On air

Gegen Zwei-Deutigkeit Aus Berlin sendet seit kurzem ein TransgenderRadio

Transgender - a sea of possibilities ..." Unterlegt mit der Melodie aus Raumschiff Enterprise, ist in Berlin im Februar ein TransgenderRadio on air gegangen. Einmal im Monat wird die Sendung im "Meer der Möglichkeiten" nach der Vielfalt geschlechtlicher Identitäten suchen. Als Leitmotiv gilt, dass Geschlecht keine natürliche Kategorie ist, sondern auf Vereinbarungen und Zwängen beruht. Dabei wird Transgender bewusst weit gefasst: darunter fallen neben Transsexuellen, die einen Geschlechtswechsel anstreben, auch Menschen, die sich zwischen den oder jenseits der Geschlechter sehen. Das TransgenderRadio im Offenen Kanal Berlin will mehr sein als eine Stimme der Szene. Angesprochen werden alle HörerInnen, die offen sind für die Untiefen der vermeintlichen Alltäglichkeit Geschlecht.

Den Auftakt der ersten Sendung machten O-Töne mit Erwartungen an ein solches Radio. Ein Interview mit einer Sozialarbeiterin aus dem Sonntags-Club stand neben einer Hommage an Charlotte von Mahlsdorf, die bereits als Transgender lebte, als in Deutschland noch niemand diesen Begriff kannte. Es folgten Veranstaltungstipps und Termine, die Rubrik "Kulturtipps" stellte den Film Venuz Boys vor. Die Musik zwischen den Textbeiträgen folgt dem Konzept der Klangfarbe bunt, Gloria Gaynors I am what I am durfte da jedenfalls nicht fehlen.

In den kommenden Ausgaben wird es neben den festen Rubriken Schwerpunktthemen mit mehreren Beiträgen geben: so ist ein Abend geplant zur Intersexualität, ein weiterer wird sich mit dem Transsexuellengesetz TSG befassen, auch Themen wie Partnerschaft und Beruf werden angesprochen.

Warum ein solches Programm im Jahre 2004? Die Schwierigkeiten, die zum Alltag vieler Transgender gehören, zeigen, dass es mit der Akzeptanz in der Bevölkerung nicht weit her ist. Angepeilt wird neben der wachsenden Präsenz in Medien und Öffentlichkeit ein Agenda Setting: Transgender sehen sich nicht länger als Objekte eines medizinisch-juristischen Diskurses, sondern als Individuen mit frei gewähltem Lebensentwurf, der mit den gängigen Vorstellungen, es gebe nur zwei Geschlechter, kollidiert.

Nach deutschem Recht muss das Geschlecht eines Kindes klar bestimmbar sein, bei der Namensgebung kommen nur eindeutige Namen in Frage, das Transsexuellengesetz kennt einen Geschlechtswechsel nur vor der Männlich/Weiblich-Matrix. Im Grunde dienen alle etablierten Kriterien zur Beschreibung von Geschlecht (Gene, Hormone, Genitalien etc.) der Stabilisierung einer Dualität, wobei als männlich gilt, was nicht weiblich ist und vice versa. Ein möglicher Zwischenraum wird von vielen Menschen als bedrohlich empfunden.

Analog zur Schwulen- und Lesbenbewegung seit 1969, kommt es darauf an, den "Club Trans" attraktiv zu machen. Weg von der Pathologisierung, hin zum selbstbewussten Auftreten im Patchwork der Minderheiten. Der Anfang ist gemacht, Geschlecht stets im sozialen Kontext zu sehen: Woher weiß ich, dass ich eine Frau bin? Warum sehe ich andere Menschen als Männer oder Frauen? Den RadiomacherInnen bleibt zu wünschen, dass sie auf ihrer Reise durch die Weiten des Spektrums der Geschlechter nicht im Schwarzen Loch verschwinden, sondern einen Planeten entdecken, dessen Population eine Ordnung in nur zwei Geschlechter beengend erscheint. Vermutlich wird es sich dabei um die Erde handeln.

TransgenderRadio, zu hören im Offenen Kanal Berlin auf 97,2 (Antenne) und auf 92,6 (Kabel) jeden vierten Samstag im Monat 19 bis 20 Uhr. Kontakt über www.transgenderradio.de


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