SEIJI OZAWA (81) wird "Ehrenmitglied"

Kurzporträt/Konzertkritik Berliner Philharmoniker kennen japanischen Startdirigenten schon seit 50 Jahren - er hatte sie seither immer wieder dirigiert

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Seji Ozawa (81) ist jetzt Ehrenmitglied der Berliner Philharmoniker!

"Knut Weber, Cellist und Mitglied des Orchestervorstandes, sagte bei der Verleihung: 'Mit Seiji Ozawa verbinden uns viele Jahrzehnte des gemeinsamen, beglückenden Musizierens. Als ehemaliger Assistent Herbert von Karajans lebt in ihm diese Ära weiter. Als erster japanischer Dirigent von internationalem Rang schlug er eine weitere Brücke zu einem Land, das den Berliner Philharmonikern eine zweite Heimat geworden ist. Und als Dirigent vieler philharmonischer Erstaufführungen hat er uns immer wieder spannende musikalische Entdeckungen ermöglicht. Wir freuen uns sehr, Seiji Ozawa nach langer Pause wieder in unserer Mitte begrüßen zu dürfen und ihn zum Ausdruck unserer tiefen Verbundenheit zum Ehrenmitglied der Berliner Philharmoniker zu ernennen.'

Seiji Ozawa selbst antwortete hierauf: 'Das ist eine große Ehre für mich. Ich habe dieses Orchester in diesem Saal zum ersten Mal 1966 dirigiert. Uns verbindet also eine 50-jährige Freundschaft. Ich freue mich aus tiefstem Herzen!'

Seit seinem gefeierten Debüt 1966 besteht zwischen Seiji Ozawa und den Berliner Philharmonikern eine nunmehr 50-jährige enge künstlerische und menschliche Verbundenheit. 1935 als Sohn japanischer Eltern in Shenyang (China) geboren, studierte der Musiker in Tokio die Fächer Dirigieren und Komposition. Der Gewinner mehrerer internationaler Wettbewerbe kam über ein Stipendium als Meisterschüler zu Herbert von Karajan nach Berlin und wurde anschließend Assistent von Leonard Bernstein beim New York Philharmonic für die Saison 1961/1962. Es folgten Positionen als Musikdirektor des Ravinia-Festivals in Chicago (1964 – 1969) und als Chef der Symphonie-Orchester von Toronto (1965 – 1969) und San Francisco (1970 – 1976). Ebenfalls 1970 wurde er zum Künstlerischen Leiter des Tanglewood-Festivals berufen. Von 1973 an stand Seiji Ozawa fast drei Jahrzehnte an der Spitze des Boston Symphony Orchestra; in dieser ungewöhnlich langen Zeit steigerte er den internationalen Ruf des Orchesters kontinuierlich und machte es zu einem der weltweiten führenden Orchester. Mit Beginn der Spielzeit 2002/2003 übernahm Ozawa die musikalische Leitung der Wiener Staatsoper, die er bis 2010 innehatte. Zu Ehren seines Lehrers Hideo Saito gründete Seiji Ozawa 1984 das Saito Kinen Orchestra, dessen künstlerische Entwicklung er seither ebenso intensiv fördert wie von 1992 an diejenige des Saito Kinen Festivals in Matsumoto. Im Jahr 2004 rief der Künstler in der Schweiz die International Music Academy ins Leben mit dem Ziel, jungen Musikern eine kammermusikalische Ausbildung sowie Konzertauftritte zu ermöglichen..."

(Quelle: Berliner Philharmoniker)

Zum stolzen Jubiläum gab es zwei mal Breitwand-Beethoven: dieEgmont-Ouvertüre und die Fantasie für Klavier, Chor und Orchester in c-Moll op. 80.

Letztere (Chorfantasie) hatte der Schreiber dieser Zeilen vorher niemals live erleben dürfen - jetzt und endlich war es ihm vergönnt gewesen!

[Freilich kannte er das Werk "von früher her"; nur "damals" wurde es zu einem völlig andern Text als heutzutage abgeträllert; ja, im deutschen Ost-Gau pflegte man den Dichterworten seines einstmals auch als DDR-Kulturminister nebenher agiert habenden Johannes R. Becher (1891-1958) wohlwollend zu lauschen:"Seid gegrüßt, lasst euch empfangen/ von des Friedens Melodien!/ Unser Herz ist noch voll Bangen,/ Wolken dicht am Himmel ziehn." etc. pp. Natürlich wollte man auch heute, schätze ich, bestimmt nicht viel dagegen haben - doch der altbackene Text von Christoph Kuffner (1780-1846) hört sich, nebenbei bemerkt, auch nicht verheerend-übler als die Becher'sche Schmonzette an: "Schmeichelnd hold und lieblich klingen/ unsers Lebens Harmonien,/ und dem Schönheitssinn entschwingen/ Blumen sich, die ewig blüh'n." ]

Und Peter Serkin (Sohn von Rudolf Serkin) präsentierte den Klavierpart; seine Füße waren "hörbar lang" auf dem Pedal.

Der Rundfunkchor Berlin bezauberte durch einen schlanken und geradlinigen (unaltmodischen!) Gesang; die sechs SolistInnen des Abends [Namen s.u.]: eine Wonne.

*

Vor der Pause spielten (dirigentenlos) 12 Instrumentalisten der Berliner Philharmoniker sowie 1 Gastsolist [Namen s.u.] Mozarts selten aufgeführte Serenade für Bläser B-Dur KV 361, die sog. Gran Partita; 50 Minuten kammermusikalische Extrasahne: was für'n Fest!!!

Ein Ausnahmekonzert.

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 11.04.2016]

BERLINER PHILHARMONIKER (Philharmonie Berlin, 10.04.2016)

Mozart: Serenade für Bläser B-Dur KV 361 Gran Partita
Jonathan Kelly, Oboe I
Andreas Wittmann, Oboe II
Wenzel Fuchs, Klarinette I
Walter Seyfarth, Klarinette II
Alexander Bader, Bassetthorn I
Joachim Wel a.G., Bassetthorn II
Paolo Mendes, Horn I
Andrej Žust, Horn II
Stefan de Leval Jezierski, Horn III
Georg Schreckenberger, Horn IV
Stefan Schweigert, Fagott I
Mor Biron, Fagott II
Matthew McDonald, Kontrabass

Beethoven: Egmont-Ouvertüre f-Moll op. 84
- Fantasie für Klavier, Chor und Orchester c-Moll op. 80
Peter Serkin, Klavier
Rundfunkchor Berlin
SolistInnen: Lotta Hultmark, Christina Seifert, Roksolane Chraniuk, Holger Marks, René Voßkühler und Axel Scheidig
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Seiji Ozawa

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Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

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