Über so viele Fans wäre mancher echte Vogel froh. Über 700 Millionen Mal wurde das Smartphone- und Tablet-Spiel Angry Birds inzwischen schon heruntergeladen. Kleine runde Vögel per Schleuder auf Schweine zu werfen, trifft offenbar den Nerv unterschiedlichster Spielertypen. Es ist simpel genug, um es auf dem Weg zur Arbeit in der Bahn zu spielen, hat mit seinen über 70 Schwierigkeitsleveln aber genügend Reiz für geübte Zocker. Die Herausforderung des Spiels: Die Schleuder in Richtung und Intensität so aufzuziehen, dass die Flugbahn der gefiederten Geschosse stimmt. Für die finnische Entwicklerfirma Rovio ist die Spiele-App äußerst lukrativ. Kürzlich ist die neueste Version Angry Birds Space erschienen. Und der virtuelle Vogelschwarm steht auch vor dem Abflug zu neuen Ufern: Eine TV-Serie und ein Kinofilm sind in Vorbereitung. Mark Stöhr
Bei der Balz, der Werbung ums andere Geschlecht, legen sich Vogelmännchen so richtig ins Zeug. Die Wundersylphe, eine Kolibri-Art, ist mit derart langen, protzigen Schwanzfedern ausgestattet, dass sie sich nur wenige Sekunden für ihren Werbetanz in der Luft halten kann. Das nordamerikanische Beifußhuhn verfügt über zwei riesige Kehlsäcke, die es aufpumpen und mit blubbernden Geräuschen entladen kann. Im Gegensatz zu vielen prächtig-bunten Vogelmännchen setzt der unscheinbare Hüttengärtner auf seine dekorativen Fähigkeiten. Seine kunstvolle, oft über Jahre erbaute, bis zu zwei Meter hohe Liebeslaube schmückt er mit Blüten und schillernden Mistkäferleichen – ein passionierter, detailverliebter Innenausstatter. Sophia Hoffmann
Das Beobachten von Vögeln gehört auf den britischen Inseln zu einer beliebten Freizeitbeschäftigung. Seit den Tagen Königin Victorias lieben die Briten es, Vögeln nachzustellen. Sie bewundern den Gesang, die Eier, die Federn. Der Name Birdwatching wurde ab 1901 populär, als das gleichnamige Buch von Edmund Selous erschien. Selous begeisterte die Menschen dafür, das Gewehr mit dem Fernglas zu tauschen. Später kamen Foto- und Videokameras hinzu. Gesellschaften, die sich allein dem Birdwatching widmen, wurden gegründet, und an keiner Universität darf eine Birdwatching Society als AG fehlen. In dem Mitte Juni in Deutschland erscheinenden Kinofilm Ein Jahr vogelfrei werden drei Hobby-Ornithologen bei einem Wettrennen darum gezeigt, wer die meisten Vogelarten entdeckt. Solche Turniere gibt es wirklich, die USA haben Großbritannien hier aber bereits den Rang abgelaufen. Tobias Prüwer
Die Götter müssen verrückt sein, zumindest aber hatten sie oft einen Vogel oder traten selbst als Schnabelwesen auf. Mit einem Falkenkopf ließ sich der altägyptische Sonnengott Re darstellen, der mit den scharfen Augen des Raubvogels mitansehen musste, wie sich die Menschen als seine Geschöpfe bekriegten. Der smaragdgrüne Quetzal, der Vogel des Lichts, galt den Azteken als ein göttlicher Bote. Das Rabenpaar Hugin und Munin begleitete den nordischen Obergott Odin. Da dieser auch über den Krieg wachte, waren ihm die Raben als Tiere des Schlachtfeldes zur Seite gestellt. Sie verkörperten „Gedanken“ und „Erinnerung“. Außerdem dienten sie als Späher.
Als weiße Taube fliegt hingegen im Christentum der heilige Geist umher, der an Pfingsten über die Jünger kommt. Er ist Teil der göttlichen Trinität Vater-Sohn-Heiliger-Geist, wie sie bei Jesu Taufe anschaulich wird: Er sieht den Geist auf sich zuflattern und hört dazu die Worte: „Mein geliebter Sohn.“ TP
Viele Filme von Alfred Hitchcock, gerade jene, die ihre Fantasie aus der psychoanalytischen Mode ihrer Zeit beziehen, wirken heute arg verstaubt, mitunter naiv. Sein Klassiker Die Vögel jedoch ist bei jedem Wiedersehen noch so gruselig wie 1963.
Der Grund ist die Frage nach dem Grund: Warum stürzen sich eigentlich harmlose Vögel auf Menschen, hacken ihnen die Augen aus und töten sie? Hitchcock selbst hat diese Frage nie beantwortet, dafür haben sich viele andere an ihr versucht. Die Vögel, so lautet eine Interpretationslinie, nähmen Rache für die Ausbeutung der Natur. Andere wie der Philosoph Slavoj Žižek sehen die Sache eher psychologisch und behaupten frei nach Lacan, die Angreifer verkörperten den traumatischen Einbruch des „Realen“. Interessant auch die Beobachtung, dass die Vögel immer dann ihre Attacken fliegen, wenn sich die Protagonisten mit Verstellung und Abweisung begegnen. Wie dem auch sei: Es darf weiter gerätselt und sich gegruselt werden. MS
Er fällt nicht nur mit seinem Namen auf. Der Australische Laierschwanz ist ein mehrfacher Guinnessbuch-Kandidat. Seine zwei Schwanzfedern sind fast so lang wie bei einem Pfau. Mit seinem Gesang ist er dem Kollegen aber weit überlegen. Sowohl Männchen als auch Weibchen verfügen über das vielseitigste Gesangsspektrum, das die Vogelwelt zu bieten hat. Die meisten Laute sind allerdings abgelauscht.
Vor der Paarung tut das Männchen alles, um das Weibchen zu faszinieren. Es spreizt seine Federn, tänzelt wie verrückt und ahmt von der Kettensäge über die Alarmanlage bis zur Holzfällertruppe alle möglichen Geräusche nach. Und was tut der Herr, nachdem er sein Ziel erreicht hat? Er bricht zu neuen Abenteuern auf und überlässt dem Weibchen Nestbau und Aufzucht der Jungen. Typisch! Viel Lärm um ein Ei. Agnes Szabo
Nelson, der hässlichste Papagei der Welt
In England sind sie hingerissen von ihm. Daily Mail und Sun kürten Nelson ganz zärtlich zum „ugliest bird in the world“. Engländer mögen ja auch „Gluhwein“ und deutsche Weihnachtsmärkte. Die bauen sie sogar nach. „So gemutlich.“ Und jetzt Nelson? Federlos, nackt, grau. Ein Alien, schreiben deutsche Journalisten. War bestimmt nicht zufällig, dass ihn seine Eltern im Nest einfach vergessen haben. Nun wohnt der Mini-Kea-Papagei aus dem Bergzoo in Halle, mit dem keiner gesehen werden will, in einem Joghurtbecher. Und er wird von Hand aufgezogen. Wie damals Knut. Der Eisbär war erst süß, dann nur noch sein eigener Schatten. Nelson wird dagegen aufblühen, in wenigen Monaten trägt er ein olivgrün-orangenes Federkleid. Halte noch ein bisschen durch, E.T. aus Halle! Maxi Leinkauf
Auch abseits der Verwertung ihres Fleisches, ihrer Federn und Eier dienen Vögel dem Menschen seit Langem als Nutztiere. Sei es zur Unterhaltung durch sprachbegabte Exemplare (Beo oder verschiedene Papageienarten) oder als Wachpersonal (die heiligen Gänse von Rom). In Asien war das Kormoran-Fischen jahrhundertelang verbreitet. Die abgerichteten Vögel wurden mit einem Ring um den Hals daran gehindert, ihre Beute zu verschlucken. Und schon im alten Ägypten verwendete man Tauben als Briefboten (➝Taubenväter). Auf gezähmten Straußen lässt sich sogar reiten.
