Pflop

Ein kleiner Beitrag zur Reformdebatte Jürgen, der Layouter, stellt das Töpfchen hin. Es trägt die Farben orange-rot-blau auf weißem Untergrund und pflopt ein bisschen beim Anheben der ...

Jürgen, der Layouter, stellt das Töpfchen hin. Es trägt die Farben orange-rot-blau auf weißem Untergrund und pflopt ein bisschen beim Anheben der kleinen Lasche. Etwas von der weichen, weißlichen Masse spritzt heraus, dann erklingt das typische Bluuuwahi beim Abziehen der Alufolie von luftdicht Verschweißtem, der unnachahmliche Geruch von künstlichem Aroma verteilt sich im Raum. Vor uns steht ein Jogurt der Marke Elite, Geschmacksrichtung Pfirsich-Maracuja. "Genieße den Unterschied" wirbt das Milchprodukt, und tatsächlich, der Gaumentest beweist, Produkte, die Elite heißen, schmecken jämmerlich, kosten höchstens 19 Cent pro Töpfchen und stammen von Penny. Erstaunlich ist das nicht, denn "Elite" klingt wie "super", "gold" oder "delikatess" und kündigt hierzulande untrüglich eine harsche Diskrepanz von Zeichen und Bezeichnetem an, das heißt ein sich vom Nichts zum Alles aufplusterndes Produkt minderer Güte.

Zu DDR-Zeiten soll es eine Zigarre namens Elite gegeben haben, von der keiner mehr so recht weiß, wie sie schmeckte. Ein bisschen trübe ist auch schon die Erinnerung an ein Elite-Label der Firma Strauß im Westen, dessen grafisch breitgeplättetes erstes E ohne Übertreibung als der Inbegriff der Trostlosigkeit eines jedweden Kaufhallendaseins bezeichnet werden kann. Kurzum: der Begriff ist nicht zu retten, man stelle sich Handtaschen oder Turnschuhe diesen Namens vor - nicht zu branden, absolut unverkäuflich in der Preisklasse über 25 Euro und völlig untauglich für Trash oder Kult. Selbst das Möbelhaus Ikea, das sich ja gemeinhin in Sachen phantasievoller Namensgebung keinen Zwang antut, führt allerhöchstens die Produkte Etikett (Schubladenschloss) und Effektiv (Schreibtischzubehör) und hält sich mit besagtem Begriff wohlweislich und dezent zurück.

In den USA, wo es, wie wir kürzlich erfahren durften, Elite-Universitäten gibt, ist das anders. Man verkauft Elite-Jeans, die ganz o.k. aussehen, Nobel-Fahrräder mit der Aufschrift Elite und Elite-Sportwagen von ziemlicher Preisstärke, und in der us-amerikanischen Hotel-Kette gleichen Namens, stehen, da kann man sicher sein, keine Penny-Jogurts auf dem Frühstücksbuffet. Auch im neuen Europa, also Ungarn zum Beispiel, steht der Begriff für das, was er bedeutet, ein Online-Magazin "Elite" wirbt mit einer reich dekorierten Dame. Ob der Strassbehang an ihren Ohren auch echt ist? In Ungarn? Sicher!

Nur bei uns, in Deutschland mal wieder, ist die Elite sozialdemokratisch auf den Hund gekommen. Was ist zu tun? Reformen müssen her! Wie sehn die aus? Wer weiß ... Penny soll die Preise heben, Erwerb von Milchprodukten mit exquisiter Namensgebung nur noch unter Vorlage des gültigen Magisterzeugnisses, Mindestdesignanforderungen für Produkte des geschundenen Namens! Wäre doch gelacht, wenn das nicht super, prima, delikatess wie am Schnürchen laufen würde - sonst heißt es demnächst noch, wo Elite draufsteht, sei Elite drin. Das wär´ kein gutes Zeichen.


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