Fußball als Mittel der Integration

Gesellschaft Flüchtlinge haben es nicht einfach in Russland. Fußball kann bei der Integration helfen

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Fußball als Mittel der Integration

Foto: Loic Venance/AFP/Getty Images

Der internationale Fussballverband hat zusammen mit dem FARE Network (Football Against Racism in Europe) ein Fußball-Tunier auf dem roten Platz vor dem Kreml in Moskau organisiert, um ein Zeichen für Solidarität mit Flüchtlingen zu setzen.

Bei dem Tunier unter dem Motto “Refugees Welcome“ spielten 35 Spieler aus insgsamt 15 Ländern mit. Die SpielerInnen stammen unter anderem aus Syrien, Nigeria, Kamerun, Afghanistan, Simbabwe und der Elfenbeinküste. In einem der Teams spielte auch Alexej Smertin mit, ehemals russischer Nationalspieler und Anti-Rassismus-Beauftragter bei der WM in Russland.

"Hier auf dem Fußball-Feld spielt die Herkunft keine Rolle und ich kann meine Altags-Sorgen für eine gewisse Zeit hinter mir lassen", erklärt ein junger Mann aus Syrien, der im Team von "Refugee United" mitspielt. Fußball zu spielen, hätte ihm auch geholfen neue Freunde in Russland zu finden.

Für die Organisatoren des Tuniers, steht die Bekämpfung von jeglicher Form von Diskriminierung im Fußball im Mittelpunkt ihrer Arbeit. Jonathan Fadugba vom FARE Network ist überzeugt, dass "Fußball einen wichtigen Beitrag zu Integaration von Flüchtlingen leisten kann. Das Tunier auf dem roten Platz, so hoft er, werde auf die Notlage von Flüchtlingen in Russland aufmerksam machen.

Flüchtlinge haben es schwer in Russland

Internationale Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch schlagen seit Jahren Alarm und kritisieren die russischen Regierung für ihre menschenunwürdige Flüchtlings- und Asylpoltik. Doch nach wie vor schieben die russischenn Behörden Asylsuchende und Flüchtlinge in Länder ab, in denen sie Gefahr laufen, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.

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Svetlana Gannushkina, die Leiterin des Civic Assistance Committee, einer Moskauer NGO, die Flüchtlingen hilft, fasst das Problem so zusammen: "Von allen Flüchtlingen, die in Russland Zuflucht suchen, haben im letzten Jahr nur 592 den Flüchtlingsstatus erhalten. Nur zwei davon sind syrische Staatsbürger. Obwohl diese Menschen oft gut qualifiziert sind, bereit sind zu arbeiten und sich integrieren wollen, können sie in Russland nicht ohne weiteres ein menschenwürdiges neues Leben führen".

Für Arbeitsmigranten und andere Ausländer sei die polizeiliche Anmeldung am Wohnort Voraussetzung, um Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung zu erhalten. Oft verweigern die Vermieter jedoch die erforderliche Zustimmung dafür.

Im September 2017 wurde die Menschenrechtsverteidigerin Tatiana Kotlyar zu einer Geldstrafe von 150000 Russischen Rubel (etwa 2170 Euro) verurteilt, weil sie unter ihrer Adresse 167 Migranten angemeldet hatte, um ihnen den Zugang zu grundlegenden Leistungen zu ermöglichen. Wegen Verjährung wurde ihr die Geldstrafe jedoch erlassen.

Diese WM-Stars waren Flüchtlinge

Viele der gefeierten Fußball-Profis auf der WM-Bühne haben bewegende Schicksale als Flüchtlinge hinter sich. Einige laufen für ihre neue Heimat auf, andere entschieden sich für Länderspielkarrieren in ihren Geburtsländern bzw. jenen ihrer Vorfahren. Oft prägen die frühen Erlebnisse auch die späteren Wege als Fußballer.

Luka Modrics Weltkarriere begann in den Wirren des Krieges in seiner Heimat Kroatien, der Nigerianer Victor Moses floh im Alter von 11 Jahren als Waise aus seiner Heimat: Viele der gefeierten Fußballprofis auf der WM-Bühne haben bewegende Schicksale als Geflüchtete hinter sich. Einige wie die Schweizer Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri oder der Franzose Steve Mandanda laufen für ihre neuen Heimatländer auf. Andere wie Moses, der in England aufwuchs, entschieden sich für Länderspielkarrieren in ihrer Heimat. Oft prägen die frühen Erlebnisse auch die späteren Wege als Fußballer.

Der Mittelfeldspieler Moses ist durch seine Erfahrungen stärker geworden. »Am Anfang war es hart, weil ich plötzlich in eine andere Kultur geworfen wurde«, sagte der 27-Jährige, der bei Pflegeeltern in London aufwuchs, nachdem er Vater und Mutter bei religiösen Ausschreitungen in seiner Heimat verloren hatte. »Als kleiner Junge in einem neuen Land musste ich neue Freunde finden, das war schwierig. Ich konnte zu Anfang noch nicht einmal die Sprache.« Doch er fand schnell einen Fußballverein, wechselte 2012 zum FC Chelsea London und war bei dieser WM Stammspieler für sein Heimatland Nigeria.

Die Schweiz hat neben den aus dem Kosovo stammenden Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka (unten im Bild), die nach dem 2:1-Sieg gegen Serbien mit ihrer Doppeladler-Jubelgeste für Aufsehen gesorgt hatten, viele weitere Profis im Kader, deren Wurzeln nicht in der Schweiz liegen. Dazu gehören Josip Drmic, der aus Kroatien stammt, oder der in Kamerun geborene Breel Embolo. Andere Profis gingen den umgekehrten Weg, so etwa der in der Schweiz geborene und aufgewachsene Ivan Rakitic, der bei der WM für seine Heimat Kroatien aufläuft.

Die wohl meisten Spieler mit einer Flüchtlingsgeschichte spielen im kroatischen WM-Team. Viele der heutigen Profis verließen ihre Heimat als Kinder wegen der Balkankriege. Real-Madrid-Star Modric lebte längere Zeit in Wohnheimen, sein Clubkollege Mateo Kovacic (unten im Tweet) ist als Sohn einer Flüchtlingsfamilie in Linz geboren und aufgewachsen. Den Großteil seiner fußballerischen Grundausbildung erhielt er beim LASK. Die kroatischen Verteidiger Vedran Corluka und Dejan Lovren mussten ihre Heimat ebenfalls als Kind verlassen. „Man lässt alles zurück. Das ist hart“, berichtete Lovren, der bei Champions-League-Finalist Liverpool sein Geld verdient. „Ich habe als Kind gekämpft und ich werde mein ganzes Leben lang kämpfen. Erst beim Fußball haben die Leute angefangen, mich zu respektieren.“

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Geschrieben von

Andreas Rossbach

Als freier Journalist schreibe ich aus Russland für russische und deutsche Medien über Politik, Kultur & andere Dinge, die mich interessieren.

Andreas Rossbach

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