ELIZABETH SCHWARTZ (69) tanzte Isadora Duncan

Kurzkritik Aufschlussreiche und anrührende Performance (konzipiert von Jérôme Bel) beim diesjährigen Festival TANZ IM AUGUST

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Die künstlerische und v.a. choreografische will sagen tänzerische Auseinandersetzung mit der legendären Isadora Duncan (1877-1927) zählt längst zum Standard heutigen Tanztheaters. Unsereiner tat (als Beispiel nur) vor ungefähr drei Jahren Mirjam Sögners Stück The Dancer of the Future rezipieren. Sie und ihr Kollege Gerard Reyes hoben diesbezüglich auf das gleichlautende und bis heute nicht ganz unumstrittene Pamphlet, in dem die Duncan sich [lt. Wikipedia] "nicht allein gegen das Ballett, sondern auch gegen die Zivilisation an sich" richtete, ab.

Eingebetteter Medieninhalt

*

Ganz anders ging es jetzt Jérôme Bel an, der - zum Thema Isadora Duncan - ein Porträtstück mit und für die Tänzerin und Lehrerin Elizabeth Schwartz (69) kreierte; seine Assistentin Sheila Atala geleitete mit Zwischentexten und choreografiebezüglichen Originalzitaten durch den hochinformativen und stark anrührenden Abend:

Wir erfahren also jede Menge zu Person und Werk, zum Beispiel dass es an die hundert Choreografien und von ihnen lediglich mal zirka 40 (meistens kurze) Tänze gibt, die aus der Zeit der Duncan zu uns überliefert wurden, ja und dass die sog. "Isadorangles" (einige von ihren Kindern) dabei eine wesentliche Rolle spielten, weil sie halt kraft ihres TänzerInnenwissens authentizitäre Brücken bis zur Gegenwart zu schlagen in der Lage waren...

Duncan unterlegte ihren Solo-Auftritten recht "spärliche" Musiken, meistens kurze und wahrscheinlich live gespielte Stücke für Klavier, nach denen sie dann tanzte.

Die Performance gestern Abend demonstrierte das - durch einen jeweils dreimaligen Durchlauf (1. unkommentiertes Original, 2. musiklos mit kommentierten Schrittfolgen, 3. mit Musik und Kommentar) - an einigen markanten Beispielen; die Tänze Mutter oder Revolutionär, beide auf Klavieretüden von Skrjabin, fielen dabei rahmensprengend ins Gewicht.

Elizabeth & Sheila integrierten außerdem zehn Leute aus dem Publikum in die Performance, und zu zwölft studierten sie dann einen Teil eines Chopin-Preludes - wieder in einem dreimaligen Ablauf - ein.

Schon unvergesslich.

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 19.08.2019.]

Isadora Duncan (Deutsches Theater Berlin, 18.08.2019)
Konzept: Jérôme Bel
Choreografie: Isadora Duncan
Mit: Elisabeth Schwartz
Assistenz: Sheila Atala
Gastspiel beim Festival TANZ IM AUGUST

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

Andre Sokolowski

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden