Die Strafprozessordnung ist eindeutig: „Dem Angeklagten gebührt das letzte Wort“, heißt es in Paragraf 258. Das heißt, der Mensch, der vor Gericht steht und dem eine Bestrafung droht, soll die Möglichkeit bekommen, unmittelbar vor der Beratung des Gerichts über den Schuldspruch einen „letzten Eindruck“ bei den Richtern zu hinterlassen. Welcher Eindruck das ist, hängt von ihm ab: Er kann die Vorwürfe der Anklage bestreiten, er kann um Gerechtigkeit und eine milde Strafe bitten, und er hat ein letztes Mal die Chance, Reue zu zeigen.
Beate Zschäpe hat all das versucht. Es war eine wohl abgewogene Schlusserklärung, die sie am Dienstag im Münchner Oberlandesgericht verlas. Zunächst bestritt sie den Vorwurf, in die Mordanschläge des NSU einbezogen gewesen zu sein. Tatsächlich ist nicht klar, ob die fünfjährige Beweisaufnahme Zschäpe wirklich der Mittäterschaft an den Morden und Bombenattentaten überführt hat. Man darf gespannt sein, wie das Gericht das sieht, wenn es am nächsten Mittwoch das Urteil verkündet. Zschäpe hat auch um eine gerechte Strafe gebeten. Sie appellierte an das Gericht, nicht stellvertretend für etwas verurteilt zu werden, was sie weder gewollt noch getan habe. Und sie hat schließlich auch den Punkt Reue abgehakt: Sie sprach von Fehlentscheidungen und räumte „gravierende Fehler“ ein, die sie inzwischen eingesehen haben will. Und sie entschuldigte sich bei den Hinterbliebenen der NSU-Opfer für das Leid, das sie verursacht habe.
Genau diese Reue aber überzeugt nicht. Zu einer wahren Reue hätte gehört, dass Zschäpe über all das, was sie erfahren und erlebt hat, im Prozess aussagt. Sie hätte erzählen können, wie ihr Leben im Untergrund ablief, wer ihnen half in ihrem anonymen Dasein, mit wem das Trio bis zur Selbstenttarnung des NSU in Kontakt stand, wo sich Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt aufhielten, als sie oft monatelang nicht in die gemeinsame Wohnung zurückkehrten. Es gibt so unendlich viele Fragen, die Zschäpe hätte beantworten können, ja müssen, wenn sie denn tatsächlich bereuen würde. Sie hat sie aber unbeantwortet gelassen. Und so muss sie dann mit einem Urteil leben, das auch deshalb gerecht sein wird, weil das Gericht bei der Angeklagten keine echte Reue für die Taten des NSU zu erkennen vermochte.
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