MIET WARLOP macht mit viel, viel Gips

Performance Deutsche Erstaufführung von "Dragging the Bone" im HAU Hebbel am Ufer

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Dragging The Bone - Miet Warlop © Miet Warlop | Bildquelle: beursschouwburg.prezly.com

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Die belgische Gips-Künstlerin Miet Warlop zeigte gestern Abend ihr im Oktober letzten Jahres an der Beursschouwburg (Brüssel) uraufgeführtes Gips-Stück Dragging the Bone. Das war als Deutschland- also auch Berlin-Premiere vom HAU Hebbel am Ufer (das es mit vielen andern internationalen Partnern und Veranstaltern koproduzierte) angezeigt. Es zog sich keine Stunde hin und war sodurch vom Zeitausmaß her aushaltbar, ja und das Publikum spendete hierfür freundlichen, teils enthusiastischen Applaus.

Die Künstlerin verzaubere (lt. einer Annotation auf hebbel-am-ufer.de) "mit lebenden Skulpturen und animierten Objekten. Ausgangspunkt" ihrer Performance wäre "die Bronzeleber von Piacenza, eine antike Skulptur, die als Orakel verwendet wurde". Gut zu wissen oder auch egal, denn: Was wir sahen, sahen wir:

Der Bühnenbau von Collin Temple & Jeoren Dreezen zeigt uns, ziemlich hinten, so ein Dutzend "gähnender" Frisierhauben - die Assoziation entsteht beim ferngesteuerten und jeweiligen "Aufblasen" derselben. Dazu werden ("gähnende") Musikeinsprengsel aus den Komponisten- resp. Notenmischfedern von Stefaan Van Leuven & Stephen de Waele zugeliefert. Das sieht putzig aus und hört sich lustig an, also ein echter Aufhänger.

Dann kommt sie: die Akteurin - mit zwei Gipshänden; und außerdem trägt sie ihr langes, offnes Haar (die meiste Zeit im Übrigen) anstatt nach hinten vors Gesicht gevorhangt. Mittels einer wäschemangelartig aussehenden Haar-Entgipsungsvorrichtung bringt sie dann die Frisur zwei- oder dreimal sozusagen wieder "auf den Vordermann". Sehr witzig, doch, wir meinen das ganz ernst.

Ja und dann macht sie jede Menge Sachen und Aktionen mit viel Gips... Mit einem separaten linken Gipsbein, beispielsweise, komplettiert sie dann ihr (vorher noch mit einem Besenpinsel eingegipstes) richtig-rechtes Bein zu einem Gips-Bein-Paar - wobei sie ganz geschickt ihr "echtes" linkes Bein, was schwarz bestrumpft ist, meistens dann versteckt.

Dann "schlüpft" sie noch in ein von ihr geformtes Gips-Röckchen, womit sie auf dem Boden einmal rund herum, den Bühnenraum ausortend, rollt, was sehr viel Krach macht, weil das Gips-Röckchen wohl schwerer als so vorgetäuschte weiße Röckchenseide ist o.s.ä.

Ganz zum Schluss gibts eine kurze Tanzeinlage à la Dirty Dancing, und dann haut der Gips-Star seine Gips-Skulpturen auch schon kurz und klein, also das Meiste jedenfalls.

Erstaunte Gips-Trümmerbersichtigungen von paar an so Gips-Kunstdingen stark interessierten Zuschauern - beim Abgang durch den Saal.

Nein, was es Alles gibt.



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Miet Warlop - Dragging The Bone © Reinhout Hiel | Bildquelle: beursschouwburg.prezly.com

[Erstveröffentlichung von Andre Sokolowski am 02.04.2015 auf KULTURA-EXTRA]

DRAGGING THE BONE (HAU2, 01.04.2015)
Konzept, Regie, Skulpturen und Performance: Miet Warlop
Assistenz: Barbara Vackier
Kostüm-Assistenz: An Breughelmans & Sofie Durnez
Musik: Stefaan Van Leuven & Stephen de Waele
Technik & Licht: Babette Poncelet
Techniker: Jannes Dierynck et Hugh Roche Kelly
Outside eye: Danaï Anessiadou & Nicolas Provost
Management: Carl Gydé
Hospitanz Kostüme & Skulpturen: Margré Steensma & Elleke Frijters
Bühnenbau: Collin Temple & Jeoren Dreezen
Uraufführung war am 3. Oktober 2014 im Beursschouwburg (Brüssel)
Deutsche Premiere: 1. April 2015
Weiterer Termin: 2. 4. 2015
Eine Ko-Produktion von Irene Wool vzw., Latitudes Prod (Lille) mit dem HAU Hebbel am Ufer u.v.a. Partnern

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Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

Andre Sokolowski

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