MISSA SOLEMNIS von Beethoven

Konzertkritik Christian Thielemann dirigierte die Berliner Philharmoniker

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Aufführungen der Missa solemnis von Beethoven, einem der letzten Großwerke des Komponisten, sind sehr anspruchsvoll und ziemlich aufwändig - gottlob, wollte man fast schon sagen, denn so blieb und bleibt einem die jahresendzeitliche Wiederablutschungsmanie [ich sag' nur Weihnachtsoratorium, Neunte Sinfonie, Hänsel und Gretel, Fledermaus], was diesen ausnahmsvollen Fall betrifft, erspart; so richtig Gottgewolltes geht halt hochdimensional über Routiniges hinaus. Die letzten Darbietungen der Berliner Philharmoniker stammen von 2002 (Harnoncourt), 2007 (Haitink) und 2012 (Blomstedt).

Eingebetteter Medieninhalt

*

Meine allererste "Begegnung" mit diesem Sakral-Opus stammt aus der Teeniezeit; auf Platte gab es damals die Gewandhaus-Einspielung unter Masur - ich hatte sie hunderte Male gehört, und ich mochte lange Zeit die Stimme von Anna Tomowa-Sintow, die mir deutlich und vermittels ihres hochspitzen Sopran-Parts in fast abrufbarer Ohr-Erinnerung geblieben ist, mit keiner anderen vertauschen wollen. Vorgestern (und was für tolle "Parallelen" es doch gibt!) vermeinte ich Verwechselnd-Ähnliches zu hören: Luba Orgonášová, die kurzfristig in das Quartett der angetretenen SolistInnen einsprang, hatte doch tatsächlich so einen ähnlich-gleich klingenden Sound wie ihrer Zeit Tomowa-Sintow! Und das nicht nur punktuell, was meiner Idividual-Höre glatt auffiel, sondern bis zum Schluss hin irgendwie vorhanden - - hoffentlich versteht sie, falls sie das jetzt lesen sollte, wohlweislich als Kompliment!!

Und Komplimente gäbe es dann sicherlich zuhauf für diesen denkwürdigen Abend, den uns Christian Thielemann, die Philharmoniker und der grandiose Rundfunkchor Berlin (Choreinstudierung: Philipp Ahmann) schenken sollten.

Zwischen Dies- und Jenseits pendelt' "es": ein Wechselbad des Geistigen, ein Hin-und-her-Zweifeln über den Ihn oder das Ich, ein Auf und Ab leisen und lauten Temperaments...

Du wirst von Thielemann (er ist 1 Stunde und 20 Minuten lang der Boss fürs Ganze!) überhaupt nicht festgetuckert mit der Intention von Beethoven - dem Schöpfer dieses Gipfelwerkes - "bei den Singenden als bei den Zuhörenden religiöse Gefühle zu erwecken und dauernd zu machen" - - hier und heute tut sich "so etwas" ein bisschen demokratisch-vielfältiger ausgestalten und auch -leben. Ich für meinen Teil EMPFAND auf alle Fälle: was, bleibt freilich ein Geheimnis und ist sodurch innerlich.

Die Mezzosopranistin Elisabeth Kulman (!), der Tenor Daniel Behle (!!)und der Bass Franz-Josef Selig komplettierten das SolistInnenquartett.

Anhaltende Begeisterung.

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 15.12.2017]

BERLINER PHILHARMONIKER (Philharmonie Berlin, 14.12.2017)
Ludwig van Beethoven: Missa solemnis D-Dur op. 123
Luba Orgonášová, Sopran
Elisabeth Kulman, Mezzosopran
Daniel Behle, Tenor
Franz-Josef Selig, Bass
Rundfunkchor Berlin
Choreinstudierung: Philipp Ahmann
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Christian Thielemann

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

Andre Sokolowski

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden