Weshalb ich bei Google-Knol schreibe

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

... das würde mich selber auch mal interessieren. Ich nutze diesen Beitrag damit auch für eine Selbstreflektion.

Zunächst: Was ist Google-Knol?

Google-Knol ist eine Wissensplattform. Ähnlich wie bei Wikipedia lassen sich dort Beiträge verfassen. Diese Beiträge können in einem offenen, moderierten oder geschlossenen Modus verfasst werden. Dementsprechend können andere an diesen Beiträgen frei, bedingt oder gar nicht mitarbeiten. Weiterhin ist es möglich zu bestimmen, ob man seine Artikel unter einem klassischen Copyright oder in einem der verschiedene nachnutzungsfreieren CCs verfasst.

Erlaubt sind bei Knol alle Artikel, die

  • nicht diskriminieren, verletzen oder illegal sind
  • fremdes Urheberrecht nicht verletzen
  • nicht nur den alleinigen Zweck haben Trafic auf andere Websiten zu generieren.

Also eigentlich ist da sehr viel erlaubt und so finden sich dort auch sehr viele fragwürdige Artikel.

Weitere wesentliche Unterschiede zu Wikipedia sind, dass die Artikel autorenzentriert sind und dass sich dort die Google-Adsense-Werbung einbauen lässt.

Google-Knol versteht sich nicht als direkte Wikipedia-Konkurrenz. Zwar wollen sie "autoritative" Artikel, aber autoritativ heißt nicht unbedingt wissenschaftlich oder neutral. Die Marktlücke sieht Google eher bei Artikeln, die leichter lesbar sind. Deshalb drehen die internen Contests sich dort um Fragestellungen wie "Wie bastle ich ein Weihnachtsgeschenk", "Was ist das beste indische Rezept" oder es fand ein gemeinsamer Wettbewerb mit Dummies statt für den besten "How to..."-Artikel.

Anders scheint dies jedoch im arabischen Raum auszusehen. Nicht nur die Wikimedia-Foundation hatte den arabischen Raum für sich entdeckt und ließ die letzte weltweite Wikimania in Alexandria stattfinden, sondern auch Google-Knol sieht hier einen Markt. Momentan läuft ein Schreibwettbewerb in Zusammenarbeit mit Universitäten in verschiedenen arabischen Staaten.

Die deutschsprachige Sektion wird demgegenüber einfach nur mitgeschleppt. Im deutschsprachigen Raum kommen auf jede Person mehr Internetartikel als im englischsprachigen Raum. Daher konzentriert sich Google eher auf enzyklopädisch unterentwickelte Regionen.

Weshalb schreibe ich bei Google-Knol?

Angefangen habe ich als Wikipedia-Autor und als solcher verstehe ich mich noch immer. Aber zum einen referiere ich nicht nur gerne vorhandenes Wissen, sondern betreibe auch gerne Theorieproduktion, was bei Wikipedia strengstens untersagt ist, zum zweiten ist das Klima in Wikipedia nicht mehr nur rauh, sondern brutal (wenn man sich mit den falschen Gruppen anlegt wie Nazis oder Maskulisten, dann muss man nicht nur für jede Zeile Wikipedia-Eintrag das hundertfache an Diskussionsarbeit leisten und permanent Beleidigungen wegstecken, sondern es werden inzwischen auch Profile von unliebsamen Wikipedia-Gegnern auf Forenseiten angelegt mit Foto, Klarnamen und allem drum und dran) und zum dritten gibt es bei Google-Knol Geld.

Das mit dem Geld kann man vergessen. Zumindest als WesteuropäerIn. Für InderInnen oder AraberInnen sieht dies anders aus, weil 100 Dollar dort mehr wert ist. Aber die 100 Dollar wollen auch erstmal verdient sein. Momentan bin ich auf Platz 15 der weltweit am meisten gelesenen Google-Knol-Autoren, aber meine knapp über 100.000 Pageviews haben mir bislang noch keine 50 Dollar eingebracht. Ich hoffe einfach mal darauf, dass es vor Weihnachten noch etwas wird. ;-) Da es sich nicht um Blogeinträge handelt, sondern um inzwischen über 200 Knol-Artikel, deren Verfallsdauer geringer ist und deren Pagerank mit der Zeit steigt, hoffe ich allerdings, dass ich durch die Artikelarbeit dort irgendwann deutlich über 10 Euro pro Monat liegen werde.Wenn der Streit zwischen VG Wort und Google ausgestanden ist, könnte ich mit Metis zusätzlich Geld für einige Artikel verdienen.

Es geht mir jedoch nicht nur um das Geld. Es macht mir Spaß zu schreiben, Theorien zu entwerfen, Wissen gebündelt darzustellen und mit Schreiben Politik zu machen, die Welt mitzuverändern. Hierfür könnte ich mir auch umsonst Webspace besorgen, ein Mediawiki-Programm drauflegen und mein eigenes Wiki betreiben. Aber das wäre für meinen Geschmack zu einsam. Knol finde ich da schon ganz gut. Sie reden mir in die inhaltliche Gestaltung nicht rein und trotzdem gibt es eine Community. Zumindest wenn man sich nicht auf die deutschsprachige Sektion beschränkt. Noch ist die Zahl von deutschsprachigen AutorInnen in Knol viel zu klein, als das interessante Prozesse entstehen könnten. Noch wurschtel ich da alleine rum und bastel Artikel zu Blochs Philosophie Das Prinzip Hoffnung , zu Diskriminierung oder Virtualität und viele andere Themen. Spannender wäre es jedoch dort auf Gleichgesinnte zu treffen und zusammen Wissen zusammenzutragen und zu entwickeln. Dies wird wohl nicht so schnell geschehen, dafür ist der Ruf Googles momentan zu schlecht.

Also warum schreibe ich bei Google? Wahrscheinlich weil ich als Kind zuviel mit Legos gespielt habe und mir das Konstruieren so viel Spaß macht, dass ich gar nicht wissen will, wem ich da zuarbeite.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Kemper

Ich arbeite als Soziologe kritisch zu Klassismus, Organisiertem Antifeminismus und die AfD

Andreas Kemper

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden