AfD: Familienunternehmer versus BDI

Rechtspopulismus Die "Alternative für Deutschland" ist gefährlicher als jede andere rechtspopulistische Partei, weil sie sich als parlamentarischer Arm der Familienunternehmer formiert

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Zurück zum burgherrschaftlichen Feudalsystem? Bitte nicht!
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Foto: Allie_Caulfield/ AFP/ Getty Images

Deutschland sei das Land der Ungleichzeitigkeit, hatte Ernst Bloch einst behauptet. In Deutschland hat es keine bürgerliche Revolution gegeben, die feudalen Großgrundbesitzer, die Junker, schlossen ihren Frieden mit der Bourgeoisie. Entsprechend ist im deutschen Kapitalismus immer ein Zug nach rückwärts ins feudal-ständische, national-chauvinistische, familialistische vorhanden. Die organisierten Familienunternehmer als "Klassenfraktion für sich" verkörpern diesen feudal-bürgerlichen Familialismus. Mit ihren Vertretungen Die Familienunternehmer - ASU und Stiftung Familienunternehmen befinden sie sich im Kleinkrieg mit dem Bund der deutschen Industrie (BDI), in dem 100.000 Unternehmen organisiert sind. Diese Auseinandersetzung zeigt sich nun deutlich in der Euro-Politik. Merkel vertritt mit ihrer Euro-Politik die Interessen des BDI, die organisierten Familienunternehmer haben nun mit der Alternative für Deutschland (AfD) ein politisches Sprachrohr.

Gerade darum ist die "Alternative für Deutschland" rechts

Das heißt weder, dass sich die AfD auf eine Anti-Euro-Politik beschränkt, noch dass sie sich als reine Wirtschaftspartei etabliert. Die deutschen Familienunternehmer sind rückwärtsgewandt. Gerade darum ist die Alternative für Deutschland rechts. Das Wahlprogramm der Alternative für Deutschland ist entsprechend deutsch-familialistisch. Der Familialismus zeigt sich in der konservativen Familien- und Bevölkerungspolitik, in der familialistischen Geschlechter- und Bildungspolitik; das ständisch-deutsche in den Forderungen nach einer "geordneten Einwanderungspolitik". Daher die unverhohlenen Sympathien auch für Thilo Sarrazins Erbintelligenz-Thesen (s.a. Hans-Olaf Henkels DNA-Fauxpas). Im Programm-Entwurf findet sich die Idee Sarrazins wieder, das Kindergeld abzuschaffen und nur den Müttern eine Gebärprämie zu überlassen, die eine genehme Ausbildung haben.

Ständisch-feudale Ungleichzeitigkeit im deutschen Bürgertum

Die Ideen von Demokratie und Meritokratie waren die ideologischen Schwerter des Bürgertums gegen den Adel. Reichtum sollte erarbeitet und nicht vererbt werden. Inzwischen aber gibt es mit den Family Offices Vermögensverwaltungs-Unternehmen, die darauf spezialisiert sind, die Vermögen der Familienunternehmern von eine in die nächste Generation zu überführen. Man könnte hier von einer Refeudalisierung sprechen, tatsächlich aber gab es gerade in Deutschland nie einen deutlichen Bruch mit dem Ständegedanken. Gefährlich wird dies, wenn in einer Wirtsschaftskrise sich die Deklassierungsängste des Mittelstandes mit der Bereitschaft der Familienunternehmer, rechtsextreme Parteien zu finanzieren (Geheimtreffen von Unternehmern am 20.02.1933 mit der NSDAP), verbindet.

Die organisierten Familienunternehmer verfolgen eine eigene Politik. So wie die Familienunternehmer Kurse mit dem umstrittenen Pädagogen Bernhard Bueb anbieten, um ihren Kindern eine angemessen autoritäre Erziehung angedeihen zu lassen, so wenden sie sich vehement gegen die Aufnahme der Kategorie "Soziale Herkunft" in die Europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien. Neu allerdings ist, dass das Ständische sich nun eine parteipolitische Stimme gibt. Diese spricht verdächtig modern: BürgerKonvent, Bündnis Bürgerwille, Aktionsbündnis Direkte Demokratie, Zivile Koalition, Alternative für Deutschland.

Fazit

Die Alternative für Deutschland ist der Versuch der organisierten Familienunternehmer, die eigenen Interessen parteipolitisch zu vertreten. Die AfD ist damit nicht einfach nur ein neues rechtspopulistisches Sammelbecken, sondern repräsentiert eine gefährliche, finanzstarke Macht von Millionären und Milliardären, die von der Ungleichheit der Menschen zutiefst überzeugt sind.

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Geschrieben von

Andreas Kemper

Ich arbeite als Soziologe kritisch zu Klassismus, Organisiertem Antifeminismus und die AfD

Andreas Kemper

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