Casanova, mindestüppig

Versalzen Wilhelm Genazinos "Liebesblödigkeit" ist eine Enttäuschung
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Das Wort "Eingriffstiefe" stammt aus einem Wissenszweig mit dem unschönen Namen "Technikfolgenabschätzung". Es soll das Maß einer Gefahr bestimmen: je mehr eine Technik auf die natürliche Umwelt einwirkt, je unumkehrbarer sie ein System verändert, desto größer ist das mit ihr einhergehende Risiko. Wenn es für die Literatur, für die Kunst, eine solche Kategorie gäbe, müsste sie mit umgekehrten Vorzeichen gelten: je tiefer der Eingriff ins Fühlen und Denken, je nachhaltiger eine Lektüre uns verändert, desto besser. Anders gesagt: Manche Bücher sind so gut, weil sie so furchtbar wirken.

Wilhelm Genazino produziert Literatur von nicht unerheblicher Eingriffstiefe. Als ein "Chronist des Alltags" wird er oft beschrieben, d