Optimiere dich selbst

Erbauung Wer selbst zum Held werden will, findet auf dem Buchmarkt massenhaft Anleitungen dafür. Eine Stichprobe
Selbst zum Superman oder zur Superfrau werden: Lektüre dazu gibt es genug
Selbst zum Superman oder zur Superfrau werden: Lektüre dazu gibt es genug

Foto: Frederic J. Brown/AFP/Getty Images

In den späten siebziger Jahren führte Michel Foucault in seinen Vorlesungen am Collège de France den Begriff der „Gouvernementalität“ ein, um Regime der Führung und Selbstführung zu beschreiben. Anfangs wirkte sie wie ein Spleen, doch angesichts des steigenden Drucks zur Selbstoptimierung – vom Bodystyling zum Neuroenhancement – muss man die Idee für wahrhaft hellsichtig halten.

Für die Verbesserung im Alltag bieten sich moderne Ertüchtigungsfibeln an. Sie singen genau dieses Lied: Sei du selbst und werde besser! Im Frühjahrsprogramm des Campus-Verlags beispielsweise pauken die klassischen Manager- und Erfolgsratgeber beides zugleich, die Kunst des selbstsorgenden „Loslassens“ und eisenhartes Training. In Glückskinder setzt Hermann Scherer auf die entspannten Alpha-Wellen, eine neuronale Schwingungsfrequenz, die wunderbar kreative Potenziale freisetzt. Glückskinder sind solche, die – ganz relaxt – schneller Chancen erkennen als andere. Dazu muss man sich natürlich in den permanenten Alpha-Zustand bringen – was sich glücklicherweise aber lernen lässt. Und dann geht es ab in den 86. Stock des Empire State Building, vorbei an allen Warteschlangen. Auf jeden Fall muss man für alle Lebensentscheidungen selber einstehen.

Disziplin trainieren wie den Bizeps

Roy Baumeister und John Tierney führen die Leser in Die Macht der Disziplin dagegen ins mentale Sportstudio. Sie räumen mit dem Mythos auf, positives Denken – also vermutlich auch das Buch von Hermann Scherer – würde etwas nützen. Der Schlüssel zum Erfolg liege vielmehr in Disziplin und Willenskraft, und Letztere müsse man schlicht trainieren wie einen Muskel.

Die jüngste Publikation des Bestsellerautors Jim Collins heißt Oben bleiben. Darin erklärt Collins, was man tun muss, um ein „10Xer“ zu werden, also ein herausragender Over-the-Top-Unternehmer. Am Vergleich der Südpolexpeditionen der Rivalen Roald Amundsen und Robert Falcon Scott im Jahr 1911 lernt der Leser, dass zwei Entdecker unter gleichen Bedingungen sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielen. Scott scheiterte kläglich, für Amundsen war es ein „Lauf auf der Siegerstraße“, was nicht an seiner Kreativität oder Visionskraft lag, sondern schlicht an extrem guter Vorbereitung und daran, dass er sich einfach besser zusammenreißen konnte. Wer ein echter 10Xer werden will, braucht nach Collins fünf Zutaten: „Fanatische Disziplin, empirische Kreativität, produktive Paranoia und Level-5-Ambitionen.“ Ein und dasselbe Rezept gilt für den Unternehmer wie für das Unternehmen, das Betriebsgeheimnis für Mensch und Maschine ist dasselbe.

Wem Collins zu male und zu sehr nach Porsche Cayenne klingt, der nehme die weibliche und etwas kreativere Variante von Dorothea Assig und Dorothee Echter. Die Autorinnen haben langjährige Erfahrung im Coaching der oberen Management-Etagen und schlagen in Ambition. Wie große Karrieren gelingen ein zertifiziertes fünf-Punkte-Programm zum Erfolg vor. In ihm sind „Fleiß und Disziplin“ ein wesentlicher Bestandteil, aber auch Dankbarkeit und soziale Kompetenz. Die Grundlage des Erfolgs aber sei es, immer dem „inneren Anliegen“ zu folgen, unbedingt und über jede Schwierigkeit hinweg. Es dauere lange, der Weg sei steinig, einsam und er mache Angst, aber nur er führe zum Erfolg. Wie ein Mantra wiederholen die Autorinnen ihre These, sodass das Buch selbst wie ein richtig guter Coach wirkt. Wer nach der Lektüre nicht an sich glaubt, ist selber schuld.

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Andrea Roedig arbeitet als Publizistin in Wien

In der Freitag-Serie „Herkunft: Bestimmt“ erscheinen Beiträge über die Gründe und Folgen der abnehmenden sozialen Mobilität in Deutschland – und was man dagegen tun kann. Zu den weiteren Beiträgen der Serie

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