Das Glück, immer wieder

Werbung Wie Litfaßsäulen und Plakatwände uns immer wieder ins Leere schicken

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Apple Werbung in Berlin
Apple Werbung in Berlin

Foto: Amt für Werbefreiheit

Das Glück ist der Himmel der Moderne. Während der Himmel in früheren Zeiten zumindest dem Hörigen noch als eine Art Exit gewiss schien, ist es heute ungleich schwieriger: das Glück wartet auf uns. Und zwar hier und jetzt. Jeder Tag ohne es scheint verloren zu sein.

Während die meisten Menschen zunächst angeben, dass Freunde, Familie und die Liebe zu den wichtigsten Garanten des Glücks gehören, sprechen wir alle immer weniger miteinander. Dafür gehen jedes Wochenende Tausende ins Einkaufszentrum, jeden Abend online, um es schneller zu machen und sich das erhebende Gefühl einfach zu kaufen.

In einer Gesellschaft, in der die Angst vor dem sozialen Abstieg eingeimpft ist wie das Versprechen vom Guten Leben in Reichtum als Belohnung für den Ehrgeizigen und Strebsamen, ist das käufliche Glück nicht nur die Abkürzung. Sie ist Teil des Geschäfts.

Jeden Tag wird uns weiß gemacht, dass wir mit diesem und jenem glücklicher werden können. Mithilfe eines Upgrades besser und effizienter werden. Das Versprechen vom Erfolg ist der ultimative Schlüssel zum Glück in der Gesellschaft der Ängstlichen. Denn er verbindet sozialen und finanziellen Reichtum mit Anerkennung. Und mit Sicherheit.

„The advertising industry leads us to believe that life will be improved by the purchase of a product. The purchase of a product requires money. Money requires hard work. Or debt.”

… schreibt Tom Hodgkinson in “How to be idle”. Aus seiner Sicht bewegen wir uns in einem gefährlichen Kreislauf, der nicht zuletzt durch die Werbung ausgelöst wird, die das Versprechen vom Glück jedes mal neu besetzt, wenn sie uns mit ihren emotionalen Storys manipuliert. Sie bringt uns dazu immer mehr zu arbeiten, um immer mehr ausgeben zu können.

Werbung erreicht jeden und definiert dabei nicht nur individuelle Wünsche und Glücksvorstellungen. Sie definiert den gesellschaftlichen Konsens über das Antlitz eines guten Lebens und schafft damit ein Klima, das uns alle zu strebsamen kleinen Helfern eines Systems macht, welches uns auf einer Achterbahn zwischen einem Gefühl der Unzufriedenheit und der Erwartung des ganz großen Erfolgs im Kreis fahren lässt.

Mit jedem Werbekontakt bekommen wir einmal mehr das Gefühl, dass wir etwas brauchen. Dass Glück käuflich ist. Er lenkt uns von der Frage ab, ob das, was wir tun, wirklich richtig ist. Er verhindert Reflexion.

Und mit jedem Kauf eines neuen Smartphones, einer neuen Hose oder eines neuen Autos erlösen wir uns von dem quälendem Gedanken, der durch jeden kleinen Fernsehspot, jede Anzeigetafel und jedes Gespräch mit Freunden über das neueste Phone in unser Gehirn gepflanzt wurde. Von der Fantasie, dass wir nach unserem Einkauf ein besseres Leben führen könnten.

Nach nur wenigen Tagen im Besitz dieser Errungenschaft aber verlieren wir dieses Gefühl des anfänglichen Triumphs wieder. Das Versprechen von Glück weicht der Erkenntnis über die Enttäuschung. Und noch immer sind wir nicht genug da für Freunde und Familie, noch immer wollen wir mehr Liebe.

Doch das nächste Versprechen vom besseren Leben wartet schon.

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Am 15. Juni wird das Amt im Görlitzer Park Berlin mit dem Sammeln von Unterschriften für eine politische Intitiative mit dem Ziel der Verbannung von Aussenwerbung beginnen. Zwischen 12 und 14 Uhr. Komm dazu! :-)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Amt für Werbefreiheit

Das Amt für Werbefreiheit und Gutes Leben kämpft für ein von Außenwerbung befreites Berlin Friedrichshain-Kreuzberg bis 2014.

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