medina eine der heiligen Stätten des Islam - diese ganz aufzugeben, oder dem durch die Assimilation der Flüchtlinge Vorschub zu leisten bzw. diesbezüglich israelische Hoffnungen zu wecken, stand nie auf einer arabischen Agenda.
Dazu nutzte man dann auch gerne über den Westen eingesickertes Gedankengut: Pässe, Aufenthaltserlaubnisse und ähnliche Folterinstrumente.
Nur, und daher auch im Artikel mein Schlenker nach Deutschland: es sind eben nicht nur die arabischen Staaten, die auf diese Weise den Flüchtlingen keine Alternative boten und bieten. Auch europäische Länder - allen voran eben Deutschland, wo auch dort geborene Kinder von staatenlosen Palästinensern keinen Pass und keine Rechte haben.
Das ist ein brisantes Beispiel, welche Wirkung die Veröffentlichung von "Geheimnissen " haben kann. .
Und viele, viele Möglichkeiten, was die palästinensicheen Verhandlungsführer dazu gebracht haben könnte, so weitgehende Zugeständnisse zu machen. Auch Pokern kann dazu gehört haben. Es kann aber auch eine Fälschung sein, die Abbas schwächen soll.
Wer hat den Interesse daran, solche Papiere an die Öffentlichkeit zu bringen. Doch sicherlich jene, die die Gemäßigten schwächen wollen.
Die Flüchtlingslager waren wohl in allen Ländern immer Faktoren der Instabilität, auch mit der Absicht, alles "offen" zu halten.
1970 hat der jordanische König die PLO mit Yasser Arafat nach dem Libanon vertrieben. Von dort musste er dann nach Lybien and so on. Solche politischen Kräfte wie die PLO und die Flüchtlinge waren "Ein Staat im Staate". Die Hintergründe sind - wie immer - komplizierter, als man jetzt darstellen kann.
Aber es ist verständlich, dass es für Jordanien ein wichtiges Ziel wäre, wenn sich die Zahl der Flüchtlinge wenigstens verringerte.
@Alien59
Ich habe auf das Argument gewartet. Es kommt interessanterweise in Deutschland jedesmal.
Ich möchte meine Anmerkungen nicht als "Argument" verstanden wissen, es handelt sich tatsächlich um eine Frage, eine echt, keine rhetorische. Von den Verhältnissen im Nahen Osten weiß ich viel zu wenig, um hier schneidig argumentieren zu können. Ich argumentiere nicht gegen dich, ich frage dich.
Dein absolut perfektes Deutsch (besser als das der meisten hier Schreibenden, das ist kein Kompliment, sondern eine Feststellung) sagt mir, daß du hier in Deutschland aufgewachsen sein mußt, also in beiden Kulturen zuhause bist. (Ist dein Arabisch genauso perfekt oder fällst du dort durch Grammatikfehler oder einen deutschen Akzent auf?)
Ich denke, ein Hauptunterschied ist, dass zwar für Europäer und Amerikaner das erst mal alles "Araber" sind - aber nicht intern.
Die Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten waren Deutsche. Die Palästinenser sind aber keine Libanesen, keine Jordanier und keine Ägypter. Da gibt es, trotz gleicher Sprache, doch einige Unterschiede - und gerade die Jordanier unterscheiden sich nicht unwesentlich.
So einfach ist es auch bei den Vertriebenen nicht. Die Sudetendeutschen waren erst zwischen 1938 und 1945, nach der Okkupation der Tschechoslowakei durch Hitler, deutsche Staatsbürger. Historisch gesehen ist das nur ein Augenblick. Zuvor waren sie jahrhundertelang österreichische Staatsbürger.
Und die Vertriebenen waren in Deutschland ziemlich lange keineswegs bereitwillig aufgenommene Landsleute, sondern mißtrauisch beäugte Fremde. Als Kind haben wir uns, in den fünfziger Jahren, noch Schlachten geliefert mit den Kindern aus der Bürgerwaldsiedlung, die aus Vertriebenenfamilien stammten und Hochdeutsch sprachen. Ich weiß, ich war damals auf der falschen Seite, aber die Kinder aus meiner Blasn waren Einheimische, ich sprach selber bayerisch wie sie und die politischen Zusammenhänge waren mir als Achtjährigem noch nicht so vertraut.
