Letzte Woche II

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++ Werden Wikipedia-Autoren bezahlt? + Angriff der Sozialeugeniker + Leben wir in einer Klassengesellschaft? ++

Ich hatte gewartet, bis die weltweite Abstimmung zur Neulizensierung Wikipedias beendet war, um ein Vorhaben aus den Reihen des deutschen Wikimedia-Vereins in die öffentliche Diskussion zu bringen: Tantiemen für Wikipedia-Autor_innen. Merkwürdig ist die Reaktion. Ungläubiges Schweigen. Ganz allmählich scheint sich rumzusprechen, um was es hier eigentlich geht und welche Konsequenzen dies zeitigen könnte, für die Solidarische Ökonomie Wikipedias und für die Verteilung der Tantiemen im Netz. Denn wie sich letzte Woche zeigte, reagiert die Internet-Abteilung METIS von VG Wort auf eine Zunahme von angemeldeten Artikeln nicht mit einer Senkung der Tantiemen pro Artikel, sondern mit der Anhebung der notwendigen jährlichen Sessions.

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Bei Wikipedia hatte ich das Portal Diskriminierung aufgebaut, was notwendigerweise zu Differenzen mit Wikipedia-Usern führt, deren Weltbild auf gruppenspezifische Zuschreibungen beruht. Mit einigen kann man sich gut verständigen, andere hingegen verlassen die argumentative Ebene und werden unfreundlich. Oftmals geht dieses Unfreundlichwerden auch mit dem Verlassen der Spielregeln einher. Und richtig eklig wirds, wenn diese Herren Fanatiker Adressen und Fotos von Wikipedia-Mitarbeiter_innen ins Netz stellen, Arbeitgeber "informieren", Dossiers anlegen und im Netz veröffentlichen, "Schwarze Listen" von antifaschistischen Wikipedia-Autor_innen erstellen und verbreiten. Bislang sind Wikipedia-Autor_innen nicht geschützt, allerdings plane ich die Gründung einer Interessensgemeinschaft von Wikipedia-AutorInnen und es gibt bereits über 60 Interessierte. Ich selber wurde letzte Woche Freitag auch wieder attackiert. Diesmal meinte ein Dr. Dr. Volkmar Weiss meinen Doktor"vater" und das Institut für Soziologie darüber informieren zu müssen, dass mein IQ bei 110 bis 115 läge und ich daher nicht geeignet sei zu promovieren. Er war sich auch nicht zu dämlich, sein Anschreiben und die privat gesendete Antwort ins Netz zu stellen. Sein Hass auf meine Person ist ganz einfach zu erklären. Er gehörte zu den Autoren in Wikipedia, die nicht nur absurde Theorien jenseits des akademischen Mainstreams in den Wikipedia-Fundus einzubauen versuchen, sondern zu diesem Zweck auf verbotene manipulative Tricks zurückgreifen. Ich deckte dies auf, Weiss erhielt zur Verwarnung eine viermonatige Sperre und wurde schließlich infinit gesperrt. Wissenschaftsfälschung und Manipulation gehören halt zur guten alten Tradition der sozialeugenischen Intelligenzforscher, dem kann sich auch ein Volkmar Weiss nicht entziehen. Wissenschaftlicher Rassismus und Reputabilität

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Leben wir in einer Klassengesellschaft? Gestern abend hielt ich hierzu mit zwei Kollegen einen Vortrag und wurde vom Auditorium darauf aufmerksam gemacht, dass wir vergessen hatten, diese Frage zu beantworten. Ja. Wir leben in einer Klassengesellschaft. Das schien weitgehend Konsens zu sein, wobei auch die Postition vertreten wurde, dass die Bezeichnung Kapitalismus der Bezeichnung Klassengesellschaft vorzuziehen sei. Eine weitere Kontroverse bestand im Klassenbegriff, ob dieser mit dem traditionellen Marx die Trennlinie Produktionsmittelbesitz in den Vordergrund stellen solle und damit auf einen öknomisch orientierten Klassenkampf zielt oder ob eher der bourdieusche Terminologie "Soziales Kapital", "Kulturelles Kapital" ("Nebelkerzen!!!") Vorrang gegeben werden solle. Anlass war die von mir vorgestellte Sinus-Studie über "Diskriminierung im Alltag", die die Wahrnehmung von Klassendiskriminierung herausstellte und nicht nur deshalb eine Ohrfeige für die aktuelle Antidiskriminierungspolitik darstellte. Die Relevanz dieser abstrakten Unterscheidungen mochte mir an dem Abend nicht einleuchten, fand aber eine praktische Kritik am gerade stattfindenden Bildungsstreik in der Uni-Stadt Münster sehr spannend. Wenn diese ihre Bildungsseminare bestreiken, tut dies niemanden weh... wenn allerdings die Studierenden ein paar Tage nicht jobben würden, wären fast alle Kneipen zu. Beschwingt über die Möglichkeiten solch konkreter Utopien gingen wir im Anschluss was trinken. Leben wir in einer Klassengesellschaft?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Kemper

Ich arbeite als Soziologe kritisch zu Klassismus, Organisiertem Antifeminismus und die AfD

Andreas Kemper

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