Hoffnung fürs Klima

Bonn Das Bekenntnis des G7-Gipfels zu einem langfristigen Klimaziel war notwendig, aber nicht selbstverständlich. Es könnte den aktuellen Klimaverhandlungen in Bonn nützen

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Gute Aussichten?
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Bild: MICHAEL KAPPELER/AFP/Getty Images

Die Verhandlungen in Bonn sind gestartet. Was letzte Woche in der ehemaligen Bundeshauptstadt begann, könnte mit dem bisher wichtigsten globalen Klimaabkommen im Dezember in Paris enden. Die zweiwöchigen Verhandlungen in Bonn sind eine Vorbereitungskonferenz für die 21. UN-Klimakonferenz Ende des Jahres. In der ersten Woche wurden vor allem die diplomatischen Waagschalen geeicht, aber es gibt ein Moment für ein langfristiges Klimaschutzziel. Das Jahr 2015 könnte ein Schlüsseljahr für den Klimaschutz werden – und für Angela Merkels außenpolitische Bilanz.

Aktuell unterstützen 127 Länder das langfristige Ziel, die globale Erwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. Die augenblickliche Debatte dreht sich vor allem darum, wie ehrgeizig die daraus abgeleiteten Klimaschutzmaßnahmen sein müssen. Viele besonders verwundbare Länder wie Äthiopien oder die Malediven unterstützen eine rasche Reduzierung der Treibhausgase und „Null-Emissionen“ bis 2050.

Deutschland und die G7 Staaten unterstützen ein „Null-Emissionsziel“ irgendwo in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts. Eine Verzögerung bis zum Jahr 2075 würde die Chancen für das Erreichen des 2-Grad-Ziels aber auf 66 Prozent reduzieren, prognostizierte der Weltklimarat (IPCC). Dennoch kann das bei aller berechtigter und notwendiger Kritik am G7-Gipfel als Erfolg für den Klimaschutz verbucht werden, dass auch Staaten wie Kanada und Japan sich zu einem langfristigen Klimaziel bekannt haben.

Die meisten Staaten, die ein weltweites Langzeit-Ziel unterstützen, haben bereits ein eigenes nationales. Das schließt große Industrieländer mit ein – wie Deutschland, Großbritannien und die USA. Deutschland will seine Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent reduzieren, die USA haben sich leicht dahinter zurückbleibende Ziele gesteckt.

Es gibt jedoch auch einige Staaten mit dem Ziel, bis zur Mitte des Jahrhunderts „Null Emissionen“ zu erreichen: Bhutan, Costa Rica, Dänemark, Norwegen oder Schweden.

Bhutan, das Land, das dafür bekannt wurde seinen Wohlstand statt mit dem Bruttoinlandsprodukt mit einem Glücks-Index zu messen, hat sich entschieden radikal auf erneuerbare Energien umzusteigen. Costa Rica möchte bis 2021 emissionsneutral werden und hat bereits dieses Jahr geschafft, seine Energieversorgung für den größten Teil des Jahres auf 100 Prozent Erneuerbare umzustellen. Die Investitionen in erneuerbare Energien haben die Strompreise dort sogar deutlich gesenkt.

Deutschlands „Energiewende“ ist zwar weit über die deutschen Grenzen hinaus ein bekannter Begriff, unter Schwarz-Rot jedoch beeindruckte vor allem eine Renaissance der Kohlekraft in den letzten drei Jahren.

Nachbarländer wie Dänemark sind derzeit nicht nur mit ihren langfristigen Zielen, sondern auch beim Ausbauen erneuerbarer Energien konsequenter als die Bundesrepublik.

Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen beispielsweise will das „Null-Emissionsziel“ sogar schon bis 2025 erreichen. Gerade auf regionaler Ebene sind die Menschen auf die große Politik angewiesen: Dänemark unterstützt gezielt regionale Initiativen. Es sind Graswurzelbewegungen wie in Sønderborg, die in ihrer Gemeinde die Emissionen in den letzten sieben Jahren um 25 Prozent reduzierten. Klimaschutz konkret wird regional umgesetzt. Aber nur auf internationaler Ebene kann ein Rahmen dafür geliefert werden.

Tony de Brum, Außenminister der Marshall Inseln verkündete, „Entscheidungen der nationalen Politik, des öffentliche und privaten Sektors müssen darauf basieren, dass das Zeitalter der fossilen Energien zu einem Ende kommt.“

Das Fundament dafür kann nur international geschaffen werden, denn es setzt gemeinsames Handeln der Staatengemeinschaft voraus. Darum geht es letztendlich bei den Klimaverhandlungen in Bonn, um das Ende des fossilen Energiezeitalters.

Dafür ist es wesentlich, ein langfristiges Ziel in das Klimaabkommen aufzunehmen. Deutschland könnte hier eine besonders wichtige Rolle spielen: Angela Merkel und Frankreichs Präsident Hollande konnten beim G7 Gipfel die anderen Teilnehmer auf Kurs bringen für ein langfristiges Klimaziel.

Der internationale Klimaschutz befindet sich seit der Klimakonferenz in Kopenhagen in einem machtpolitischen Vakuum, kein Land übernahm eine Führungsrolle. Es würde Deutschland und Angela Merkel gut stehen, zusammen mit Frankreich den Klimaschutz voranzutreiben und dieses Vakuum zu füllen – das Durchsetzen eines langfristigen Klimaziels war ein guter Anfang. Um solch eine Führungsrolle beim Klimaschutz zu übernehmen, muss Deutschland über Absichtserklärungen hinausgehen und aktiv Einfluss auf andere Staaten beim Thema Klimaschutz ausüben. Zum ersten Mal seit der gescheiterten Klimakonferenz von Kopenhagen 2009 besteht wieder eine realistische Chance für ein globales Klimaschutzabkommen.

Die deutsche Delegation muss bei den Verhandlungen in Bonn dreierlei forcieren:

  1. Ehrgeizige kurzfristige klimaziele durchsetzen: Sogenannte Nationally Determined Contributions (INDCs) geben alle Länder schon im vorhein ab – Absichtserklärunge, wie viel jedes Land bereit ist einzusparen. Beschlossen werden müssen in Paris zwar verbindliche Reduktionsziele, aber es ist wichtig im Vorfeld ambitionierte Ziele zu formulieren. Deutschland sollte versuchen, andere Länder zu möglichst ambitionierten Zielen zu bewegen.

  2. Klimafinanzierung vorantreiben: Deutschland hat eine Verdopplung der finanziellen Klimahilfen bis 2020 auf 4 Milliarden zugesagt, ein erster Schritt. Insgesamt wurden aber 100 Milliarden zur jährlichen Klimafinanzierung versprochen. Andere Industriestaaten müssen zu ähnlichen Schritten bewegt werden, um weiter Dynamik in den Verhandlungen zu behalten.

  3. Das Signal vom G7-Gipfel nutzen: Dass sich die G7 Staaten für ein langfristiges Klimaziel ausgesprochen haben kann eine wichtige Initialzündung für die Verhandlungen in Bonn sein. Die deutsche Delegation sollte noch offensiver für dieses Ziel werben.


Letztendlich muss Deutschland aber noch seine eigenen Hausaufgaben machen: Vor fünf Jahren verpflichtete sich die Bundesrepublik seine Emissionen gegenüber 1990 bis 2020 um 40% zu senken. Bisherige Maßnahmen würden aber maximal 33% einsparen.

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