Was die Länder (Nationen?) im Nahen Osten betrifft: Waren die nicht Produkte des türkischen, später dann europäischen Kolonialismus? Hat man sich nicht die Gebiete unter den Nagel gerissen und dann nach eigenem Gutdünken in Staaten aufgeteilt? (Wieder nur eine Frage, kein Einwand.)
Gerade in den kleineren Ländern, die die Hauptlast tragen - also Jordanien und Libanon - kommen zwei weitere Punkte hinzu: der eine das politische Gewicht, das eine so große Einwanderergruppe hätte - in Jordanien ist man da äußerst empfindlich, auch in Erinnerung an die siebziger Jahre! - und die wirtschaftlichen Folgen.
Die siebziger Jahre. Da gab es längst die Palästinenser als eigene Bevölkerungsgruppe in ihnen jeweils mißtrauisch gegenüberstehenden Staaten. Gerne benutzt, wenn es gegen Israel ging, ansonsten aber eher lästige Leute. Natürlich würde es heute diese Länder durcheinanderbringen, wenn man die Palästinenser zu vollwertigen Staatsbürgern mit Wahlrecht machte, in den fünfziger Jahren wäre das vermutlich noch anders gewesen.
Keines der Länder hat ein der deutschen Nachkriegszeit vergleichbares "Wirtschaftswunder" je gehabt. Ohne das wäre die Situation auch in D anders gewesen, denke ich.
Ich frage mich, ob nicht das Wirtschaftswunder gerade eine Folge des Flüchtlingszustroms und der relativ raschen Integration dieser Flüchtlinge war, ob nicht deren Arbeitskraft und Know-how ein wesentlicher Faktor des Wiederaufbaus war.
Ich habe jetzt keine Zahlen vorliegen, aber ich vermute mal, daß der weitaus größte Teil der Vertriebenen in Westdeutschland oder Westberlin gelandet ist (alle hatten eine Heidenangst vor den Sowjets), daß die DDR nur einen Bruchteil davon abbekommen hat. Möglicherweise ist das mit ein Grund dafür gewesen, daß in der DDR der wirtschaftliche Wiederaufbau deutlich langsamer vonstatten ging.
Ich war 1966 mit meinen Eltern in ihrer alten Heimat und ich war schockiert, wie entsetzlich verwahrlost diese Orte waren. Für die Tschechoslowakei muß die Vertreibung ein ungeheurer Aderlaß gewesen sein, große Teile des Landes waren urplötzlich entvölkert und mit Tschechen war das Land nur unzureichend zu besiedeln, die Tschechoslowakei ist ja nur ein kleines Land.
Dort - du schreibst ja selbst über die Ablehnung, und ich kann mich aus meiner Kindheit in den sechzigern durchaus an die abfälligen Worte über "Flüchtlinge" erinnern - kam hinzu, dass man ja in den meisten Fällen nicht einfach vom Namen auf die Herkunft schließen konnte. Bei den arabischen Namen ist das für Araber durchaus möglich - und bei dem Stellenwert von Familienbeziehungen wird explizit danach gefragt.
Die Namen waren wahrscheinlich nicht so wesentlich, aber wenn einer der Flüchtlinge den Mund aufgemacht hat, hat man aus dem Akzent sofort gehört, woher der kam.
Der Punkt, den du nennst, kommt natürlich auch dazu: Jerusalem ist nach Mekka und Medina eine der heiligen Stätten des Islam - diese ganz aufzugeben, oder dem durch die Assimilation der Flüchtlinge Vorschub zu leisten bzw. diesbezüglich israelische Hoffnungen zu wecken, stand nie auf einer arabischen Agenda.
Das bestätigt meinen Verdacht: Das Elend der Palästinenser wird von den arabischen Regierungen gezielt dazu benutzt, die Wunde Israel offen zu halten. Man hält sie sich als lebendes Mahnmal in ihren Lagern.
Ciao
Wolfram
@Magda
Und viele, viele Möglichkeiten, was die palästinensicheen Verhandlungsführer dazu gebracht haben könnte, so weitgehende Zugeständnisse zu machen. Auch Pokern kann dazu gehört haben. Es kann aber auch eine Fälschung sein, die Abbas schwächen soll.
Vielleicht lese ich nur die falschen Medien, aber ich vermisse bis jetzt Hinweise darauf, was diese jetzt veröffentlichten Zugeständnisse (so sie denn keine Fälschung sind) über die israelische Regierung aussagen.