Viele Gartenbesitzer halten sich mittlerweile auch indische Laufenten, um den Schnecken Herr zu werden. Die flinken Schneckenkiller-Enten legen über 150 Eier pro Jahr. Das klingt auch nach einem gut gedeckten Frühstückstisch. SH
Bereits die Bezeichnung Techno legt nahe, dass diese Musik wenig mit Natur zu tun hat. Minimal-Produzent und DJ Dominik Eulberg benennt die Westerwälder Seenplatte aber als seine „Lieblingsplatte“, studiert Biologie und sitzt zur Entspannung am liebsten im Wald, um den Vögeln zuzuhören. Seine Alben tragen Titel wie Kreucht Fleucht oder Flora Fauna. Auf dem 1997 erschienenen Werk Heimische Gefilde bedient sich Eulberg nicht nur bei den Tönen der Natur, sondern erzählt zwischen jedem Track etwas über die Geräusche, vor allem über die Laute der Vögel. So erfahren wir beispielsweise von den bedrohlichen Rufen des Eistauchers, welche gern in Horrorfilmen verwendet werden, von den Lauten des Waldkauzweibchens, die sich wie ein unheimliches „Komm mit“ anhören, oder vom romantischen Frühlingslied der Goldammer, das klingt, als sänge sie „Wie, wie, wie hab ich dich lieb?“ Die Autorin dieser Zeilen ist auf jeden Fall verzückt. Maike Hank
Das Denken der Deutschen kreist oft um Vögel. Zumindest finden sich viele Redensarten, die Analogien zwischen Menschlichem und Tierischem nahelegen. „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, rät zum Frühaufstehen. Durchaus aufmunternd meint eine andere Redensart, „nicht den Kopf in den Sand zu stecken“ – also kein Vogel-Strauß-Verhalten zu zeigen. Und weil eine Krähe der anderen kein Auge aushackt, muss man schon eine Meise haben oder wenigstens ein schräger Vogel sein, wenn man den Spatz in der Hand nicht höher einschätzt als die Taube auf dem Dach. Den Vogel abzuschießen – das gelingt nur dem komischen Kauz. Frei wie ein Vogel übergeht er die allgemein herrschenden Gesellschaftskonventionen und fühlt sich womöglich auch noch als Herr der Lüfte. Er sieht nicht ein, seinen toten Vogel in der Tasche zu lassen – was bedeutet, dass er seinen Blähungen freien Lauf lässt. Mögen auch alle um ihn herum ihm deswegen einen Vogel zeigen. TP
Mein Vater züchtete Brieftauben, was seine ganze Freizeit bestimmte. Taubenvater zu sein, ist zeitaufwendig. Mein Zimmer lag direkt unter dem Dach, und noch heute höre ich dieses Geräusch, das entstand, wenn mein Vater einen Schwung Getreide auf den Boden warf und 40 Tauben anfingen zu picken. In der Großstadt kann sich kein Mensch vorstellen, dass man zu diesen Tieren ein Verhältnis aufbauen kann. Oder dass Taubenzüchten und Auf-Reisen-Schicken in eine Art Wissenschaft ausarten können. Tauben sind im Ruhrgebiet das Rennpferd des kleinen Mannes. Beringt und Hunderte Kilometer vom Heimatschlag ausgesetzt, lassen Tauben-Reisevereinigungen sie um die Wette fliegen. Mit Stadttauben, den Ratten der Lüfte, haben die Brieftauben dabei gar nichts gemein. Jutta Zeise
Die sogenannten Darwinfinken spielten für die Zoologie eine entscheidende Rolle. Die kleinen Kerle revolutionierten das Weltbild und rückten die Stellung des Menschen im Kosmos gerade. Anhand der Finken – es gibt heute 15 Arten, und sie kommen ausschließlich auf den Galapagos-Inseln vor – entdeckte Darwin das Evolutionsprinzip. Alle Spezies stammen von einem Ahnen ab und konnten sich auf den Inseln wegen der fehlenden Konkurrenz prächtig entwickeln, bis eine Überbevölkerung die Vorteile neuer Schnabelformen zur Geltung brachte. So verfügen die Kernbeißerfinken über besonders kräftige Schnäbel und können damit Samenkerne knacken. Der längliche Schnabel der Stocherfinken erlaubt das Herumstochern nach Insekten in Rindenspalten. Und der Pflanzenesser-Baumfink zerquetscht mit seinem papageienartigen Schnabel Früchte. So wurden die Finken zu Darwins wissenschaftlicher Hilfskraft, mit der er die Genesis als Mär enttarnte und den Menschen als Krone der Schöpfung entthronte. TP
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