Trauer um Udo Zimmermann (1943-2021)

In memoriam Heute wurde bekannt, dass der Komponist, Dirigent und Intendant nach langer schwerer Krankheit mit 78 Jahren in seiner Geburtsstadt Dresden verstarb

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Die Oper Leipzig, deren Intendant der Verstorbene elf Jahre lang gewesen war, versandt soeben diesen kurzen Nachruf:

"Udo Zimmermann war Intendant der Oper Leipzig in den Jahren 1990 bis 2001. Anlässlich seines Todes widmet das Leipziger Ballett ihm am Sonntag, 24. Oktober 2021, die Vorstellung Lamento, in der auch Udo Zimmermanns Komposition Lieder von einer Insel erklingen wird. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Künstlerinnen und Künstler an der Oper Leipzig kennen ihn noch persönlich, so auch der heutige Intendant und Generalmusikdirektor Prof. Ulf Schirmer, der heute der Familie von Udo Zimmermann sein Beileid bekundete: 'Udo Zimmermann war für die neuere Musikgeschichte ein wichtiger Inspirator und für die Oper Leipzig ein prägender Fundamentleger.'

Der vielseitig begabte Musiker Udo Zimmermann führte die Oper Leipzig in den Jahren nach der Friedlichen Revolution künstlerisch und vertraglich in eine neue Ära. Er engagierte sich besonders für das Musiktheater des 20. Jahrhunderts und veranlasste zahlreiche legendäre Inszenierungen und Uraufführungen, die bereits 1992/93 die Wahl der Oper Leipzig zur 'Oper des Jahres' im Magazin Opernwelt auslösten. Unter den 62 Opernpremieren, 21 Ballettpremieren und 35 Premieren der Musikalischen Komödie während Zimmermanns Intendanz haben Inszenierungen wie Herzog Blaubarts Burg, Nachtwache, Eugen Onegin oder Peter Konwitschnys Interpretation von La bohème unvergessliche Erinnerungen hinterlassen. Udo Zimmermann startete die Leipziger Jazztage und holte auch Uwe Scholz an das Leipziger Ballett, das durch Die Schöpfung und viele weitere choreografische Uraufführungen seinen internationalen Ruhm begründete."

Eingebetteter Medieninhalt

Natürlich beschränkte sich die Ära Zimmermann nicht bloß auf ausgerechnet die paar Beispiele, die obig angeführt wurden. Ich wohnte zufälligerweise während der gesamten Leipzig-Intendanz von Udo Zimmermann in Klein-Paris und hatte alle (wirklich: alle) damaligen Premieren im Hause am Augustusplatz besucht; ja und da fallen mir spontan Boris Godunow (Inszenierung: István Szabó), Moses und Aron (Inszenierung: George Tabori) oder Majakowskis Tod. Totentanz von Dieter Schnebel (Inszenierung: Achim Freyer) ein. Warum dann ausgerechnet Dienstag sowie Freitag aus LICHT nicht in der Aufzählung dabei waren, obgleich es schon als Sensation gegolten haben mag, dass Zimmermann den Komponisten Karlheinz Stockhausen zur Uraufführung dieser beiden Teile seines Opus magnus überreden und verführen konnte, kann nur an nachlässigem Vergessen der derzeit Verantwortlichen dieses Hauses gelegen haben; anders kann ich es mir nicht erklären. Zudem hatte der Zimmermann schon immer Größenwahnsinniges vor; er wollte alle (alle!) Rameau-Opern nach und nach auf die Bühne bringen, und als er den nach seiner Meinung nach "besten" Dirigenten, den es hierfür damals gegeben haben mag, nicht kriegte (zu teuer!!), fing er selber an Rameau zu dirigieren. Und den Wagner-RING sollte tatsächlich kein Geringerer als Steven Spielberg inszenieren. Schönste, um nicht gar zu sagen allerschönste Luftschlösser - aber ohne so zündende Ideen funktioniert die Kunst nun einmal nicht.

Nach Leipzig kam eine für ihn nicht allzu glückliche Ära an der Deutschen Oper Berlin, wo er von 2001 bis 2003 Intendant war; das "Nebeneinander" mit Christian Thielemann (der damals Generalmusikdirektor wurde) funktionierte einfach nicht.

*

Aber in allererster Linie hatte Udo Zimmermann - und neben seinen vielen (allzu vielen) "Nebenjobs" - als Komponist gewirkt. In der DDR entstanden die meisten Werke des gebürtigen Dresdners,Levins Mühle (1972), Der Schuhu und die fliegende Prinzessin (1976), Die wundersame Schustersfrau (1982) und seine bis heute weltweit immer wieder aufgeführte Kammeroper Weiße Rose (1967/68, 1986).

Und jammerschade, dass er in den Jahren seit der Wende kaum dann noch zum Komponieren kam. Nein, zweiwas [s.o.] ging und geht nicht immer gut.

Der Komponist und Dirigent und Intendant bleibt unvergessen!!!

[Erstveröffentlicht auf KULTURA-EXTRA am 22.10.2021.]

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andre Sokolowski

Andre Sokolowski ist Inhaber, Herausgeber und verantw. Redakteur von "KULTURA-EXTRA, das online-magazin"

Andre Sokolowski

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden