Frau Kathrin Angerer, ohne Gewehre

Premierenkritik René Pollesch zeigt sein Stück DIE GEWEHRE DER FRAU KATHRIN ANGERER jetzt auch in "seiner" Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz

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Meine Begegnungen mit Texten René Polleschs sind von ernüchternder Natur, aber es war'n bislang ja auch nur zwei ("Libretto" für Jens Joneleits OperMetanoia, 2010 und Gasoline Bill, 2014) - und wie heißt es doch so schön: Alle guten Dinge sind drei:

In Polleschs Stück Die Gewehre der Frau Kathrin Angerer (uraufgeführt bei den diesjährigen WIENER FESTWOCHEN) zu gehen reizte mich in erster Linie deshalb, weil ich - nach der über vierjährigen familiären Auszeit des "Familienbunds" der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz - Kathrin Angerer und Martin Wuttke (die da mitspielten) endlich an ihrem alten Stammhaus wiedererleben wollte; und obgleich sie schon vor ein paar Tagen bei der Uraufführung von Polleschs Aufstieg und Fall eines Vorhangs und sein Leben dazwischen mitgewirkt hatten. Und mein Besuch erfolgte also aus rein sentimentalen Erwägungen heraus.

Ja und wie fand ich nun die beiden Altstars?

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Angerer (die ich zuletzt 2018 als "Einspringerin" bei Castorfs Haarigem Affen in Hamburg sah) trägt anfangs eine fetzige Perücke [s. Foto oben], und sie stellt auch anfangs klar, dass sie dann eigentlich in Brechts Die Gewehre der Frau Carrar die Titerolle spielen sollte, es zu diesem Spiel dann allerdings - aus was weiß ich für umständlichen Gründen - schlussendlich nicht kam, stattdessen sollte sie jetzt tanzen, und sie tanzte aber letztlich doch nicht, sondern musste jede Menge Blablabla, das ihr der Pollesch scheinbar auf den Leib geschrieben hatte, aus sich äußern; zum Finale ging sie dann noch richtig in die Tiefe, als sie über Tod & Leben und den Sieg des Körpers über'n Geist philosophierte...

Und der Wuttke (den ich neulich in 'nem superschrägen Film Maria Anna Westholzers als krebskranke Hauptfigur Ulrich Kainer im TV verfolgte) hatte ein paar Monologe mehr als Angerer, von denen einer beispielsweise, ziemlich zu Beginn des nervtötenden Zweistünders, das Thema Hollywood im Jahre 1938 abhandelte, auch zu Jesus Christus, der am Kreuze blutete, oder zu der Sport- oder Kultursportart des Wrestlings war dann dies & das erfahrbar, und er legte hochgeniale Ausrutschnummern aufs Parkett...

Ja und an sich sind Angerer & Wuttke, und egal was sie für Texte sprechen oder spielen würden, sowieso sehens- und hörenswert, immer und immerdar; aber das wissen sie!!

*

Der Guckkasten im Bühnenfass von Nina von Mechow war genial gedacht und auch gemacht.

Neben dem Starpaar schauspielerten zusätzlich noch diese Leute mit: Josefin Fischer, Lilith Krause, Rosa Lembeck und Marie Rosa Tietjen; auch Souffleuse Leonie Jenning war angezeigt.

Und Amateurtanz gab es mit neun engagierten jungen Frauen.

Quälend lustig alles das, im Ganzen freilich:

Wirr und flach.

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 30.09.2021.]

DIE GEWEHRE DER FRAU KATHRIN ANGERER (Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, 30.09.2021)
Text & Regie: René Pollesch
Bühne: Nina von Mechow
Das Bühnenbild beinhaltet eine großformatige Reproduktion der Zeichnung Monolith des Berliner Künstlers Alekos Hofstetter.​
Kostüme: Tabea Braun
Videokonzept: Jan Speckenbach
Live-Kamera: Jan Speckenbach und Marlene Blumert
Licht: Kevin Sock
Dramaturgie: Johanna Kobusch
Mit: Kathrin Angerer, Josefin Fischer, Lilith Krause, Rosa Lembeck, Thomas Schmauser, Marie Rosa Tietjen und Martin Wuttke
Tanz & Choreografie: Lilia Bassenge, Luna Caric, Carlotta Geßler, Greta Geyer, Paula Helge, Eleni Murkudis, Anna Marlene Steinberg, Juna Wendisch und Ida Aga Zinnen
Der Tanzchor ist Teil der Jugendcompany des motion*s Tanz- und Bewegungsstudios Berlin.
UA bei den Wiener Festwochen: 6. Juni 2021
Berliner Premiere: 30. September 2021
Weitere Termine: 02., 10., 30.10.2021
Koproduktion mit den Wiener Festwochen

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Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

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