ALEXANDER BUSCHE macht: marfa

Interview-Chat Einmal quer durch Deutschland, mindestens

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Hi Al, schön dass wir jetzt zusammen chatten können. Bist du in Berlin? oder wo bist du jetzt gerade??

Alexander Busche: Ich bin in Oberaudorf. Also quasi gegenüber von Erl auf der deutschen Seite des Inns. Bei Kufstein.

Habt ihr besseres Wetter als hier - hier ist es allerseelenhafterweise in der Tat so wie es ist.

AB: Hier ist Superwetter gewesen, mit Sonne total nach aufgelöstem Frühnebel über dem Inntal und ziemlich warm dank Föhn. Früstück am 1. 11. auf dem Balkon, das ist nice.

Machst du Urlaub? oder was machst du da gerade??

AB: Ich bin gerade hier für die Vorbereitung der Wintersaison der Tiroler Festspiele Erl - und ich arbeite auch schon an den Inhalten der nächsten marfa. Zumindest an der Planung. Außerdem gebe ich gerade ein Seminar an der Uni Bayreuth, da fahre ich Donnerstag bis Freitag hin. Und am WE bin ich selber im Seminar in Berlin und werde in Leadership unterrichtet. Das volle Programm.

Workaholic?

AB: Ne, wissbegierig, neugierig und fleißig. Das ist was anderes. Und gut organisiert. Dann kann man bei all der Arbeit auch mal nen Tag frei machen - so wie heute. Hier ist ja Feiertag.

Magst du Oper? (Tolle Frage, bin ganz stolz darauf.)

AB: Ich MACHE Oper - das wäre wohl die ehrlichste Antwort. Naja, ich mag sie auch, sonst würde ich sie nicht MACHEN. Aber es ist tatsächlich so, dass ich nie beim Thema Oper so abgehen würde wie ein eingefleischter Opernfan, der immer überall hinreist, um den und die genau in der Produktion zu sehen. Das ist wohl ein den Beruf begleitender Effekt. Aber ich schaue mir gern was an - muss ich ja auch für die marfa - und entdecke gern neue Themen rund um die Oper, die das Metier dann auch für mich wieder interessant macht. Und davon lebt vor allem auch marfa.

Du warst paar Jahre auf dem Grünen Hügel rechte Hand von Katharina Wagner - kann man das so sagen?

AB: Dafür gibt es so viele Begriffe: "Aktentaschenträger" sagt Frau Büning - "rechte Hand"wäre auch so einer... Wer aber die Siemens Festspielnacht aus der Taufe hebt, diese drei Jahre organisiert, zwei Kinderopern schreibt und diese vom gesamten Projektmanagement her betreut, das gesamte Marketing rund um die DVD- und CD-Veröffentlichungen bis hin zur ökonomischen Seite und den damit einhergehenden Ausschüttungen an Künstler betreut, ein Gastspiel nach Abu Dhabi mit dem Orchester der Festspiele organisiert und und und, der ist vielleicht etwas mehr als ein "Aktentaschenträger"oder "rechte Hand"...

Ich bin übrigens rein zufällig auf marfa aufmerksam geworden, plötzlich stieß ich nämlich auf den Leonore-Text im Online-Feuilleton der FAZ, in dem die Überschriftenfrage lautete: "Was finden Homosexuelle an der Oper so toll?" Ja und da tat die Texterin dann deine marfa als schwules Opernmagazin einschubladen. Was sagst du dazu?

AB: marfa ist auch schwul, aber nicht nur und eigentlich rein gar nicht. Aber es hat viel Aufmerksamkeit mit sich gebracht, dass das Magazin überhaupt in der FAZ erwähnt wurde. Da sieht man mal galant über Fehlrecherchen hinweg. Das Witzige ist, dass auch Frau Büning von mir immer ein Exemplar zugesandt bekommt. Hat sie wohl noch nie reingeschaut.

Doch, doch, das wird sie schon, da kennt sie nix.

AB: Wie gesagt, gute Werbung mit nachhaltiger Wirkung für mich und die marfa, aber ansonsten ein Artikel, der aus meiner Sicht wenig weitere Beachtung erfahren sollte.

Bist du Wagnerianer? oder doch nur wagnersüchtig?? (Wieder so zwei tolle Fragen, wo ich ganz, ganz stolz drauf bin.)

AB: Ich bin kein Wagnerianer - das hab ich ja auch als erstes im Prolog meines Wagner-Buches [Mein Wagner, erschienen bei Grebennikov, Berlin 2012] klargestellt. Und - ganz ehrlich - kann ich Wagner auch berufsbedingt kaum noch hören und sehen. Stimmt so natürlich nicht, aber da das der Komponist ist, dessen Werke ich (aus welchen Gründen auch immer) am meisten besuche und auch beruflich betreue, bin ich immer auf Knien dankbar, wenn ich etwas anderes oder gar mal was Neues sehe.

Wie fandest du den Castorf-Ring? (Nur so am Rande gefragt.) Ich fand ihn toll!

AB: Ich hab ihn gar nicht gesehen. Ich war ja zwei Jahre gar nicht in Bayreuth. Danach hab' ich erst wieder Tristan von Katharina gesehen. Aber für mich ist das derzeit auch schwierig, weil ich im Juli selber die Erler Festspiele manage. Und nach 25 Tagen Festival hat man anderes im Kopf als dann gleich wieder zu andern Festivals zu gehen.

Versteh, versteh. Tirol und Hamburg sind jetzt also, außer Bayreuth, deine aktuellen Arbeitsstätten?

AB: Einmal quer durchs Land. Bin allerdings auch viel in München, das dann aber aus privaten Gründen. Spiele da im Orchester und tanze jetzt auch wieder. So etwas geht nur in München. Hier, auf dem Land, gibt es keinen Verein.

