Nacktscanner - ein Erfahrungsbericht

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Im September 2006 beendete ich eine Rundreise durch die USA. Da ich von New York nach New Orleans musste, wo ich als Volunteer bei Common Ground arbeitete, und dann zu einer Konferenz nach San Francisco und auf dem Rückflug in Atlanta zwischenlandete, benutzte ich einige Flughäfen und wurde mit unterschiedlichen Sicherheitsmaßnahmen konfrontiert. Besonders bei Auslandsflügen herrschte damals ein rigides, militaristisches Klima. Selbst alte Leute wurden angeschnauzt, wenn sie nicht wussten, in welche Reihe sie sich anzustellen hatten.

Beim Hinflug wusste ich nicht, ob ich überhaupt in die Vereinigten Staaten hereingelassen werde. Schließlich forschte ich zur Klassengesellschaft und während einer Konferenz ("How Class Works") in der Nähe von New York wurde uns mitgeteilt, dass ein Professor aus Griechenland tatsächlich am Flughafen von den Behörden abgefangen und interviewt wurde und dann nach Griechenland zurückgeschickt worden ist. Er hatte keine Bomben an Bord, aber ein Vortragsmanuskript zur Klassengesellschaft.

Die Sicherheitsmaßnahmen bei Inlandsflügen lassen da in gewisser Weise zu wünschen übrig. Während des Fluges von New Orleans über Atlanta nach San Francisco wurde mein Gepäck geklaut. Wahrscheinlich vom Personal. Als ich in San Francisco noch einmal in der Gepäckabfertigung nachfragen wollte, ob mein Gepäck nicht doch angekommen sei, fand ich einen Raum vor, der weder abgeschlossen, noch besetzt war. Verlorengegangenes Gepäck lag dort unbewacht herum und ich hätte mich in aller Ruhe bedienen können.

Als es dann wieder zurück ging, wurde ich in Atlanta gebeten, die Schlange der Touristen zu verlassen. Ich wurde ohne weitere Erklärung durch eine Extraschleuse geführt. Vor mir stand eine Art 2,50 Meter hoher Kühlschrank, durch den man durchschreiten konnte. Es war 2006 - das Wort "Nacktscanner" war noch gar nicht erfunden. Ich fühlte mich unbehaglich, schließlich hatte ich die Augen von ca. 200 Flugpassagieren auf mich ruhen, die wahrscheinlich auch nicht wussten, warum ich bevorzugt behandelt werde.

Meine Frage, was das für ein Ding sei, wurde mit einem Blick beantwortet, der meine sofortige Erschießung ankündigte, wenn ich es wagen würde, mit einer weiteren Frage zu nerven. Schließlich erhielt ich den Befehl, da rein zu gehen. Unten auf dem Boden waren zwei silberne Fußabdrucksilhoutten, dort musste ich meine Füße drauf stellen und ruhig stehen. Dann machte es pfffft, pffft, pfffft und mein T-Shirt wurde leicht hochgeblasen. Das wars. Ich musste dann noch zu einem Tisch, wo mein Gepäck durchwühlt wurde.

Zuhause angekommen durchsuchte ich das Internet nach dem Ding. Diese Teile wurden X-Ray-Scanner genannt. Es gab noch nicht soviele. Sie dienten im Wesentlichen der Drogenfahndung. Dies erschien mir im Nachhinein plausibel. Schließlich sehe ich eher wie ein Drogendealer als wie ein islamistischer Selbstmordattentäter aus. Mit diesen Nacktscanner können Flüssigbomben ebenso gefunden werden wie Drogen und Vortragsmanuskripte. Auch dann noch, wenn absolut keine Gefahr der Flugzeugattentate mehr gegeben ist.

Ob diese Nacktfotos von mir noch existieren weiß ich nicht. Ich habe auch keinen Abdruck erhalten. Kann man eigentlich in solchen Fällen das Recht auf das eigene Bild geltend machen?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Kemper

Ich arbeite als Soziologe kritisch zu Klassismus, Organisiertem Antifeminismus und die AfD

Andreas Kemper

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