RUSALKA am Theater Magdeburg

Kurzkritik Verkitschter Dvořák mit herumhopsenden Waldelfen

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Das von Raffaela Lintl wunderschön gesungene Lied an den Mond ("Měsíčku na nebi hlubokém") ist das Highlight aus Rusalka, jener wundersamen und auch wunderbaren Meerjungfrauen-Oper Anton Dvořák's, des großen tschechischen Komponisten - und wahrscheinlich ebenso großen Wagnerianers; diesen kleinen Seitenhieb (von wegen Wagnerianer) konnte sich nunmehr der Schreiber dieser Zeilen nicht verkneifen, denn:

Noch nie zuvor, seit er sich an den zig Rusalka's, die er bisher sah und hörte, immer wieder stark erfreute und entzückte, wurden ihm jene drei Waldelfen, welche den nixenväterlichen Wassermann die Oper über sexuell bezirzen sollten, derart doof und dümmlich in 'ner Produktion (Regie von Stephen Lawless, Tanzeinlagen von Lynne Hockney und Kostüme von Sue Willmington) entzaubernd vorgeführt, dass einem glatt der Querverweis bzw. Wink mit Zaunspfahl hin zu Rheintöchter/Zwerg Alberich vergehen wollte - - musikalisch ist ja Dvořák's Rheingold-Abklatsch überhaupt nicht von der Hand zu weisen, aber das dann szenisch auf das Saudoofe-Saudümmliche herabzukarikieren, das verlangt schon einen vorstadtmäßigen Theatermut; Respekt, Respekt!!

Die Inszenierung wollte/will wahrscheinlich durch die Einbringung des künstlerischen Mittels Kitsch der sog. tschechischen Undine aufs Ironische und sodurch auch Aufklärerische punkten à la "Seht, so ungefähr sah es vor hundert Jahren bei Rusalka-Aufführungen aus" o.s.ä.

Und das Bühnenbild Frank Philipp Schlößmann's kann sich - im Gesamtbezug - nicht zwischen pappmachenem Kitschvollzug und Doppel-Leuchtstoffröhrenrahmen irgendwie entscheiden.

Auch die rechts wie links vereinsamt stehenden Ballett-Stangen mit drauf gehängten Tanzschuhchen vermitteln nicht den Eindruck eines durchgedachteren Regiekonzepts.

Aber egal.

*

Gesungen wurde durchaus akzeptabel: Der Tenor von Richard Furman (Prinz) fiel auf durch eine durchschlagende Schärfe, manchmal klang er fast 'nen Deut zu hart. Mit Izabela Matula schien das rusalkische Pendant der Fremden Fürstin nicht nur stimmlich außerordentlich besetzt. Ja und der Küchenjunge Florentina Soare's machte zudem (nicht nur beim Hören) Spaß...

Dem Publikum gefiel das Alles, ohne jede Frage.

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[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 03.10.2017.]

RUSALKA (Opernhaus, 01.10.2017)
Musikalische Leitung: Pawel Poplawski
Regie: Stephen Lawless
Bühne: Frank Philipp Schlößmann
Kostüme: Sue Willmington
Choreografie: Lynne Hockney
Dramaturgie: Thomas Schmidt-Ehrenberg
Choreinstudierung: Martin Wagner
Besetzung:
Rusalka ... Raffaela Lintl
Prinz ... Richard Furman
Fremde Fürstin ... Izabela Matula
Wassermann ... Johannes Stermann
Ježibaba ... Undine Dreißig
Jäger/Heger ... Johannes Wollrab
Küchenjunge ... Florentina Soare
Waldelfen ... Julie Martin du Theil, Sofia Koberidze und Inga Schäfer
Tänzerinnnen (Waldelfen) ... Katharina Deschler, Reneta Mihaylova und Cristina Salamon Lama
Opernchor des Theaters Magdeburg
Magdeburgische Philharmonie
Premiere am Theater Magdeburg: 9. September 2017
Weitere Termine: 07., 30.10. / 30.11. / 21., 29.12.2017

Andere Rusalka-Kritiken auf KULTURA-EXTRA:
- Oper Bonn, 2015
- Komische Oper Berlin, 2011
- Bayerische Staatsoper, 2010

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Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

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