Du bist auch Musiker (wow!), ja und tanzen tust du auch noch (mega-wow!!)...

AB: Ich spiele Geige und Klavier. Und mache seit Jahren (jetzt nach vierjähriger Unterbrechung) wieder Formationstanz. Bin der Formations-Opa mit 38, aber so what?

So ein Tausendsassa also - bleibt da überhaupt noch Zeit für Lust & Liebe und die ganzen andern zeitraubenden "Sachen"?

AB: Wenn man das gut miteinander verbindet, dann mehr als wenn ich nur daheim in einer meiner Wohnungen hocken würde...

...nach dem Motto halt: "Und abends in die Oper"?

A.B: Naja, Fakt ist ja, dass ich aus all den Unternehmungen viel Energie ziehe. Ich habe mich jetzt vier Jahre fast nur auf den Job konzentriert, war sehr viel hier in Oberaudorf und habe die Tiroler Festspiele Erl mit vorangebracht. Daraus entstand dann auch die marfa. Ich war dann doch mitunter abends daheim und hatte nichts zu tun. Ein soziales Umfeld gibt es hier für mich als Vielreisenden auch nicht gerade. Das ist und bleibt doch eher in Berlin. Somit hatte ich abends und nachts (ich bin zudem ein Nachtmensch) Zeit, um mich einem eigenen Projekt zu widmen. Das war eben marfa. Das läuft jetzt aber auch und hat sich in meinen Lebensablauf mit integriert. Somit war Platz und Zeit für Neues. Das bin ich dann konsequent angegangen und merke jetzt erst, wie viel man mehr schafft, wenn man mehr macht. Ich zumindest bin da genau der Typ dafür.

Was bedeutet eigentlich dann marfa, so vom Wort her?

AB: Das ist die Titelpartie in Rimsky-Korsakows Zarenbraut. Und da Olga [Olga Peretyatko] in der ersten marfa-Ausgabe ein langes Interview gegeben hatte und sie mit dieser Partie ihren Durchbruch an der Berliner Staatsoper feierte - und das Magazin ursprünglich deutsch-russisch erscheinen sollte - war dies für mich der perfekte Name. Und jetzt stellt sich heraus, dass die dem Namen inne wohnende Abstraktheit dem Operntitel gut tut, weil kaum jemand etwas damit verbindet und jeder den Namen als etwas ganz Eigenes, Selbstverständliches benutzt.

Gut, dass du das jetzt aufgeklärt hast - wäre ich wohl nie darauf gekommen.

AB: Und das ist eigentlich ganz gut. So spricht jeder von "der" marfa - als ob es eine ganz eigene Sache wäre.

Und hast du (außer Zarenbraut) auch eine absolute Lieblingsoper? Oder gibts in puncto Lieblinge dann außer Oper noch was Anderes??

AB: Ich liebe Elisabeth! Bin ein totaler Musical-Fan und kenne dann wiederum auch zu viele Opern der unterschiedlichsten Epochen, als dass ich eine Lieblingsoper hätte. Uraufführungen reizen mich auch ganz besonders. Moritz Eggerts Terra nova war richtig gut. Ich bin da zu offen, um mich da selbst einzuschränken.

Find' ich absolut, dass du das dann so siehst...

AB: Und dann geht das ja auch wiederum in den unterschiedlichsten Bereichen in Detailfragen. So ist die ursprüngliche, französische Version von Les Miserable - also das originale Konzeptalbum, das dann zum Musical wurde - so viel besser als das Bühnenwerk selbst. Viel spannender sprachlich, viel exakter, viel kompakter in der eigenen Dramaturgie, die für die Bühne m.E. komplett zerlegt wurde. Somit ist die Version von Les Miz mein Liebling, aber nicht Les Mizper se.

Bin jetzt noch einmal ganz, ganz superneugierig: Du stehst dem "Klub kultureller Utopisten 4930" vor - erklär' mal kurz, vor allem dieses "4930".

AB: Das ist eigentlich nur ein Kunstgriff, um die eigene Präsentation auf meiner Homepage spannender zu gestalten. Ich will ja Marketing machen und Kreativität in diesem wie auch im managerialen Bereich verkaufen. Da war ich der Meinung, dass auch meine Homepage mehr vermitteln sollte als nur Angaben zu meiner Person, sondern auch ein ganzes Konzept dazu. Das ist der "Klub kultureller Utopisten". Das wird da auch alles erklärt, daher hier nur die Kurzfassung: Es geht darum, dass wir mit Zuversicht und Mut an die weitere Gestaltung von Kultur in Deutschland und der Welt herangehen sollten. Um das aber zu machen, braucht es nicht nur Visionen, sondern auch eine gewisse Form der Utopie, um über die "normalen", zuvor bereits gedachten Visionen, die sich meist sehr ähneln, hinauszukommen. That's it.

Soweit schon klar - und die "4930" ist dann (so vermute ich) deine Geheimzahl, und ich könnte damit alle deine Konten knacken, oder etwa nicht??

AB: "4930" ist die alte, vierstellige Postleitzahl von Detmold. Etwas Nostalgie ist ja auch mal schön.

Jetzt haben wir auch das schlussendlich aufgeklärt - für heute fällt mir dann (vorerster Weise) nix mehr ein, was dich von meiner Warte aus zu fortführenden Selbstauskünften locken könnte. Danke für das pfiffige Gespräch, hat Spaß gemacht.

AB: Ich fand es auch mal was anderes. Dank dir!

[Der Chat mit Alexander Busche fand am 1. November 2016 für KULTURA-EXTRA statt.]

Weitere Infos siehe auch: http://www.marfa-oper.com

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

Andre Sokolowski

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