PAVEMENT von und mit Kyle Abraham

Tanz im August Abraham.In.Motion versetzte das Publikum im Berliner HAU1 in das Pittsburgh der 1980er Jahre

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Mit Pavement (zu deutsch: Asphalt, Gehsteig, Trottoir) ist die Performance des US-amerikanischen Tänzers und Choreografen Kyle Abraham überschrieben. Die Bühne von Dan Scully wird im Hintergrund durch einen Zaun (Bauzaun?) bestimmt. Über ihm hängt - vor einem in der Höhe nicht viel größerem Videofenster, wo abwechselnde Fotos sowie Filme mit Pittsburgh-von-hinten-Motiven in Schwarz/Weiß zu sehen sind - ein Basketballkorb; später gibt's dann auch noch eine Wäscheleine, auf der drei Paar Turnschuhe umherbaumeln...

Wir konstatieren also schon beizeiten eine Art von großstädtischer Slum-Tristesse, vielleicht nicht ganz so schlimm wie an den Rändern Rios, doch sozial im Abseits; sicherlich. Aber wie überall auf dieser Welt - wo es nicht ganz so piefig-kleinsiedlungs-kleingartenhaftig wie in Deutschland (beispielsweise) ist - wird dort das Leben, vornehmlich das junge Leben, ungezügelt zelebriert:

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Ja und so wird in diesem einstündigen Stück "die aufregende Vielfalt und Eleganz urbaner Stile wie Hip Hop mit Ballett und zeitgenössischem Tanz" verbunden. Abraham würde hier "die 'Gangsta Boheme' der 1980er Jahre und das New Black Cinema wieder aufleben" lassen. Er "verweist auf den urbanen Lifestyle und eine Kultur der Diskriminierung in den traditionell schwarzen Stadtteilen seiner Geburtsstadt Pittsburgh: Die Viertel Homewood und Hill District, einst geprägt vom Jazz und intakten Nachbarschaften, sind längst durch das Drogenmillieu bestimmt."(Quelle: tanzimaugust.de)

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Die Vermittlung eines gewissen Feelings wird von uns, die wir ja in der überwiegenden Anzahl das jetzt nicht an Ort und Stelle prüfend nachvollziehen können, als "authentisch" wahrgenommen, was schon mal an sich einen nicht unimensen Vorschussgrad an Sympathiewerten für die Beteiligten ausmacht; wir schauen also diesen sieben jungen Leuten (der sich Abraham.In.Motion nennenden Truppe inkl. ihres Choreografen) gern bei ihrer Arbeit zu und freuen uns über so manchen ausgeklügelten und raffinierten tänzerischen Hype. Am Schluss des Stücks legen sich jeweils drei Akteure mit auf ihren Rücken verschränkten Armen bauchlings übereinander; das sieht schon toll aus.

Es gibt Sprache und Musik am Fließband: Filmszenen (ausschließlich nur akustisch), Hip-Hop, Britten und Barock. Das Alles nutzte sich nach einer halben Stunde etwas ab. Und eine irgendwie zusammenhängende Geschichte war daher am Anfang zwar erahnbar, löste sich jedoch "nach hinten" in zig Unverbindlichkeiten auf.

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 31.08.2016.]

Tanz im August

Pavement (HAU1, 30.08.2016)
Choreografie: Kyle Abraham in Zusammenarbeit mit Abraham.In.Motion
Mit Kyle Abraham, Matthew Baker, Vinson Fraley Jr., Tamisha Guy, Thomas House, Jeremy “Jae” Neal und Kevin Ricardo Tate
Dramaturgie: Charlotte Brathwaite
Künstlerische Beratung: Alexandra Wells
Kostüm: Kyle Abraham
Bühne und Lichtdesign: Dan Scully
Tonbearbeitung: Sam Crawford
Musik: J.C. Bach, Jacques Brel, Benjamin Britten, Antonio Caldara, Sam Cooke, Colin Davis, Emmanuelle Haïm, Heather Harper, Donny Hathaway, Edward Howard, Concerto Köln, Philippe Jaroussky, Le Cercle De L'Harmonie, Alan Lomax, Ensemble Matheus, Fred McDowell, Hudson Mohawke, Alva Noto, Jérémie Rhorer, Ryuichi Sakamoto, Carl Sigman, Jean-Christophe Spinosi und Antonio Vivaldi
Pavement wurde am 2./3. November 2012 im Harlem Stage Gatehouse uraufgeführt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

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