Da verbiegt sich die Palästinensische Autonomiebehörde bis zum Äußersten (und darüber hinaus) und die israelische Regierung verkündet weiter frohgemut, mit den sturen Palästinensern sei einfach keine Einigung möglich.
Ciao
Wolfram
Eine ausfühliche Antwort - und nicht einfach, dazu etwas zu schreiben.
Ich denke, ein Problem ist, dass jeder Vergleich hinkt, und dieser hier scheint ein echtes Problem zu haben.
So wie ich jetzt, wenn ich erklären soll, warum m.M.n. die Unterschiede in der arabischen Welt anders und dauerhafter sind als zwischen etwa Sudeten und Bayern ;-).
Sprache: auch im Arabischen merkt ein Muttersprachler oder ein Geübter, woher jemand kommt - je größer die Entfernung, desto hörbarer der Unterschied. Aber schon zwischen Gaza und Ramallah gibt es Nuancen, selbst bei manchen Worten. Das könnte sich, wie beim Hochdeutsch/Dialekt nach ein oder zwei Generationen angleichen, tut es auch i.d.R., denke ich.
Was aber bleibt, sind Dinge, die schon die Osmanen und die Kolonialherren überlebt haben: Familien- und Stammeszugehörigkeiten. Das ist in diesen Regionen ungemein wichtig - ohne Familie ist man hier nichts. Wenn man sich dann noch ein wenig mit der Entstehungsgeschichte der jeweiligen Staaten befasst, stellt man fest, dass die Grenzziehung aufgrund kolonialer Machtausübung zwar größtenteils grauslich ist, aber einige Dinge machen dann doch ein Land aus. Mehr als vielleicht anderswo gilt das in Jordanien: die "echten" Jordanier sind Beduinen. Andere Traditionen, andere Familien - und das ist die Hausmacht des Königshauses. Und eben bestimmte Stämme.
Das hört sich für Europäer befremdlich an, sind aber Tatsachen, und wenn man da einfach darüber hinwegsieht, bleibt vieles unverständlich.
Im Libanon kommt dann noch dazu, dass dort seit altersher ein Mix aus Sunniten, Schiiten, Drusen und anderen ein labiles Gleichgewicht hatte - wären die Palästinenser dort alle gleichberechtigte Bürger oder kämen am Ende noch mehr dazu - das will ich mir gar nicht ausdenken.
Einfache Antworten gibt es hier nicht. Aber Palästina - insbesondere Jerusalem - ist eine gesamtmuslimische Frage, nicht einmal eine rein arabische, weshalb ich deinen letzten Absatz so formuliert nicht gut finde.
Jedenfalls steht es einer sog. Verhandlungsdelegation nicht zu, über die Köpfe aller anderen hinweg Teile Jerusalems aufzugeben. Darüber dürfte in der muslimischen Welt Einigkeit herrschen.
Wolfram: gute Frage. In arabischen Medien wurde sie ausgiebig gestellt - und die Tatsache, dass darüber in anderen so wenig nachgedacht oder geschrieben wird, auch recht spitz betrachtet. Vor allem Frau Livnis Äußerungen zum internationalen Recht und Jordanien *hüstel*
Magda, ich habe deinen Beitrag erst mal stehen lassen - der erste Satz schockierte mich. Ich hoffe aber, dass du nicht meinst, es wäre besser gewesen, dieses Abkommen wäre einfach geschlossen worden, hinter dem Rücken und auf Kosten vor allem der Betroffenen.
Interesse: jeder Delegationsteilnehmer mit einem Gewissen könnte daran Interesse gehabt haben. Oder ein wütender - Dahlans Name fiel gestern.
@ wolfram
zur Verteilung der Vertriebenen gibt es online folgenden Link: Verteilungsschlüssel 1950
jetzt aber auch mal *hüstel*
"Palästina - insbesondere Jerusalem - ist eine gesamtmuslimische Frage" - lese ich
dann ist es auch eine gesamtjüdische, gesamtchristliche
... und wir sind wieder da, wo wir schon mal waren
@Alien59
"(...) Magda, ich habe deinen Beitrag erst mal stehen lassen - der erste Satz schockierte mich ..."
Hättest Du, als Nicht-Mitglied der Redaktion, denn die (technische) Möglichkeit den Kommentar einer anderen Foristin "nicht stehen zu lassen" (also zu löschen)? Das würde nun wiederum mich "schockieren" ...
Sorry, schlecht formuliert - nein, natürlich nicht. ich meinte damit, dass ich ihren Kommentar nicht gleich nach dem Lesen beantwortet habe.
@Alien59
"Sorry, schlecht formuliert - nein, natürlich nicht. ich meinte damit, dass ich ihren Kommentar nicht gleich nach dem Lesen beantwortet habe"
Ach so. Ja das verstehe ich.
@Alien59
So wie ich jetzt, wenn ich erklären soll, warum m.M.n. die Unterschiede in der arabischen Welt anders und dauerhafter sind als zwischen etwa Sudeten und Bayern ;-).
Ich weiß nicht so recht. In deutschen Landen gab es genug Konflikte und Kriege innerhalb dieses Sprach- und Kulturraums. Daß es innerhalb der Bundesrepublik Deutschland so relativ zivil zugeht, liegt ganz wesentlich daran, daß es hier den Länderfinanzausgleich gibt, das heißt die reicheren Bundesländer zahlen für die ärmeren Länder mit, heißt wiederum, der Unterschied in den Lebensverhältnissen innerhalb Deutschlands ist zwar vorhanden, wird aber nicht dramatisch. Okay, momentan gibt es wegen des Länderfinanzausgleichs Aufruhr, die drei südlichen Länder meckern, weil sie die anderen mit durchfüttern müssen und drohen mit dem Bundesverfassungsgericht. Wenn sie damit durchkämen, dann wäre in der Tat ein wesentlicher Bestandteil der inneren Stabilität gefährdet.
Was aber bleibt, sind Dinge, die schon die Osmanen und die Kolonialherren überlebt haben: Familien- und Stammeszugehörigkeiten. Das ist in diesen Regionen ungemein wichtig - ohne Familie ist man hier nichts.
Ich dachte hierbei auch weniger an eine Aktion "Tu was für den Frieden, adoptiere einen Palästinenser". Eine Integration der Palästinenser hätte halt weitere Familien und einen weiteren Stamm in das jeweilige Land gebracht. Dadurch, daß man den Palästinensern nicht die vollen Bürgerrechte gibt, hat man ja das Problem nicht gelöst, die Leute sind deshalb weiter im Land und bilden auch innenpolitisch einen erheblichen Unsicherheitsfaktor. Der Punkt ist halt, daß leidlich satte Menschen, die so einigermaßen ihr Auskommen haben, schwer für Krieg zu begeistern sind. Das meinte ich mit der Annahme, daß man von arabischer Seite die Palästinenser benützt und ihr Elend künstlich verlängert und verschärft.
Das hört sich für Europäer befremdlich an, sind aber Tatsachen, und wenn man da einfach darüber hinwegsieht, bleibt vieles unverständlich.
So unverständlich ist das auch für einen Europäer nicht. Das Problem hat sich hier nur 200 Jahre früher gestellt und so richtig gelöst worden ist es auch in Europa nicht. Die EU wird immer größer, die einzelnen Staaten in dieser Gemeinschaft zerfallen in immer kleinere Brösel. Auf dramatische Weise geschah dies in Jugoslawien, in Belgien bereitet sich eine Teilung vor, die ohnehin schon sehr kleine Tschechoslowakei leistete sich den Luxus, in zwei Teilstaaten zu zerfallen (immerhin schiedlich-friedlich), Italien wird demnächst auseinanderbrechen in weiß der Himmel wieviel Teilstaaten...
Einfache Antworten gibt es hier nicht. Aber Palästina - insbesondere Jerusalem - ist eine gesamtmuslimische Frage, nicht einmal eine rein arabische, weshalb ich deinen letzten Absatz so formuliert nicht gut finde.
Wärest du mit dieser Formulierung einverstanden: "Das Elend der Palästinenser wird von den islamischen Ländern gezielt dazu benutzt, die Wunde Israel offen zu halten. Man hält sie sich als lebendes Mahnmal in ihren Lagern."
Diese Formulierung ließe allerdings außer Acht, daß die Türkei und Persien natürlich wenig dazu beitragen könnten, die Palästinenser in den arabischen Nachbarstaaten Israels zu integrieren.
Jedenfalls steht es einer sog. Verhandlungsdelegation nicht zu, über die Köpfe aller anderen hinweg Teile Jerusalems aufzugeben. Darüber dürfte in der muslimischen Welt Einigkeit herrschen.
Das sehe ich genau so. Und genau das weckt in mir den Verdacht, daß die von Al Jazeerah veröffentlichten Papiere womöglich Fälschungen sind. Diese Papiere unterstellen der Palästinensischen Autonomiebehörde eine Blödheit, die nicht mehr nachvollziehbar ist. Nimm an, Israel wäre auf diese nun wirklich großzügigen Angebote eingegangen. Spätestens kurz vor der Unterzeichnung des Vertrages hätte man sie ja wohl oder übel veröffentlichen müssen - und dann wäre in der muslimischen Welt (auch unter den Palästinensern selbst) ein Sturm der Entrüstung ausgebrochen und der Vertrag wäre das Papier nicht wert gewesen, auf dem er geschrieben wurde.
Ciao
Wolfram
Schon interessant: Je nachdem wie man es gerade braucht, sind die Palästinenser einmal was ganz Besonderes, völlig unvergleichbar mit Jordaniern, Syrern, Ägyptern und so. Das andere Mal sind sie einfach Teil der Umma, die aber als Faustpfand im religiös begründeten Kampf - Jerusalem als heilige Stätte - gegen Israel herhalten sollen. Weshalb sie dann doch wieder ganz speziell sind.
@luggi
zur Verteilung der Vertriebenen gibt es online folgenden Link: Verteilungsschlüssel 1950
Schönen Dank für die Information. Demnach scheint meine Vermutung von der ungleichen Verteilung der Vertriebenen Unfug zu sein.
Ciao
Wolfram
@Rahab
"Palästina - insbesondere Jerusalem - ist eine gesamtmuslimische Frage" - lese ich
dann ist es auch eine gesamtjüdische, gesamtchristliche
... und wir sind wieder da, wo wir schon mal waren
Ach, wenn doch Gott einen Meteor auf den Tempelberg fallen ließe, damit endlich all das bluttriefende Hl. Spielzeug beim Deibel wäre! Aber wahrscheinlich würden dann die verschiedenen Religionen sich fix eine spirituelle Erklärung für den Meteor ausdenken und mit unterschiedlichen Begründungen den Meteorkrater als heilig verehren und ihn jeweils für sich beanspruchen. Also kann der Meteor ruhig auch oben bleiben.
Ach, daß doch Gott die Religionen verfluchen möge!
Ciao
Wolfram
@Alien59
Wolfram: gute Frage. In arabischen Medien wurde sie ausgiebig gestellt - und die Tatsache, dass darüber in anderen so wenig nachgedacht oder geschrieben wird, auch recht spitz betrachtet.
Tja. Wenn - wie gesagt, immer: wenn - diese Papiere echt sind, dann sind sie blamabel für beide Verhandlungsseiten.
Magda, ich habe deinen Beitrag erst mal stehen lassen - der erste Satz schockierte mich.
Was wäre jetzt an Magdas Aussage schockierend?
Ich hoffe aber, dass du nicht meinst, es wäre besser gewesen, dieses Abkommen wäre einfach geschlossen worden, hinter dem Rücken und auf Kosten vor allem der Betroffenen.
Ich sehe nicht, daß Magda das gemeint haben könnte. Im übrigen: Wenn dieses Abkommen geschlossen worden wäre - hinterrücks, also ohne vorher diskutiert worden zu sein - dann wäre binnen ganz kurzer Frist die Palästinensische Autonomiebehörde weggefegt und das Abkommen damit wertlos geworden.
Ciao
Wolfram
Bislang lässt nichts außer wütenden, aber irgendwo auch halbherzigen Äußerungen aus Ramallah darauf schließen, dass die Papiere nicht echt wären. Nicht mal aus Israel kam ein richtiges Dementi - und so schlecht, wie Israel durch diese Veröffentlichung dasteht, hätte ich das denn doch erwartet - wenn es denn nicht stimmte.
Wolfram, wäre ein solches Papier unterschrieben worden, hätte es zwar jede Menge Ärger gegeben - aber ich, und nicht nur ich, befürchte, dass trotzdem jeder weitergehenden Palästinensischen Forderung diese Unterschrift entgegengehalten werden würde. Mit oder ohne die PA.
von mir aus soll er fallen lassen auf die religionen!
der tempelberg ist nämlich ganz schön, so als berg mit seiner bebauung
und kann auch nix für das theater
Aber dann mal unabhängig von der derzeit nicht zu beantwortenden Frage, ob die Papiere echt oder falsch sind:
1. Hier wird wie oft gerne gesagt, die arabischen Länder hätten die Flüchtlinge halt integrieren sollen. Erstens ist das in Anbetracht der Menge - guckt euch die Zahlen mal an! - kaum möglich, zweitens: wie hält es denn Deutschland damit? Gab es dort jemals Angebote für staatenlose Palästinenser, die auf ihr Rückkehrrecht warten?
2. Ganz bös, aber unter den Palästinenser durchaus weit verbreitete Meinung: warum sollen wir mit unserem Land für die Verbrechen des deutschen Reichs zahlen? Warum sollen wir uns in fremden Ländern ansiedeln, wo es eigentlich keinen Platz für uns gibt?
Zwei eher polemische Fragen, auf die ich keine ernsthaften Antworten erwarte. Aber sie stellen sich, solange es keine akzeptable Lösung für die Palästinenser gibt, die noch heute ohne Staatsangehörigkeit irgendwo in der Welt leben. Die, im Gegensatz zu deutschen Vertriebenen auch nie für ihre Verluste entschädigt wurden.
Condys Ideen mit Südamerika finde ich allerdings, wie im Artikel angedeutet, nicht wirklich prickelnd.
Und: noch mehr Flüchtlingslager:
maxblumenthal.com/2011/01/the-days-of-48-have-come-again-15-minutes-from-tel-aviv-israel-creates-a-new-refugee-camp/
@Alien59
Wolfram, wäre ein solches Papier unterschrieben worden, hätte es zwar jede Menge Ärger gegeben - aber ich, und nicht nur ich, befürchte, dass trotzdem jeder weitergehenden Palästinensischen Forderung diese Unterschrift entgegengehalten werden würde. Mit oder ohne die PA.
Wenn das Papier unterzeichnet worden wäre, dann hätte dies das politische (und womöglich auch physische) Ende der verantwortlichen Politiker bedeutet. Dergleichen Dinge könnte eine Regierung nur dann geheim vorbereiten und dann beschließen, wenn sie sehr fest im Sattel sitzt, das beherrschte Gebiet also voll im Griff hat und auch den Einfluß anderer Staaten nicht zu fürchten hat. Mir fehlt die innere Logik bei dieser Geschichte.
Ciao
Wolfram
@Rahab
der tempelberg ist nämlich ganz schön,
Oh ja, das ist er, wenn ich das Ding auch nur von Photos kenne.
Ciao
Wolfram
@Alien59
1. Hier wird wie oft gerne gesagt, die arabischen Länder hätten die Flüchtlinge halt integrieren sollen. Erstens ist das in Anbetracht der Menge - guckt euch die Zahlen mal an! - kaum möglich,
Die Palästinenser sind aber nun mal da, das Problem verschwindet ja nicht dadurch, daß man es für unlösbar erklärt. Die Palästinenser sind ja kein Haufen von hilflosen, kranken Menschen, sie sind arbeitsfähig und könnten - entsprechend gefördert - erheblich zum Reichtum der jeweiligen Länder beitragen.
2. Ganz bös, aber unter den Palästinenser durchaus weit verbreitete Meinung: warum sollen wir mit unserem Land für die Verbrechen des deutschen Reichs zahlen? Warum sollen wir uns in fremden Ländern ansiedeln, wo es eigentlich keinen Platz für uns gibt?
Das ist nicht "ganz bös", das ist genau die wahre Geschichte. Das heutige Nahost-Problem ist die Folge des europäischen Antisemitismus mit dem Holocaust als Höhepunkt. Ohne diesen Antisemitismus wäre der Staat Israel nie entstanden.
Ciao
Wolfram
Salam und guten Morgen,
danke für die interessante Diskussion - ist vielleicht naheliegend, aber mir ist noch nie in den Sinn gekommen, es mit der deutschen Flüchtlings- und Vertriebenensituation zu vergleichen. Das war in der Tat eine gewaltige Integrationsleistung - ich glaub es waren ungefähr 30% der Bevölkerung die dazugekommen sind, hab ich mal gelesen, das hat mich auch sehr erstaunt. Aber man hat die Leute auch gebraucht, weil alles in Schutt und Asche lag. Dass die Heimatländer der Vertriebenen in der Entwicklung hinterherhinkten - ob das daran liegen kann, dass dort wiederum von weiter östlich Vertriebene hingeschafft wurden? Meine Mutter, sie war damals ein Kleinkind, erzählte, dass in ihre Wohnung erst polnische Soldaten einquartiert wurden, als sie dann vertrieben wurden, kamen deren Familien nach, wiederum von den Russen vertrieben.
Aber der Vergleich hinkt wirklich dort, wo es um ein Rückkehrrecht geht - Deutschland hatte den Krieg verloren, seine Verbrechen kamen ans Tageslicht und alle waren mit Überleben beschäftigt. Trotzdem haben viele noch lange die Hoffnung auf Rückkehr aufrechterhalten, wie man sieht bis heute. Meine Oma hatte ein Säckchen "Heimaterde" im Schrank, dass wir Kinder bestaunen durften.
Die Palästinenser haben sich nichts zuschulden kommen lassen und wurden trotzdem vertrieben. Da kann man sich doch nicht wundern, dass sie sich nicht von der Heimkehr verabschieden wollen. Was nicht entschuldigt, dass ihre Gastländer ihnen keine Angebote machen, sich endgültig einzuleben.
Mich würde nicht wundern, wenn diese Papiere echt wären, aber auch der Inhalt wundert doch wohl keinen wirklich. Dass von Abbas keine wirkliche Vertretung der Palästinenser zu erwarten ist, konnte man sich lange denken. Und dass die Israelis mit nichts zufrieden sein werden, außer die Palästinenser lösen sich in Luft auf, auch.
Ich bin der Meinung, die Zweistaaten-Option ist tot. Israel setzt sich mehr und mehr in den besetzten Gebieten fest - und wie soll ein Palästinenserstaat aus lauter kleinen Landflecken, denen man auch noch die fruchtbarsten Gebiete und Wasser geklaut hat wohl je funktionieren?
Vielleicht werden diese Papiere beschleunigen, dass die Idee eines Staates für alle ohne rassistische Diskriminierung Wirklichkeit wird. Da es auch in der israelischen Bevölkerung Stimmen dafür gibt, ist das vielleicht kein unerfüllbarer Traum. Die andere Option wäre wieder Krieg. Da sind die Kräfte sehr ungleich verteilt und das würde ein furchtbarer Massenmord werden, noch schlimmer als das, was wir schon mit ansehen mussten. Möge Gott verhüten, dass es dazu kommt. Jerusalem als offene Stadt für Juden, Christen und Muslime - wäre das nicht toll?
Na man soll ja nie die Hoffnung aufgeben.
"Verrat" ist meist die Regel bei politischen Verhandlungen, um zu einem erfolgreichen Ergebnis zu kommen - denn um zu einem Ergebnis zu kommen, schließt man Kompromisse, die oft von der vertretenen Bevölkerung nicht mitgetragen werden. Beispiel wären u.a. die Anerkennung der "Oder-Neisse-Grenze" durch Deutschland 1970 (die von der Mehrheit der Deutschen damals nicht akzeptiert war), das Dayton-Friedensabkommen 1995 (die meisten bosnischen Serben und bosnischen Kroaten sahen es als "Verrat", ebenso die Bosniaken die Bildung der Republika Srpska), oder der Frieden zwischen Osttimor und Indonesien. War Oslo 1993 nicht auch für beide Seiten ein "Verrat"? Oder der Gaza-Rückzug für viele Israelis?
Man kann es "Realpolitik" schimpfen, und ist oft von "Gerechtigkeit" (z.B wegen des Rechts der Vertriebenen/Flücjhtlinge auf Rückkehr Eigentumsrückgabe) weit entfernt - aber die Hauptsache ist, ob man Grundlagen für eine bessere Gegenwart Zukunft damit schafft.
