BLACK HOLE mit Musik & Hypnose

Performance Solistenensemble Kaleidoskop & Martin Eder installierten Trauerrituale

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Das Solistenensemble Kaleidoskop hat jetzt mit dem Künstler und Hypnotiseur Martin Eder zusammengearbeitet - sie führten heute Abend erstmals Black Hole auf - "eine installative Musikperformance, die sich in Form eines Requiems mit der Kraft und den Abläufen von Trauerritualen und der Interaktion von Bewusstem und Unbewusstem beschäftigt" (wie es sophiensaele.com kommuniziert); die Sophiensaele waren in diesem Fall nicht nur Veranstaltungsort, sondern gleichsam Koproduzent.

Was war da los:

Zunächst betritt man den normaler Weise als Kantine oder Bar genutzten Vorraum der Sophiensaele im 1. Stock - dieser ist in ein aufreizendes rotes Scheinwerferlicht getaucht. In der Mitte eine Art Altar mit großen Vasen, worin ganz bevorzugt Lilien stecken. Auch lädt ein sehr schön arrangiertes kulinarisches Stilleben (mit Brot, Butter, Käse, Rotwein) ein, sich leichenschmaushaft zu beköstigen...

Nunmehr wird nacheinander zum Einlass in den Festsaal gebeten...

Dort ist es finster wie im tiefen Wald und riecht nach Weihrauch. Schwarz und dunkelgrau und etwas heller (durch die Weihrauchschwaden unter sparsam-müden Lichtquellen, die hie und da die Dunkelheit von oben portionierend schneiden)... An den Wänden Sitzreihen fürs Publikum; einige Plätze sind bereits durch anwesende Musikerinnen und Musiker des Solistenensembles Kaleidoskop in Beschlag genommen worden... Man wandelt an ihnen vorbei, im Kreise, und man sucht sich schließlich selber einen Sitzplatz aus...

In der Mitte ein gigantisch anmutender schwarzer Quader, dessen materielle Schwere durch einen ihn vierseitig umschließenden Gazevorhang hervorgetäuscht wird - auf dem Boden, im absoluten Zentrum des Raumes, entdeckt man eine(n) "leblos" Liegende(n); das Bild assoziiert eine(n) Gestorbene(n)...

Black Hole = das Schwarze Loch, worein du fällst, wenn dich der Halt verlässt. Grund kann der plötzliche Tod eines dir nahe stehenden oder nahe gestanden habenden Menschen sein - - diese Idee ist überhaupt nicht abwegig; die so getitelte Performance spielt wohl auch mit diesem einen Bild...

Es werden explizite "Todesmusiken" gereicht - und im Programmheft kann man die gesamte Listung nachlesen; dort steht:"Die Werke in der Reihenfolge ihres Erklingens wurden hierzu mit den psychologischen Trauerstufen ('Transzyklen') nach Canacakis und denen des Requiems verschränkt." / Das liest sich kompliziert und hört sich allerdings betörend schön an. Werke sowie Werkbearbeitungen von/nach Ligeti, Pärt, Xenakis, Tenney - sogar vier Uraufführungen Paul Valikoski's...

Martin Eder fängt vereinzelt mit Hypnosen an; er holt sich Leute aus dem Publikum. Das Ritual ist: Händestreicheln, Auge-zu-Auge-Kontakt, Fingerspreizen, Fallenlassen, Auffangen (durch Assistenten), Hingelegtwerden sprich "Aufbahren"...

Dann geht dieser Gazevorhang nach oben, und der Raum wird grenzenlos... Weitere Hypnotiseurinnen/Hypnotiseure machen sich ans Werk und holen nacheinander Leute aus dem Publikum. Die Rituale wie von Eder vorgemacht...

Per Lichtteppich wird ein Über-den-Wolken-Sein erzeugt - - die Auf- und Abgänge von Eder sowie seinen anderen Hypnotiseurinnen/Hypnotiseuren nebst den Leuten aus dem Publikum erfolgen wie ein Kommen und/oder Verschwinden aus dem/in den Nebel; das sieht völlig irre aus!!!

Am Ende liegen über 50 oder 60 oder 70 Leute, eingeschlummert, auf dem Boden...

Black Hole.

Allmählich rötet sich der Festsaal auf.

Erwachensschübe.

* * *

Hält man es für möglich?!

[Erstveröffentlicht von Andre Sokolowski am 25.02.2016 auf KULTURA-EXTRA]

BLACK HOLE (Sophiensaele Berlin, 25.02.2016)
Musik und Performance: Solistenensemble Kaleidoskop und Martin Eder
Realisation: Bianca van der Schoot und Suzan Boogaerdt
Konzept: Michael Rauter, Bastian Zimmermann und Martin Eder
Ausstattung: Martin Eder
Dramaturgie: Bastian Zimmermann
Musikkonzept und Komposition: Paul Valikoski und Michael Rauter
Klangregie: Johann Günther
Video: Moritz Stumm
Licht: Jürgen Kolb und Dirk Lutz
Bühnenbildassistenz: Lilli Moors
Einstudierung Chor: Michael Geisler
Premiere war am 25. Februar 2016
Weitere Termine: 26. - 28. 2. 2016
Eine Produktion von Solistenensemble Kaleidoskop

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

Andre Sokolowski

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