„By reading this… YOU are now committing a crime.“ (indem Sie das lesen, begehen Sie ein Verbrechen). Das steht auf dem Zettel in Form eines Kassenbons, den der „WarCrimes-o-Matic“ des Institute for Dissent & Datalove ausgespuckt hat. In der Ausstellung „NoisyLeaks!“ ist immer ein:e Mitarbeiter:in des Projekts da und warnt vor dem roten Knopf auf dem kleinen, unscheinbaren Metallkasten: Darstellungen von Gewalt und Tod.
Die Ausstellung im Projektraum 145 in Berlin ist der Enthüllungsplattform WikiLeaks und ihrem Gründer Julian Assange gewidmet und zelebriert deren Einsatz für die Veröffentlichung von Kriegsverbrechen. Viele der Werke referieren auf Assange oder verarbeiten die Enthüllungen. Auch der Zettel aus dem „
rieren auf Assange oder verarbeiten die Enthüllungen. Auch der Zettel aus dem „WarCrimes-o-Matic“ ist Teil einer WikiLeaks-Veröffentlichung, ein telegrammartiger Bericht eines Einsatzes im Afghanistankrieg. Wo sich auf einem Einkaufsbon am Ende der Preis befindet, steht hier: 3 getötet, 1 verletzt.Für Enthüllungen wie diese fordern die USA vom Vereinigten Königreich die Auslieferung von Julian Assange. Seit über drei Jahren sitzt er im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh und wehrt sich juristisch gegen seine Auslieferung. In den USA drohen Assange 175 Jahre Gefängnis unter Bedingungen, die vom zuständigen Sonderbeauftragten der UNO als Folter bezeichnet werden.In letzter Zeit ist es wieder zu ruhig um Assange geworden, finden seine Unterstützer:innen, die deshalb diese Ausstellung organisierten. „NoisyLeaks!“ ist vielfältig, vereint klassische Kunstformen wie Malerei mit Video- und Medienkunst. Begleitet wird sie von zahlreichen Vorträgen und Workshops. Die Besucher:innen sollen bewusst selbst in die Enthüllungsarbeit hineingezogen und dazu angeregt werden, die eigene Wahrnehmung der Welt zu hinterfragen. Partizipation und Austausch sind das eigentliche Ziel.Einmal beim Geheimdienst anrufenIn der Kunstwelt ist die Unterstützung für Julian Assange immer noch groß: Für „NoisyLeaks!“ steuerten bekannte Künstler:innen wie Daniel Richter, Sarah Lucas und Ai Weiwei Werke bei. Sarah Lucas‘ Skulptur ist ein Betonschuh, unter dem ein Luftballon kurz vor dem Platzen scheint. Richter ist mit gleich zwei Gemälden vertreten. Eins zeigt das berühmte Foto aus dem Oval Office kurz vor der Ermordung Osama bin Ladens. Ai Weiwei geht deutlich direkter auf das Thema von „NoisyLeaks!“ ein: Ein Plüschtier-Panda, ausgestopft mit Geheimdokumenten, die aus China geschmuggelt wurden.In der Ausstellung selbst sind das aber gar nicht die spannendsten Objekte. Mit Begeisterung fordern die anwesenden Mitwirkenden dazu auf, das Telefon von intelexit auszuprobieren. Während auf der gegenüberliegenden Wand eine Videoinstallation von Angela Richter und Chris Kondek läuft, in der Menschen vor dem Fadenkreuz einer Drohne zu fliehen versuchen, erzählt eine Pakistanerin am Telefon von ihrem Leben unter konstanter Bedrohung durch amerikanische Drohnen. Wer sich traut, kann anschließend selbst versuchen, mit dem Telefon ein paar Geheimdienstmitarbeitende anzurufen und sie vom Aussteigerprogramm von intelexit zu überzeugen. Das Telefon stellt über Kurzwahl angeblich direkt an die Schreibtische der Mitarbeitenden durch. Bei zwei Versuchen jedoch, hat niemand abgehoben. In Europa war wahrscheinlich schon Feierabend und in den USA war man wohl zu beschäftigt. Und nicht alle der über 30.000 Telefonnummern, die zufällig ausgewählt und angerufen werden, sind wirklich verifiziert. „Das passiert schon mal“, sagt der Mitarbeiter. „Vielleicht hast du beim nächsten Mal mehr Glück.“Versunken in die Ausstellung lässt sich der unscheinbare und ausgeschaltete Fernseher in einer Ecke gleich neben der Eingangstür leicht übersehen. Passiert in einer multimedialen Ausstellung schon einmal, dass etwas nicht läuft – hat jede:r schon einmal erlebt. Doch der Fernseher ist nur scheinbar ausgeschaltet. 2017 veröffentlichte WikiLeaks Dokumente, denen zufolge die CIA und der MI5 (der britische Inlands-Geheimdienst) smarte Fernseher hacken, die zur Überwachung eingesetzt werden können.Während die Besucher:innen Geheimdokumente lesen und Geheimdienste anrufen, sind sie bereits unter konstanter Beobachtung. „NoisyLeaks!“ lässt einen definitiv eine Spur paranoider zurück und spüren, weshalb wir WikiLeaks immer noch brauchen.Placeholder infobox-1