Daher würde ich "realpolitisch" eher als "Verrat" die Nachgiebigkeit der PA ansehen, nicht die Tatsache, dass man bereit ist, von "heligen" oder "gerechten", und daher oft ideologischen Standpunkten abzurücken. Ideale Kompromisslösung wäre für mich ohnehin - wieder zum Beispiel Deutschland/Polen anno 2011 - die völlige Niederlassungs- und Arbeitsfreiheit für beide Völker (Palästinenser wie Israelis) in beiden Staaten (Israel, Palästina). Voraussetung wäre, dass beide Rechtsstaaten sind, wo Minderheiten Schutz und Rechte hätten, weder Bevorzugung noch Benachteiligung herrscht. Palästinenser könnten nach Israel zurück (allerdings sehe ich die Frage der Eigentumsentschädigung eher skeprisch, leider), und Israelis könnten sich Land in Palästina kaufen/mieten und dort ihre "jüdischen Siedlungen" schaffen. Auch sollte es letztlich egal sein, in welchem Staatsgebiet Jerusalem (heilig oder nicht) sich befindet.
@Mariam
Das war in der Tat eine gewaltige Integrationsleistung - ich glaub es waren ungefähr 30% der Bevölkerung die dazugekommen sind, hab ich mal gelesen, das hat mich auch sehr erstaunt. Aber man hat die Leute auch gebraucht, weil alles in Schutt und Asche lag.
Na ja, brauchen könnte man die Palästinenser schon auch, nicht zuletzt deshalb, weil sie durch ihre pure Existenz zusätzlichen Bedarf an Arbeitsleistung wecken.
Dass die Heimatländer der Vertriebenen in der Entwicklung hinterherhinkten - ob das daran liegen kann, dass dort wiederum von weiter östlich Vertriebene hingeschafft wurden?
Das war in Polen so, richtig. Die Sowjetunion hat sich ja Ostpolen unter den Nagel gerissen. In der Tschechoslowakei war der Auszug der Deutschen ein enormer Verlust an Kapazität. Die Sudetendeutschen hatten einen breiten Streifen (fast) rund um das böhmisch-mährische Kerngebiet besiedelt, das Gebiet war wirtschaftlich bedeutend. Diese Leute fehlten einfach.
Aber der Vergleich hinkt wirklich dort, wo es um ein Rückkehrrecht geht - Deutschland hatte den Krieg verloren, seine Verbrechen kamen ans Tageslicht und alle waren mit Überleben beschäftigt. Trotzdem haben viele noch lange die Hoffnung auf Rückkehr aufrechterhalten, wie man sieht bis heute.
Ob das mit dem Rückkehrrecht wirklich so stark hinkt? In beiden Fällen wurde ein Fakt geschaffen, rückgängig zu machen wäre der Fakt in beiden Fällen nur durch einen Krieg mit einem ungeheuren Blutbad.
Die Palästinenser haben sich nichts zuschulden kommen lassen und wurden trotzdem vertrieben. Da kann man sich doch nicht wundern, dass sie sich nicht von der Heimkehr verabschieden wollen. Was nicht entschuldigt, dass ihre Gastländer ihnen keine Angebote machen, sich endgültig einzuleben.
Ich argwöhne ja, man macht ihnen genau deshalb keine Angebote, damit sie sich nicht endgültig einleben, man braucht sie als Manövriermasse und Argument.
Ciao
Wolfram
@Wolfram:
"Ich argwöhne ja, man macht ihnen genau deshalb keine Angebote, damit sie sich nicht endgültig einleben, man braucht sie als Manövriermasse und Argument."
Tja. Warum geht dann nicht z.B. Deutschland mit gutem Beispiel voran und bürgert erst mal alle Palästinenser ein, die dort seit Jahren leben? Oder bietet es zumindest an?
@Alien59
@Wolfram:
"Ich argwöhne ja, man macht ihnen genau deshalb keine Angebote, damit sie sich nicht endgültig einleben, man braucht sie als Manövriermasse und Argument."
Tja. Warum geht dann nicht z.B. Deutschland mit gutem Beispiel voran und bürgert erst mal alle Palästinenser ein, die dort seit Jahren leben? Oder bietet es zumindest an?
Ob diese Maßnahme das Nahostproblem lösen würde?
Ich bin auf deine wiederholten Ausweitungen auf die deutsche Ausländerpolitik bislang nicht eingegangen und werde es in diesem Diskussionsfaden auch nicht mehr tun. Zum einen, weil es darüber zwischen uns (fast) nichts zu diskutieren gibt, wir sind uns da ohnehin einig. Zum anderen deshalb, weil das (diese Themenausweitung) genau die Methode des unseligen "Donnerstag" ist, eine spannende Diskussion bis ins Nichts hinein zu zerfasern.
Ciao
Wolfram