Horst Seehofers Team für das Innenministerium wurde vergangene Woche in den Medien kritisch bis spöttisch diskutiert: 100 Prozent Männer, keine einzige Frau! Doch das Bild seiner Mannschaft zeigt eine mangelnde Diversität bei der Personenwahl, die leider kein Einzelfall ist. Nicht nur die Politik braucht mehr Frauen für eine ausgeglichenere Repräsentation von Interessen und Themen – sondern auch die Medien.
Vielfalt ist ein Qualitätsmerkmal von Medien, das gilt nicht nur für die Artikel, sondern auch für das, was zu sehen ist. Bereits 2014 habe ich deshalb die Darstellung von Männern und Frauen als Aspekt visueller Vielfalt in Stichproben untersucht. 2017 und 2018 stellt sich im Vergleich zur ersten Untersuchung das Verhältnis sehr ähnlich und weiterhin unausgewogen dar.
So fanden sich in der SZ und der FAZ durchschnittlich 63 Prozent Abbildungen von Männern. Demgegenüber zeigten nur 16 Prozent der Bilder Frauen. Auf den restlichen 22 Prozent waren Männer und Frauen zusammen zu sehen.
Woher kommt diese einseitige Gewichtung? Wenn Seehofer keine Frau in sein Team beruft, kann man anschließend auch keine Frau auf dem Pressefoto zeigen. Anders verhält es sich dort, wo sich die Notwendigkeit nur scheinbar aus dem Thema heraus ergibt. Die SZ veröffentlichte etwa am 5. März in ihrem Sportteil 29 Bilder. 25 Bilder davon zeigten Männer (16 behandelten Fußball), drei bildeten Frauen ab und auf einem Bild waren beide Geschlechter zu sehen. Warum werden Frauen im Sportteil kaum dargestellt? Fußball spielen sie ähnlich erfolgreich wie die Männer: Es stellt sich die Frage, ob Frauen hier generell ein geringerer Nachrichtenwert zugeschrieben wird als Männern.
Dass Seehofer nur Männer im Team haben will, ist zunächst ein Ausweis seiner eigenen Rückschrittlichkeit. Dass so viele Chef-, Art- und Bildredaktionen eine deutliche Männergewichtung bei Themen und Visualität setzen, ist schwer verständlich. Manchmal ist der visuelle Fokus auf die Darstellung von Männern auch frei gewählt; sprich: das Thema ist geschlechtsneutral, wird aber mit einem Mann bebildert.
Wie steht es eigentlich um den Freitag? Für diesen Text wurden die letzten vier Ausgaben ausgewertet. Das Ergebnis: 54 Prozent Bilder von Männern, 32 Prozent Bilder von Frauen und 15 Prozent Darstellungen von Männern und Frauen. Das Ergebnis ist besser als der oben genannte Durchschnitt – die Zahlen sind ähnlich gelagert wie bei taz, FR und Bild.
Eine strategische Überprüfung der Darstellung von Männern und Frauen empfiehlt sich allen Redaktionen. Medien, die vielfältig sein möchten, die einen Beitrag zur kritischen Meinungsbildung leisten möchten, können diesem Anspruch nicht gerecht werden, wenn ihre Vielfalt vor allem eine männliche ist. Dass es auch anders geht, haben die taz, die FR und der Freitag erst kürzlich anlässlich des Weltfrauentags gezeigt: Der Anteil der Abbildungen von Frauen hatte sich plötzlich erhöht. Selbst bei der FAZ war dies der Fall: Drei Tage zuvor gab es in der ganzen Zeitung nur zwei Bilder (5 Prozent) mit Frauen, am Weltfrauentag waren es immerhin zwölf (26 Prozent). Geht doch!
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