CHRISTIAN ELSNER singt Schubert-Lieder

CD-Kritik Marek Janowski und das RSB "begleiten" mit Orchestrierungen von Reger und Webern

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

http://www.kultura-extra.de/templates/getbildtext.php?text_id=8959

Der Komponist Franz Schubert (1797-1828) wird wohl vorrangiger Weise mit dem deutschsprachigen Kunstlied in schier instinktive Assoziation gebracht. 600 Exemplare dieses Genres werden allgemein gezählt. Die seiner Zeit berühmtesten und auch bekanntesten (Lied-) Dichter "lieferten" das Textzeugs; Wilhelm Müller, beispielsweise, ragte da ganz exemplarisch-groß heraus -Die schöne Müllerin und Winterreise sind die vielleicht zeitlosesten also ewig-bleibenden Liedzyklen, die es überhaupt (nicht nur von Schubert) gibt!

Im Allgemeinen stellt man sich das Kunstlied ja mit einem Sänger oder einer Sängerin UND einem Pianisten vor; und auch der Schubert hatte also überwiegend Lied-Werke für Stimme & Klavier geschrieben. Dass es immer wieder mal (nicht nur im Falle Schubert) auch Bearbeitungen resp. Orchestrierungen von Kunstliedern gegeben hatte, ist durch dieses oder jenes Beispiel populär oder auch nicht so populär belegt.

Max Reger oder Anton Webern hatten - was die wenigsten Musik- und Schubertfreunde vielleicht wissen - auch das eine oder andere Kunstlied (von Schubert) orchestriert. Zumeist waren/sind das so Launen oder Handgelenksübungen der Besagten; zwingen tat sie jedenfalls kein Mensch hierzu.

* *

Marek Janowski wollte jetzt eine aus 17 Schubert-Liedern bestehende "Kostprobe" dieser komponistenkollegialen Raritätensammlungen zum Besten geben. Mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und dem formidablen (und in vorliegenden Aufnahmen nicht selten stark baritonal klingenden) Tenor und Schubertkenner Christian Elsner (!) setzte er sein ehrgeiziges Unterfangen strikt und kompromisslos um:

Wir werden - was nicht anders zu erwarten war - nüchterne Ohrenzeugen dessen, dass durch orchestrale Überzuckerung und/oder orchestrales Aufgedunsensein den Schubert-Kunstliedern an sich nicht groß denn beizukommen war und ist - sie wurden und sie sind mit einem Male fremd und waren/sind als das, was eigentlich doch nur durch dieses kammermusikhaftige Intimsein (Stimme & Klavier halt) möglich sein kann, schlicht nicht mehr "erkennbar". Irgendso was in der Richtung Schubert meint man zu vernehmen, aber sosehr angesüßt und überdickt?

Ich fand - was übrigens nicht gegen die Veröffentlichung dieser Raritäten spricht - kein Beispiel unter diesen 17 angehörten Liedern, wo ich hätte sagen wollen, dass es die "Entdeckung" wert gewesen wäre. Merke: Orchestriertes (besser noch: fremd-orchestriertes) Schubert-Liedgut funktioniert ganz einfach nicht.

Trotzdem - der Dank für diese Einsicht sei dem ausführenden Personal im Nachhinein gewiss.

[Erstveröffentlichung von Andre Sokolowski am 03.11.2015 auf KULTURA-EXTRA]

Schubert Lieder - orchestriert von Max Reger & Anton Webern
Christian Elsner, Tenor
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Dirigent: Marek Janowski
PENTATONE 2015
PTC 5186394

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

Andre Sokolowski

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden