Okka von der Damerau als Waldtaube

Coronakrise 6. Montagskonzert der Bayerischen Staatsoper

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Zu den anspruchsvollsten Live-Streams großer Opernhäuser und Konzertsäle - in Zeiten von Corona - zählen ohne jeden Zweifel die der Bayerischen Staatsoper! Stets montags kann man also weltweit einem etwa einstündigen Exklusiv-Programm mit namhaftesten Sängerinnen und Sängern, Musikerinnen und Musikern und (jedenfalls am Anfang dieser mittlerweile 6-teiligen Serie aus dem leeren Münchner Nationaltheater) Tänzerinnen und Tänzern via Internet auf staatsoper.tv oder auf YouTube folgen - möglichst gute Technik (HD-Bildschirm, HiFi-Stereo-Boxen oder HiFi-Kopfhörer) vorausgesetzt.

Ja und wann hat man schon einmal Gelegenheit, solch ausgewiesene ProtagonistInnen wie beispielsweise David Schultheiß (den 1. Konzertmeister des Bayerischen Staatsorchesters) oder Okka von der Damerau (die aktuelle Waltraute oder Brangäne hier am Hause; wir erlebten sie zum allerersten Male überhaupt dereinst in Bayreuth als Floßhilde und Grimgerde in dem legendären Castorf-Ring!) mit kammermusikalischen Gereichungen live zu genießen - das 6. MONTAGSKONZERT machte es unumständlich möglich:

Als erstes gab es einen ausgiebigen Brahms-Block, in dem einerseits die Violinsonate A-Dur op. 100 (am Klavier: Myron Romanul), andererseits vier raumfüllende Kunstlieder nach Texten Felix Schumanns, Klaus Groths, Heinrich Hoffmann von Fallerslebens und Karl Lemckes (am Klavier: Sophie Raynaud) erklangen.

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Dann wartete die Okka mit einer für Gesangsstimme und Klavier bearbeiteten Fassung des sog. Lieds der Waldtaube aus den Gurre-Liedern von Arnold Schönberg auf, wo man dann endlich auch mal jedes Wort im Einzelnen verstehen konnte - ja, denn wir erinnern uns, dass dieses chorsinfonische Großwerk eigentlich aus Hunderten von Mitwirkenden besteht und man zumeist bei diesem sog. Lied der Waldtaube nicht eine Textzeile verstehen kann, weil seine überlauten Zuschüttungen durchs Orchester das von vornherein verhindern würden, was uns wiederum mitnichten darüber hinwegtrösten könnte, dass wir solche Art "gewaltige Musik" in absehbarer Zeit nicht/ nicht mehr live erleben werden, weil es die noch eine Zeitlang geltenden Hygiene- sowie Abstandsregelungen regelrecht verunmöglichten. So ist halt der Stand der Dinge, momentan.

Doch nichts für ungut: Okka rang dann auch, indem sie uns Live-Mitdabeiseiende zu den aufmunternden Strauss-Liedern als moderierend Sprechende geleitete, um Fassung, und es rutschte ihr dann grade mal noch ein uns allbekanntes und noch immer Mut verleihendes "Wir schaffen das" heraus, was insgesamt natürlich völlig richtig und tatsächlich aufmunternd [auf jeden Fall bei mir] ankam.

Und Heinrich Harts "Wenn du es wüsstest"-Zeile aus Cäcilie op. 27 Nr. 2 ließ letzten Endes keine Wünsche weiter offen.

Schöner und beglückender Konzertabend.

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 12.05.2020.]

6. MONTAGSKONZERT (Nationaltheater München, 11.05.2020)
Johannes Brahms: Sonate für Violine und Klavier A-Dur op. 100
- "Meine Liebe ist grün wie der Fliederbusch" op. 63, Nr. 5
- "Wie Melodien zieht es mir" op. 105, Nr. 1
- Von ewiger Liebe op. 43, Nr. 1
- Verzagen op. 72, Nr. 4
Arnold Schönberg: Lied der Waldtaube aus Gurre-Lieder
Alban Berg: "Schließe mir die Augen beide" (1907)
Richard Strauss: Geduld op. 10, Nr. 5
Gustav Mahler: Erinnerung aus Lieder und Gesänge aus der Jugendzeit
- Scheiden und Meiden aus Des Knaben Wunderhorn
Richard Strauss: Nichts op. 10, Nr. 2
- Cäcilie op. 27, Nr. 2
David Schultheiß, Violine
Okka von der Damerau, Mezzosopran
Myron Romanul und Sophie Raynaud, Klavier
Live-Stream auf STAATSOPER.TV

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

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